JULIA EXTRA BAND 0263
bekommen, denn er konnte alles bedeuten – ein paar mehr Raketen, aber auch ein völliges Umstellen der Vorführung zehn Minuten vor Beginn.
Der dann folgende Vormittag war der anstrengendste, den sie je erlebt hatte. Die vom Gemeinderat herbeigeschickten drei jungen Männer kamen an und begannen nach Gils Anweisungen, das Gerüst zu errichten. Er bestand darauf, dass sie bis ins kleinste Detail alles so machten, wie er es wollte.
„Er lässt einem nichts durchgehen. Sie tun mir leid, Miss. Kommandiert er Sie auch so herum?“, fragte einer von ihnen grollend.
Mit einem Seufzer antwortete Jane: „Ach, mich hat er anscheinend ganz vergessen.“
Diese Worte sollte sie bald bereuen, als Gil ihr den Auftrag gab, überall auf dem Feld kleine Löcher zu graben, von denen aus die Raketen abgeschossen werden sollten. Sie gab sich die größte Mühe, aber als Gil ihre Arbeit inspizierte, sagte er nur kritisch: „Zu groß. Die Feuerwerkskörper müssen genau hineinpassen, damit sie nicht in die falsche Richtung losgehen können. Füll das Loch wieder und beginne ein Stück daneben noch einmal.“
„Ja, Sir!“
Er grinste und küsste sie auf die Nase. Im nächsten Moment hatte er sich umgedreht und sie offensichtlich wieder vergessen. Jane grub, bis sie sicher war, dass sie es dieses Mal richtig hinbekommen hatte, und holte dann Gil zur Inspektion ihres Werks.
„Der Durchmesser und der Winkel sind perfekt.“
„Aber?“
„Es ist nicht tief genug.“
„Nicht tief genug“, murmelte sie rebellisch vor sich hin, als er gegangen war. Dafür war sie nicht auf diese Reise mitgekommen. Mondschein, Rosen und Romantik! Ha!
Nach dem Graben kam das Befüllen. In jedes Loch kam eine kleine Plastiktüte und da hinein dann die Papphülse, die die Rakete enthielt. Die Plastiktüten verhinderten, dass die Pappe im Boden feucht wurde. Nachdem Jane ungefähr zwanzig davon angelegt hatte, regte sich ihr Widerspruchsgeist zwar wieder, sie musste aber auch Gils Sicherheitsvorkehrungen anerkennen. Er zeigte ihr, wie sie die Raketen zünden musste, und ließ sie alles wiederholen, bis sie die Sicherheitsvorschriften fest im Kopf hatte. „Hast du alles verstanden?“, fragte er dann.
„Natürlich“, erwiderte sie beleidigt. „Wenn mir jemand etwas zehnmal hintereinander erklärt, dann verstehe ich es. So gescheit bin ich.“
Er grinste. „Ich benehme mich heute wie ein Elefant im Porzellanladen, nicht wahr?“
„Ja.“ Doch dann veranlasste ihr Gerechtigkeitssinn sie dazu hinzuzufügen: „Aber ich kann es verstehen.“
„Die Sicherheitsmaßnahmen sind sehr wichtig. Ich möchte nicht, dass du dein Leben oder dein Augenlicht aufs Spiel setzt. Jetzt lass uns weitermachen.“
Er gab ihr einen flüchtigen Kuss, aber Jane hatte das Gefühl,dass er in Gedanken schon wieder bei anderen Dingen war. Sie fragte sich, wie sie je auf den Gedanken hatte kommen können, dass er verantwortungslos wäre.
Dann war Gil endlich zufrieden und erklärte: „Zeit fürs Abendessen. Wir sollten heute reichlich essen, damit wir Kraft für die Arbeit haben.“
„Dann könnten wir doch in das Steakhaus gehen, an dem ich gestern vorbeigekommen bin“, sagte Jane mit der Vision eines romantischen Abendessens zu zweit vor Augen.
Aber Gil schüttelte den Kopf. „Ich möchte den Platz hier nicht unbeaufsichtigt lassen. Man weiß nie, ob jemand es nicht witzig findet, sich daran zu schaffen zu machen. Ich gehe Steaks kaufen, und wir essen sie hier draußen, wo ich alles im Auge behalten kann.“
Jane musste ihm recht geben, als später ein paar Jugendliche unter dem Absperrseil hindurchrobbten und sich dem Gerüst näherten. Doch schnell hatte Gil sie wieder verscheucht.
Den Wein, den Jane ihm zum Essen anbot, lehnte er ab. „Ich trinke nie vor einer Show“, erklärte er und musste dann selbst grinsen. „Das klang jetzt aber wirklich aufgeblasen, tut mir leid. Aber es hängt so viel davon ab. Sonst bin ich ziemlich locker, aber hiermit ist es mir sehr ernst. Ich muss Erfolg haben, ich muss …“
Einen Moment lang schaute er versonnen in die Ferne, dann kehrte er wieder zu ihr zurück. „Ich mache jetzt noch einmal einen kurzen Kontrollgang.“ Gil nahm seine Taschenlampe mit, denn inzwischen war es schon beinahe dunkel. Jane sah ihm nach und wunderte sich über das, was sie eben gesehen hatte: eine Zielstrebigkeit von ungeheurer Intensität.
Dann war es schließlich ganz dunkel und Zeit für die Vorführung. Jane war nervös und bemüht,
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