JULIA EXTRA BAND 0263
darunter.“
„Was für eine merkwürdige Formulierung.“
„Ich meinte nur, dass nach dem Gesetz der Wahrscheinlichkeit ein oder zwei dabei sein müssten, die nicht so wohlgeraten sind. Aber in eurer Familie gibt es keinen einzigen Blindgänger. Bankwesen und Jura sind die beiden Berufszweige, die das Rückgrat unseres Landes bilden, und jeder von euch arbeitet in einem dieser Bereiche.“
„Du vergisst, dass Tony es mal mit der Schauspielerei versucht hat.“
„Na ja, aber er ist doch wieder zur Vernunft gekommen.“
Kenneth nahm einen Schluck von dem ausgezeichneten Wein, den er bestellt hatte, und lehnte sich zurück. „Fünfzig Jahre verheiratet“, sagte er nachdenklich. „Glücklich verheiratet. Ich werde nie den Abend vergessen, an dem du mich das erste Mal zum Abendessen bei ihnen mitgenommen hast. Dein Großvater erzählte eine lustige Geschichte über ein Kaninchen, und deine Großmutter hing an seinen Lippen, als hörte sie diese Geschichte zum ersten Mal.“
„Ich weiß“, kicherte Jane. „Man käme nie auf die Idee, dass sie die Geschichte schon tausendmal gehört hat. Er erzählt sie jedes Mal, wenn sie einen neuen Gast haben, und Grandma lacht jedes Mal, als wäre die Geschichte neu für sie.“
„Genau. Das nenne ich Ergebenheit, wie sie einer Ehefrau ansteht. Gegenseitige Unterstützung in guten wie in schlechten Tagen. Sicherheit, Verlässlichkeit. Das sind die Dinge, die zählen.“
Jane lächelte. „Und was ist mit Liebe? Zählt die nicht?“
„Doch, natürlich. Die Menschen sollten heiraten, das hilft ihnen, die harten Zeiten im Leben zu überstehen.“
Um das Thema zu wechseln, fragte Jane ihn nach seinem Geschäft. Kenneth besaß eine florierende Baufirma, die sich aufUmbauten spezialisierte.
„Es war eine gute Idee, auf der Gemeindeschau einen Stand zu mieten“, erklärte er, als der Hauptgang serviert wurde. „Derek, der dort arbeitet, sagte, dass das Interesse enorm sei.“
„Das ist fantastisch.“
„Ich wusste, es war richtig, auf einem guten Platz zu bestehen. Sie haben zuerst versucht, mich mit einem Stand in der Nähe der Kirmes abzuspeisen, aber darauf habe ich mich nicht eingelassen. Meiner Meinung nach war es ein großer Fehler, überhaupt eine Kirmes abzuhalten.“
„Den Leuten gefällt es, einen Ausflug mit der Familie zu machen.“
„Aber darum geht es doch überhaupt nicht. Bei einer Schau dieser Art werden viele Abschlüsse getätigt, es geht um große Geldbeträge. Was hat so ein Rummel damit zu tun? Und ein Feuerwerk? Ich bitte dich!“
In dieser Art und Weise fuhr er während der gesamten Mahlzeit fort. Jane hörte nur mit halbem Ohr zu und machte an den passenden Stellen die erwarteten zustimmenden Geräusche. Als sie beim Kaffee waren, sah Kenneth auf die Uhr und holte dann sein Handy heraus. „Die Schau ist fast vorbei. Ich rufe mal eben Derek an und frage ihn, wie es heute gelaufen ist.“
„Warum fahren wir nicht einfach dort vorbei?“, platzte Jane heraus.
Kenneth strahlte. „Das ist eine sehr vernünftige Idee von dir, Liebes. Dann könnte ich alles mit Derek besprechen.“
Es war schon dunkel, als sie ins Freie traten. Nach einer kurzen Fahrt gelangten sie zu dem Platz, auf dem die Stände und Zelte aufgebaut waren. Als Kenneth auf den Parkplatz fuhr, bemerkte Jane einen Wohnwagen, der unter Bäumen stand. An seiner Seitenwand verkündeten große Lettern „Wakehams Wunderbares Feuerwerk“, aber vom Besitzer des Wagens fehlte jedes Lebenszeichen.
Sie stiegen aus und gingen die paar Schritte zur Schau hinüber. Ein Lichtermeer hob sich fröhlich vom samtweichen Dunkel der Nacht ab. Bald erreichten sie Kenneth’ Stand. Derek war in ein Gespräch mit einem Kunden vertieft, das wenige Minuten später mit einer Verabredung für die kommende Woche endete.
„Nicht übel“, meinte Kenneth, als der Kunde gegangen war. „Ich hoffe, du hattest viele solcher Besucher.“
„Der Interessentenstrom ist seit heute Morgen nicht abgerissen“, erwiderte Derek. „Diese neuen Prospekte, die du bestellt hast …“
Die beiden Männer vertieften sich ins Gespräch und wandten sich nur hin und wieder an Jane, die an diesem Abend von einer ihr unbekannten Ruhelosigkeit erfasst war. Sie wollte auf der Schau umherstreifen und neue Eindrücke sammeln. Jane versuchte, Kenneth’ Aufmerksamkeit auf sich zu lenken, aber der war so sehr auf seine Geschäfte konzentriert, dass sie sich schließlich einfach davontreiben ließ.
„Meine Damen und
Weitere Kostenlose Bücher