JULIA EXTRA BAND 0263
verletzt. Aber sie trat nur einen weiteren Schritt von ihm weg und nickte. Er hatte recht – wenn sie das Verhältnis nicht beendet hätte, wäre es ein paar Wochen später ohnehin im Sande verlaufen. So hatte sie wenigstens ihren Stolz gerettet.
Das Problem war nur, dass ihr Stolz ihr momentan bloß wenig Trost schenken konnte.
„Dann bis Montag“, verabschiedete sich Luke.
„Ja.“ Sekundenlang sah sie ihm nach, wie er zum Parkplatz seines silberfarbenen Porsches ging. Am liebsten hätte sie ihm hinterhergerufen, dass sie es sich anders überlegt habe. Sie fischte ihren Autoschlüssel aus der Handtasche. Sie musste stark bleiben.
Luke stellte überrascht fest, dass er sehr zornig war. Vergiss Nicole, sie ist es nicht wert, ermahnte er sich, als er den Motor anließ. Doch das half nichts.
Noch nie hatte eine Frau ihn so behandelt. Vielleicht war er deswegen so erzürnt, weil sie sein Ego angekratzt hatte. Normalerweise war er derjenige, der entschied, wann eine Beziehung beendet wurde.
Er war erst ein paar Blocks weit gefahren, als sein Telefon klingelte. Er hielt am Straßenrand.
„Hi, ich bin’s.“ Die Stimme von Amber Harris klang warm und verführerisch. „Ich dachte, ob du wohl Lust hast, heute Abend mit mir etwas trinken zu gehen.“
Diese Einladung überraschte Luke so, dass er einen Moment lang nichts erwiderte.
„Du bist vermutlich beschäftigt, aber ich habe mir gedacht, ich frage einfach mal“, fuhr sie hastig fort.
„Ja, Amber, ich bin beschäftigt. Daraus wird leider nichts“, hörte er sich sagen.
„Dann vielleicht ein anderes Mal.“ Sie klang enttäuscht.
„Ja, vielleicht. Wolltest du noch etwas anderes besprechen, Amber?“
Sie schaltete schnell wieder um und redete über ein arbeitsbezogenes Thema. Warum hatte er sie abgewiesen? Luke wunderte sich über sich selbst. Amber war sehr attraktiv und gäbe sicher eine unterhaltsame Begleiterin ab. Er hatte nicht nur Zeit heute Abend, er hatte sogar eine Reservierung im La Luna, wohin er gehofft hatte, Nicole auszuführen.
Ärgerlich verzog er das Gesicht. Normalerweise hatte er keine Skrupel, seine Affären zu wechseln, aber seltsamerweise begeisterte ihn der Gedanke überhaupt nicht, mit einer anderen Frau auszugehen – selbst wenn sie so attraktiv war wie Amber.
Er sah im Geiste Nicole vor sich, wie sie ihn eben angeschaut hatte. Ihre Reaktion auf seinen Kuss war nicht so enthusiastisch gewesen wie sonst. Er hatte eine merkwürdige Zurückhaltung gespürt, die seinen Kampfgeist weckte.
Er sollte sie lieber gehen lassen und stattdessen Ambers Einladung annehmen. Das Problem war nur, dass er nicht die geringste Lust dazu hatte. Er unterbrach Ambers Bericht über das New Yorker Büro.
„Hör mal, Amber, ich muss leider auflegen“, sagte er ungeduldig.
„Natürlich …“ Sie klang verwirrt. „Dann sprechen wir später weiter.“
„Ja, ich werde mir die letzten Unterlagen nächste Woche vornehmen.“ Er schaltete das Telefon aus.
Er war nicht bereit, das Ende dieser Beziehung zu akzeptieren und sich mit einer anderen Frau einzulassen. Er wollte Nicole zurück.
5. KAPITEL
Im Büro waren sie umeinander herumgeschlichen, sodass es eine unangenehme Woche gewesen war.
Das passiert, wenn man ein Verhältnis mit seinem Chef eingeht, dachte Nicole, während sie mit einem unguten Gefühl ihren Wagen auf ihrem angestammten Platz einparkte. Das gab nur Ärger.
In letzter Zeit schien nichts zu klappen. Nicht genug, dass sie sich vergangene Woche erfolglos selbst davon zu überzeugen versucht hatte, dass sie ohne Luke besser dran war, jetzt hatte sie sich auch noch eine besonders garstige Variante einer Lebensmittelvergiftung zugezogen. Das gesamte Wochenende über war ihr übel gewesen, und nun fühlte sie sich müde und erschöpft. Im Moment wäre ihr sogar ein Zahnarzttermin lieber als die Aussicht darauf, eine weitere Woche Luke gegenübertreten zumüssen und ihm kühl und kurz angebunden zu begegnen.
Und nun war noch ein drittes Problem aufgetaucht. Die sorgfältig geplante Übernahme von RJ Records war gefährdet: Der Inhaber, Ron Johnson, hatte letzten Freitag den Vertrag nicht unterzeichnet.
Nicole hatte immer gewusst, dass Ron Johnson unberechenbar war. Er hatte sein Geschäftsimperium mithilfe seiner Frau Helen aufgebaut. Seit deren Tod vor gut einem Jahr hatte er wie ein Einsiedler in der Karibik gelebt und es seinen Anwälten überlassen, den Verkauf seiner Firma zu organisieren. Im Laufe der Zeit war er
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