JULIA EXTRA BAND 0263
Sie sah zu, wie er eine Flasche für sie öffnete und dann das Wasser in ein Kristallglas goss.
„Danke.“ Sie nahm das Glas entgegen, wobei sie gezielt darauf achtete, seine Hand nicht zu berühren. Seinem leicht irritierten Blick konnte sie ansehen, dass er es bemerkt hatte.
„Diese Atmosphäre wird doch hoffentlich nicht die nächstenpaar Tage zwischen uns herrschen?“, fragte Luke spöttisch.
„Welche Atmosphäre?“ Nicole versuchte die Tatsache zu ignorieren, dass ihr ganz heiß wurde.
„Du wirkst nervös.“
„Für mich ist das eine gewöhnliche Geschäftsreise, okay?“
Er nickte. „Dann ist es ja gut.“
Das Klingeln seines Handys unterbrach die angespannte Stimmung, und erleichtert wandte Nicole sich wieder ihrer Arbeit zu.
„Oh, hi, Amber“, hörte sie Luke sagen. „Ich bin gerade auf dem Weg zum Flughafen. Hast du den Bericht gesehen?“ Er lachte über das, was sie erwiderte – mit finsterem Gesicht versuchte Nicole, sich noch tiefer in die Arbeit zu versenken.
„Ja, okay – wir sehen uns bald“, sagte er und lachte wieder über das, was sie antwortete.
Offensichtlich fand er Amber sehr amüsant.
„Ja, ich überprüfe das. In Ordnung, tschüss.“
Er legte auf, und es wurde wieder ruhig um sie. Nicole starrte auf ihre Papiere hinunter. Sie benahm sich lächerlich. Nun gut, Amber arbeitete für Luke und war in ihn verknallt, wie sie Nicole im Aufzug erzählt hatte. Aber das musste nicht bedeuten, dass irgendetwas zwischen den beiden war. Die bloße Vorstellung, dass Luke eine andere Frau küsste … mit ihr ins Bett ging … erfüllte Nicole mit äußerster Verzweiflung. Das war völlig irrational, aber sie konnte nichts dagegen tun.
Genauso hatte sie sich gefühlt, als ihre Ehe zerbrochen war und Patrick ihr mitgeteilt hatte, dass er sie verlassen würde. Damals hatte sie allerdings mehr Grund zur Aufregung gehabt, denn sie war immerhin fünf Jahre mit diesem Mann verheiratet gewesen. Und er hatte sie nicht nur wegen einer anderen Frau verlassen, sondern die andere Frau war auch schwanger von ihm gewesen. Das war ein doppelter Tiefschlag.
Damals hatte sie sich geschworen, dass kein Mann sie je wieder so verletzen würde. Sie hatte Patrick geliebt – oder hatte wohl eher geglaubt, ihn zu lieben, bis er sie verlassen hatte und ihr klar geworden war, wie oberflächlich er eigentlich war. Trotzdem hatte die Scheidung sie am Boden zerstört. Sehr ernüchtert hatte sie gelernt, wie wichtig es war, ihr Herz zu schützen, und vor allem, wie wichtig es war, unabhängig zu sein.
Deswegen war es auch richtig gewesen, mit Luke Schluss zumachen. Besonders seit sie wusste, dass ihre Gefühle für Luke viel intensiver waren als alles, was sie je für Patrick empfunden hatte. Noch mehr Schmerz konnte sie nicht ertragen.
Wir fliegen in über zehntausend Metern Höhe durch den Himmel, und es fühlt sich so an, als wenn wir genauso weit voneinander entfernt sind, dachte Luke wütend, als er Nicole zum dritten Mal ansprach und nur eine einsilbige Antwort bekam.
Er blickte zu ihr hinüber. Er konnte ihr Gesicht nicht sehen, weil es hinter dem seidigen Vorhang ihrer Haare verborgen war. Seit dem Start hatte sie so dagesessen, vertieft in einen Bericht, den er ihr gegeben hatte. Und obwohl er ihr nichts vorwerfen konnte – ihr Verhalten war höflich und geschäftsmäßig –, machte ihn die Art, wie sie sich innerlich vollkommen von ihm zurückgezogen hatte, ganz verrückt. Hatten sie früher zusammengearbeitet, hatte sie ihm von Zeit zu Zeit zugelächelt oder etwas Amüsantes gesagt. Mit ihrem ausgeprägten Sinn für Humor konnte sie ihn fast immer zum Lachen bringen, auch wenn der Inhalt, den sie bearbeiten mussten, noch so trocken war. Er vermisste das.
Ungeduldig trommelte Luke mit den Fingern auf die Tischplatte. Vor dem Treffen mit Ron gab es noch ungeheuer viel zu überprüfen. Er hatte keine Zeit für solche Frivolitäten. Und doch musste er Nicole immer wieder ansehen.
Sie hatte ihre Kostümjacke ausgezogen und trug darunter eine auf Figur geschnittene weiße Bluse, deren oberste Knöpfe geöffnet waren. Er bemerkte, dass ihr enger Rock über dem Knie endete. Als ihr Bleistift zu Boden fiel und sie sich eilig danach hinunterbeugte, konnte er den spitzenbesetzten BH unter ihrer Bluse sehen.
Er wünschte sich nichts sehnlicher, als mit Nicole zu schlafen, aber er wusste, dass er vorsichtig sein musste. Ein falsches Wort, eine falsche Geste konnten alles verderben. In der letzten
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