JULIA EXTRA BAND 0263
Gefühl von Hilflosigkeit aus, als er zusehen musste, wie es mit seinem Vater allmählich bergab ging.
Kein Wunder, dass er sich so sehr auf sein Geschäft konzentrierte und so oberflächlich mit Frauen umging. Nicole fühlte mit ihm. Aber es wäre der größte Fehler, ihm gegenüber Mitleid zu äußern. Luke wollte ihr Mitgefühl nicht, das durfte sie nicht vergessen.
Trotzdem juckte es sie in den Fingern, nach dem Telefon zu greifen und ihn unter einem Vorwand anzurufen. Nur mit Mühe konnte sie sich beherrschen. Doch der Gedanke an ihr letztes Telefonat – wie gezwungen sie miteinander gesprochen hatten – war schließlich nicht gerade ermutigend.
Gegen fünf Uhr konnte sie es nicht mehr länger ertragen und begann, ihre Sachen zusammenzupacken. „Ich werde diese Unterlagen zu Hause bearbeiten, Molly.“
„Geht es Ihnen nicht gut?“, fragte Molly teilnahmsvoll.
„Nicht besonders.“ Das ist eine genauso gute Ausrede wiejede andere, fand Nicole, als sie zu den Fahrstühlen ging. Im Moment fühlte sie sich eigentlich ganz wohl. Ihr war nicht übel, und das erste Mal seit Tagen verspürte sie so etwas wie Hunger.
Da sie nichts zu essen im Haus hatte, machte sie bei ihrem Supermarkt Station und füllte wie üblich ihren Einkaufswagen schnell mit einigen Lebensmitteln. Als sie an der Kasse anstand, fiel ihr auf, dass sie ein merkwürdiges Sammelsurium eingekauft hatte. Normalerweise aß sie weder Schokoladeneis noch Pistazien oder Oliven … Du liebe Güte, wenn sie das in der Kombination alles äße, hätte sie es verdient, morgen krank zu sein!
Es ist doch nicht die morgendliche Übelkeit? Sie erinnerte sich, wie Molly sie geneckt hatte.
Wenn sie jetzt darüber nachdachte, war ihre Periode eigentlich schon längst überfällig. Aber sie konnte nicht schwanger sein. Das war unmöglich. Außerdem hatten Luke und sie immer verhütet.
Sie kam an die Reihe und wollte gerade ihre Einkäufe auf das Fließband legen. … Außer das eine Mal vor einiger Zeit, als uns ein kleines Missgeschick passiert ist, schoss es ihr plötzlich durch den Kopf, und sie erstarrte. Nein, das kann nicht sein … „Ich habe noch etwas vergessen. Könnten Sie meinen Wagen bitte zur Seite stellen? Ich bin in einer Minute wieder hier.“
„Natürlich.“ Nicole ließ den Wagen zurück und eilte zur Drogerieabteilung.
Sie stand unentschlossen vor den Schwangerschaftstests. Es hatte in ihrem Leben eine Zeit gegeben, da hatte sie diese Testsets regelmäßig gekauft. Und immer waren die Ergebnisse negativ gewesen. Wenn sie diese Tests im Regal sah, konnte sie nicht umhin, sich an die vielen Enttäuschungen zu erinnern. Wie hoch war die Wahrscheinlichkeit, dass sie nach einem „Unfall“ schwanger war, nachdem sie mit ihrem Ehemann so lange erfolglos versucht hatte, ein Baby zu bekommen?
Wahrscheinlich war es reine Geldverschwendung, einen solchen Test zu kaufen. Aber trotzdem … es wäre gut, diese Möglichkeit mit Sicherheit auszuschließen.
Als Nicole in ihrer Wohnung war, machte sie sich zuerst etwas zu essen und erledigte dann die Arbeit, die sie sich aus dem Büro mitgebracht hatte. Dabei musste sie die ganze Zeit an denTest denken, der im Badezimmer auf sie wartete.
Um neun Uhr konnte sie es nicht mehr länger aufschieben …
„Ja, ich kann Ihnen bestätigen, Nicole, dass Ihr Testergebnis korrekt ist. Sie sind schwanger, ungefähr in der sechsten Woche, würde ich sagen.“
Die Worte des Doktors hallten in Nicoles Kopf nach, als sie die Praxis verließ und in ein Taxi stieg. Aber noch immer konnte sie es kaum glauben.
Nachdem sie am Vorabend den Test durchgeführt hatte und das Ergebnis positiv ausgefallen war, hatte sie sich eingeredet, dass es fehlerhaft sein musste.
Diese endlosen Versuche, die Sehnsucht danach, ein Kind zu bekommen … und dann passierte es einfach, wenn sie am wenigsten damit rechnete? Das hatte sie auch zu ihrem Arzt gesagt, aber der hatte nur gelächelt und die Achseln gezuckt. „Das kommt häufiger vor.“
Nicole starrte auf die Straßen von Miami hinaus, ohne sie wirklich zu sehen, auf den hellen Sonnenschein, der sich in den Glasfenstern der Art-déco-Gebäude spiegelte.
Sie stand noch unter Schock.
„Als Sie sich früher darum bemüht haben, ein Baby zu bekommen, waren Sie möglicherweise sehr verkrampft und gestresst“, meinte der Arzt. „Und dieses Mal waren Sie ganz entspannt. Daran könnte es gelegen haben.“
Mit Sicherheit hatte sie sich in Lukes Gegenwart entspannt gefühlt.
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