JULIA EXTRA BAND 0264
stützte sein Kinn auf ihren Kopf.
Er roch so gut, hatte gerade geduscht. Und er fühlte sich so gut an. Die vertraute Spannung begann sich zwischen ihnen aufzubauen, aus der tröstenden Umarmung drohte etwas anderes zu werden, etwas sehr viel Intensiveres. Ruby atmete tief durch. Sie wusste nicht, wohin ihre gemeinsame Reise sie führen würde, aber zu Ende war sie auf jeden Fall nicht. Nicht, solange die Luft zwischen ihnen nicht bereinigt war.
âEs tut mir leidâ, hob sie an. Sie vergrub ihr Gesicht an seiner Brust, dann fiel es ihr leichter, einzugestehen, dass sie sich geirrt hatte.
Seine Hände auf ihrem Rücken verharrten. âWas sollte dir denn leidtun?â
âDass ich dich mit deinem Vater verglichen habe. Weil ich nicht geglaubt habe, dass er dich täuschen könnte.â
âDoch was ich ihm unterstellte, stimmte auch nicht.â
âEr hat zugelassen, dass du es glaubst, und das hat dein ganzes Leben bestimmt. Er hat dir keine andere Wahl gelassen. Und das ist etwas, das ich nicht sehen wollte. Weil ich dir nicht vertraute.â
âUnd ⦠jetzt?â
Sie holte tief Luft, atmete seinen Duft ein. âIch hätte dir vertrauen sollen. Ich fasse noch immer nicht, wie Laurence dich all die Jahre das hat denken lassen können.â
âIch schon. Er wusste, er hätte es mir sagen sollen, doch er wollte nicht, dass es zum Bruch zwischen meiner Mutter und mir kam. Als beide Frauen dann starben, war es sinnlos geworden, es mir zu sagen. Zudem vermute ich, dass er sich nie vergeben hat, mit Bonnie geschlafen zu haben. Dass ich weggegangen bin, hat er als seine Strafe akzeptiert.â
âOh Zane, es tut mir so leid.â
âNein, ich bin es, der sich entschuldigen muss. Ich habe dir das Leben zur Hölle gemacht, indem ich dir und meinem Vater unberechtigterweise unterstellte â¦â
âNichtâ, unterbrach sie ihn. âIch habe dich das glauben lassen. Ich hätte es jederzeit richtig stellen können, doch â¦â
Er hielt sie ein wenig von sich ab, um sie ansehen zu können. âAber warum wolltest du mich das glauben lassen?â
âWeil ich Angst vor dir hatte.â Sie sah, wie seine Miene sich veränderte, und schüttelte hastig den Kopf. âNein, nicht so, wie ich vor diesem Verrückten damals Angst hatte. Du stelltest eine andere Gefahr für mich dar, weil ich mich von Anfang an von dir angezogen fühlte wie von einem Magneten. Und ich verstand nicht, warum. Ich versuchte, dich zu hassen, doch jedes Mal, wenn du mich berührtest, wollte ich mehr. Also hoffte ich, dass, wenn du in mir die Geliebte deines Vaters siehst, ich tabu für dich wäre. AuÃerdem dachte ich ja, dass ich nach der Präsentation gehen würde. Aber ich wollte wenigstens eine Nacht mit dir.â
âDas macht nicht wieder gut, was ich dir angetan habe, aber ⦠danke.â Er zog sie an sich und hielt sie fest. Sein Atem strich warm und tröstlich über ihr Haar. âWir haben noch sehr viel zwischen uns zu bereinigen, aber im Moment stehen erst andere Dinge anâ, murmelte er rau und gab sie frei.
âDürfen wir Kyoto besuchen?â, fragte sie.
âZu ihm fahren wir zuerst. Und danach habe ich noch etwas Wichtiges zu tun.â
Bis hierher, ins Innere des Landes, reichte der erfrischende Küstenwind nicht. Es herrschte eine glühende Hitze, die Luft war so heiÃ, dass die Lungen mit jedem Atemzug zu verbrennen schienen. Doch Zane bemerkte es kaum. Ihm gingen andere Dinge durch den Kopf.
Im Arm trug er einen groÃen Strauà frischer Blumen, den er in der Stadt gekauft hatte, um die Bougainvilleen zu ergänzen, die er von zu Hause mitgebracht hatte. Seit der Beerdigung seines Vaters war er nicht mehr hier gewesen. Den einen Grabstein hatte er bewusst ignoriert, die Inschrift nie gelesen. Doch heute würde er sich die Worte genau einprägen.
Heute legte er Blumen ab und kniete nieder am Grab der Frau, die ihn geboren hatte, strich mit den Fingern über den von der Sonne aufgeheizten Stein, über ihren Namen und ihr Geburts- und Sterbedatum und sagte ihr, wie leid es ihm tat.
Dann wandte er sich um zum Grab der Frau, die er für seine Mutter gehalten hatte, und hielt mit ihr stille Zwiesprache.
Vom Schatten eines nicht weit entfernt stehenden Baumes aus sah Ruby zu, wie Zane sich dem Grab seines Vaters zuwandte. Sie hatte nicht damit gerechnet, dass Zane
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