JULIA EXTRA BAND 0263
Liebes?“, fragte Sarah eines Morgens beim Frühstück. Sie sah, wie Jane beim Öffnen eines Briefes eine Grimasse schnitt.
„Ach, nur etwas von der Zentrale wegen meines Urlaubsanspruchs. Ich habe noch zwei Wochen vom letzten Jahr übrig, und wenn ich sie bis Ende Juni nicht nehme, verfallen sie.“
„Dann nimm sie“, erwiderte Sarah sofort.
„Aber wann habe ich die Zeit dafür? Ich habe zwar schon zwei Wochen für dieses Jahr in die Urlaubsliste eingetragen, aber ich habe mit dem Gedanken gespielt, auch die verfallen zu lassen.“
„Fang nicht an, die Ferien ausfallen zu lassen“, warnte Sarah. „Ich habe zu häufig mit ansehen müssen, wohin das führt. Nimm die ganzen vier Wochen auf einmal und amüsiere dich.“
„Ich bin noch zu neu in dem Job, um solch einen langen Urlaub zu nehmen.“
„Oh, wie oft habe ich diesen Refrain schon gehört? Ich kann mir aus diesem oder jenem Grund nicht freinehmen. Übereifer war schon immer der Fluch unserer Familie. Ich möchte nicht, dass du dem auch zum Opfer fällst.“
Es war ein schlechter Tag in der Bank. Jane sah die immer größer werdenden Stapel unerledigter Arbeit auf ihrem Schreibtisch durch und fragte sich, wie sie überhaupt zwei Wochen Urlaub hatte in Erwägung ziehen können, geschweige denn vier. Es war acht Uhr abends, als sie nach Hause kam, und in der Wohnung war es verdächtig still. Auf dem Küchentisch lag lediglich eine Nachricht von Sarah.
„Wenn dein Großvater anruft, erzähl ihm, dass ich mit meinem jugendlichen Liebhaber einen Zug um die Häuser mache.“
Jane verschwendete keine Zeit damit, über die Identität des „jugendlichen Liebhabers“ nachzugrübeln. Gil musste zurückgekehrt sein. Ihr Herz machte einen Sprung, sank aber gleich wieder nach unten. Er war nicht hier. Er war mit Sarah ausgegangen.
Leicht verstimmt bereitete Jane sich ein liebloses Omelett zu. Danach verbrachte sie die Zeit damit, einen Bericht für die Zentrale anzufertigen. Das war zwar sehr löblich, aber zudem ziemlich unbefriedigend. Sie konnte sich nicht konzentrieren. Immer wieder musste sie daran denken, wie Sarah und Gil ihre Zeit miteinander verbrachten.
Es war schon nach Mitternacht, als sie endlich wiederkamen.
„Du bist noch auf, Liebes?“, erkundigte Sarah sich. „Du solltest dafür sorgen, dass du deinen Schönheitsschlaf bekommst.“
„Genau wie du“, erwiderte Jane beherrscht.
„Ich hatte einen wundervollen Abend“, erklärte Sarah. „Gil hat mir sein entzückendes Heim gezeigt …“
„Und Sal hat mir das beste Essen gekocht, das ich je gegessen habe“, fügte Gil hinzu.
„Wer, bitte schön, ist Sal, wenn ich fragen darf?“ Jane sah ihn kühl an.
„Wer wohl? Ich natürlich, Liebes. Wir haben beschlossen, dass es besser zu meiner neuen Persönlichkeit passt.“
„Sal, das flotteste Mädchen in der Stadt“, fügte Gil hinzuund legte seinen Arm um Sarahs Schulter.
„Ihr beiden solltet euch was schämen.“ Jane versuchte, streng zu klingen.
„Das tun wir. Wir schämen uns zutiefst“, erwiderte Gil sofort. „Nicht wahr, Sal?“
„Du kannst nur für dich sprechen. Ich schäme mich nicht, im Gegenteil, ich habe mich königlich amüsiert.“
Sarah wirkte glücklicher, als Jane sie je zuvor gesehen hatte. Ihre Augen glänzten, und in den Händen hielt sie einen Strauß roter Rosen. „Sieh mal, was Gil mir gekauft hat. Ich werde sie mal ins Wasser stellen.“
Sie eilte hinaus und ließ die beiden allein zurück. Jane versuchte ernst zu bleiben, aber das schelmische Funkeln in Gils Augen war zu viel für sie. Ihre Lippen begannen zu zucken, und schließlich gab sie nach und lachte laut heraus.
„Hast du mich vermisst?“, fragte er.
„Nein, überhaupt nicht.“
„Wie schade. Ich habe dich die ganze Zeit vermisst, Tag und Nacht. Besonders in der Nacht.“ Er seufzte. „Aber, wenn es nicht auf Gegenseitigkeit beruht …“
Er lächelte sie nur an, während ihr Herz hüpfte und sprang und sich nicht beruhigen wollte.
Sarah kam mit den Rosen in einer Vase zurück. Nachdem sie sie abgestellt hatte, begann sie, übertrieben zu gähnen. „Oje. Ich bin todmüde. Ich werde jetzt schnurstracks ins Bett gehen. Gute Nacht.“
Sie wünschten ihr Gute Nacht, ohne sich gegenseitig aus den Augen zu lassen, und in dem Moment, als sie verschwunden war, lagen sie sich in den Armen. Janes Kuss brachte zum Ausdruck, wie sehr sie ihn vermisst hatte, und der Druck seiner Lippen zeigte ihr, dass er genauso empfand. Der Zauber
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