JULIA EXTRA BAND 0263
auf.
Aber er konnte schlecht erwarten, dass sie mit leerem Magen mit ihm durch den Garten wanderte, also …
„Ich gebe Maria Bescheid, und Sie können ihr sagen, was Sie gerne hätten. Auf dem Büfett im Speisesaal könnte noch Kaffee stehen. Würden Sie mich entschuldigen? Ich muss ein paar Anrufe erledigen. Komm mit, Pia.“
„Wenn das geschäftliche Anrufe sind, kann Pia doch bei mir bleiben?“, bot Dr. Madison rasch an. „Pia, willst du mir ein Glas Saft einschenken und mir beibringen, wie die Frühstückszutaten auf Italienisch heißen. Du kannst meine Lehrerin sein. Wäre das nicht nett?“
Gino hielt den Atem an, während er darauf wartete, dass seine Tochter mit einem trotzigen Nein antwortete.
„Oh ja! Das wäre wundervoll!“, rief Pia und ratterte bereits ein paar italienische Wörter herunter.
„Könnte Euer Hoheit vielleicht ein bisschen langsamer vorgehen und bitte nicht ganz so streng mit mir sein, wenn ich dumme Fehler mache? Ich glaube, ich werde eine sehr schlechteSchülerin abgeben!“
Pia lachte. Sie war schon auf halbem Weg zum Speisesaal und streckte ihre Hand nach Dr. Madison aus, die sofort danach griff. Die Landschaftsexpertin schaute zu Gino hinüber, hob die Augenbrauen und lächelte ihn verschmitzt an, so als wolle sie sagen: Habe ich das nicht gut hingekriegt?
Er erwiderte das Lächeln, auch wenn es sich ein wenig … eingerostet anfühlte.
Ja, ich muss zugeben, das haben Sie gut hingekriegt.
Damit wurde seine Miene wieder ernst, und er wandte sich ab, um ein wenig Arbeit zu erledigen.
Es war schon weit nach elf, als er wieder auftauchte, denn ein unvorhergesehenes Problem in ihrem Pariser Büro musste erst gelöst werden. Da Dr. Madison unmöglich noch beim Frühstück sein konnte, machte sich Gino auf die Suche nach ihr und Pia. Der Klang des Pianos, das am Abend zuvor für so viel Stress gesorgt hatte, half ihm schnell weiter.
Dr. Madison brachte Pia bei, den Flohwalzer zu spielen.
Als Duett.
Und Frau Doktor improvisierte gerade eine ziemlich beeindruckende, fingerfertige Variation im Bassbereich.
„Jetzt werden wir aber traurig, Pia“, hörte Gino sie sagen. Er verharrte im Türeingang. „Warte eine Minute. Hörst du, wie ich langsamer werde? Wie ich die Noten verändere?“ Sie spielte einen Moll-Akkord. „Klingt es jetzt trauriger? Kannst du es traurig mit mir spielen? Oh, oh, die Flöhe sind ganz erschöpft. Es ist tragisch, furchtbar, wir sind so, so traurig, unsere Töne gehen ganz langsam, unsere Finger liegen ganz schwer auf den Tasten.“
Gino kam leise in den Raum hinein. Als Rowena ihn erblickte, nickte sie kurz zu ihm herüber, um ihm zu bedeuten, dass sie gleich fertig waren und die Gartentour beginnen konnten.
„Pia, die Flöhe sind wieder zu Kräften gekommen!“, rief sie. „Wir sind wieder glücklich. Wir können schneller werden. Unsere Finger bewegen sich so rasch, dass wir sie kaum sehen können. Ich jage dich. Kannst du so schnell spielen wie ich? Ich hole dich ein, spiel schneller, Pia. Schneller, schneller!“
Pia brach in einem Crescendo aus Lachen, abgehacktem Rhythmus und hämmernden Noten zusammen, und Dr. Madisonsank in einer übertriebenen Geste der Atemlosigkeit und Erschöpfung gegen ihre kleine Schulter.
„Wow! Fantastisch! Ich danke dir! Es macht überhaupt keinen Spaß, den Flohwalzer allein zu spielen.“ Dr. Madison stand auf, schloss den Deckel des Flügels und wandte sich an Gino. „Wir sind fertig. Es tut mir leid, aber ich hatte das Gefühl, dass …“
„Nein, nein, das ist schon in Ordnung. Sie haben recht. Sie wollten es ordentlich zu Ende bringen. Pia, Dr. Madison wird uns nun ihre Pläne für den Garten zeigen.“
Oh, oh, der kritische Zeitpunkt ist gekommen, dachte sich Roxanna.
Sie hatte sich entschieden, Rowenas schriftliche Pläne und Skizzen wegzulassen, denn sie wusste, dass ihre Schwester das Ganze im Kopf hätte, so wie sie selbst die Noten und Texte all ihrer Lieblingslieder. Ohne die Papiere in der Hand kam Rox sich allerdings wie eine Schauspielerin vor, der man die wichtigsten Requisiten weggenommen hatte.
Gino war heute leger gekleidet. Er trug ein weißes Poloshirt, das die natürliche Bräune seiner Arme betonte. Sein dunkles Haar war hinten kurz geschnitten, aber nicht zu kurz – es hatte genau die richtige Länge, dass man als Frau die Finger hätte hindurchgleiten lassen können.
Während er Rox nach draußen führte, fragte er sie, was sie mit Pia gemacht hatte. „Haben Sie ihr
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