JULIA EXTRA BAND 0263
Warum hatte er sie also abgewiesen? Warum war er früh nach Hause gegangen, allein und missmutig?
Heute hatte er es nicht länger ausgehalten und war deshalb zu Nicoles Büro hinuntergefahren. Sie wollte zwar eine dauerhafte Beziehung, aber nicht mit ihm – das hatte sie ihm zu verstehengegeben. Dann konnten sie sich doch weiterhin sehen, bis sie diesen anderen Mann gefunden hatte?
Allerdings hatte Nicole ihn dann wieder mit kühler Geringschätzung behandelt.
Und sie sah so blass aus. Vielleicht hätte er darauf bestehen sollen, dass sie ein paar Tage zu Hause blieb. Sie hatte sehr hart gearbeitet.
Oh nein! Nun fing er schon an, sich Sorgen um sie zu machen! Diese Frau trieb ihn zum Wahnsinn. Wie konnte er es nur schaffen, sie sich ein für alle Mal aus dem Kopf zu schlagen?
Es klopfte an der Tür, und Sandy, seine Assistentin, schaute herein. „Ich gehe dann jetzt, Luke“, sagte sie mit einem Lächeln.
„Ja, natürlich. Tut mir leid, Sandy, mir war nicht klar, dass Sie noch hier sind.“
„Kein Problem: Ich hatte noch einiges aufzuarbeiten. Oh, Nicoles Sekretärin hat das hier vor einer Weile gebracht.“
Sie legte zwei Briefe auf seinen Tisch.
„Danke, Sandy.“ Luke öffnete den ersten, der ein Memo mit einigen Einzelheiten bezüglich des kniffligen Vertrages enthielt, den Nicole vorhin erwähnt hatte. Er überflog es mit wenig Interesse.
Der zweite war Nicoles Kündigung. Luke starrte vollkommen schockiert auf das Blatt Papier in seiner Hand.
Nicole hatte ein langes, entspannendes Bad genossen und hörte im Morgenrock auf ihrem Sofa zusammengerollt Musik. Sie hatte auf dem Kaminsims einige Kerzen angezündet und sich eine Portion Eiskrem gegönnt. In Anbetracht der Umstände ging es ihr recht gut.
Sie hatte zwar gerade ihren Traumjob aufgegeben. Aber sie war schwanger … und das war etwas, was sie sich immer vom Leben gewünscht hatte. Deshalb bereute sie ihre Entscheidung auch nicht.
Sie hatte schließlich gar keine Wahl. Sie konnte nicht hierbleiben und für Luke arbeiten, während sie sein Kind austrug … das wäre eine zu unangenehme Situation. Eine Versetzung in die Londoner Zweigstelle hätte auch nichts genützt, denn früher oder später wären die Neuigkeiten über ihr Baby Luke zu Ohren gekommen. Und, auch wenn er sie nicht zu einer Abtreibungzwingen konnte, so konnte er ihr doch das Leben schwer machen. Außerdem wäre es eine Qual, ihm regelmäßig begegnen zu müssen … zusehen zu müssen, wie er sein Leben weiter lebte, wie er sich mit anderen Frauen traf. Das würde sie nicht aushalten. Als er heute in ihr Büro gekommen war, hatte sie sich so sehr nach ihm gesehnt …
Schnell versuchte sie, ihren Gedanken eine andere Richtung zu geben. Man konnte nicht alles im Leben haben, und wieder in London zu sein, hätte auch seine Vorteile. Sie wäre in der Nähe ihrer Eltern, der neue Job wäre eine Herausforderung – es würde ihr gut gehen.
Sie brauchte Luke nicht.
Sie machte eine Lampe neben dem Sofa an und begann, eine Zeitschrift über Schwangerschaft durchzublättern, die sie sich auf dem Heimweg besorgt hatte.
Das schrille Klingeln der Wohnungstür ließ sie aufschrecken.
Mit gerunzelter Stirn sah Nicole von ihrer Zeitschrift hoch. Wer konnte das sein? Da sie nur ihren Morgenrock anhatte und niemanden erwartete, beschloss sie, nicht aufzumachen. Sie las weiter.
Es klingelte erneut, und dann klopfte jemand laut an die Tür. Vielleicht war es ja einer ihrer Nachbarn – möglicherweise war etwas nicht in Ordnung, denn es klang ziemlich dringend.
Sie öffnete die Tür einen Spalt und spähte hinaus.
Vor Schreck riss sie die Augen weit auf, als sie Luke vor der Tür erblickte. „Was machst du denn hier?“
„Ich denke, das weißt du!“ Er drängte sich an ihr vorbei durch die Tür und trat in die Wohnung, ohne auf eine Aufforderung zu warten. „Wir müssen miteinander reden.“
„Das passt mir im Moment gerade gar nicht.“ Bestürzt folgte sie ihm ins Wohnzimmer.
„Nein?“ Er sah sich um, bemerkte die schummrige Beleuchtung und die Kerzen, und dann blieb sein Blick an ihr hängen. In ihrem Morgenrock aus schwarzer Seide sah sie fantastisch aus. „Erwartest du jemanden?“
„Nein! Ich mache mir einen ruhigen, gemütlichen Abend.“ Sie sah ihn ärgerlich an. „Nicht, dass dich das irgendetwas anginge!“
Sie hatte recht – es ging ihn nichts an. Luke versuchte, sich zuberuhigen, aber es gelang ihm nicht. Er sah, wie sie zum Sofa ging und die Kissen glatt
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