JULIA EXTRA BAND 0264
âWie?â âWoran denkst du schon wieder? Doch nicht etwa an deine Arbeit, oder?â
âSo ähnlich.â Ihre Arbeit und ihr Lover waren untrennbar miteinander verbunden.
âIch fragte, ob du dir vorstellen kannst, diese Frau zu sein?â Nur zu gut. Allerdings, wenn Marcello Danette in den Armen hielt, trug sie kein unbezahlbares Designerkleid. Meist trug sie gar nichts. âJa.â
Lizzy lachte. âDeine Vorstellungskraft ist eindeutig besser als meine.â
âNicht unbedingt.â
Lizzy runzelte besorgt die Stirn. âIst alles in Ordnung mit dir? Irgendwie wirkst du abwesend.â
Danette zwang sich, den Blick weg von dem Foto und auf ihre Freundin zu richten. Sie beide waren Amerikanerinnen, aber da endeten die Gemeinsamkeiten auch schon. Lizzy, mit kurzen blonden Locken, war klein, hatte die Figur einer Venus und ein ansteckendes Lachen, das jeden faszinierte. Danette dagegen war grazil gebaut, mit einem Hals, den Marcello als âeleganten Schwanenhalsâ bezeichnete, den sie jedoch als zu lang empfand, sah durchschnittlich aus, was Marcello âerfrischend natürlichâ nannte, und war ebenso durchschnittlich groÃ, auch wenn sie sich neben Marcellos Statur winzig vorkam. Ihr glattes braunes Haar umspielte ihr schmales Gesicht, und selbst wenn sie es aufdrehte, wollten die Locken nie lange halten.
Marcello behauptete, es fühle sich an wie flüssige Seide. Und es gefiele ihm, dass sie darauf verzichtete, es in eine steife Frisur zu zwingen. Die Blondine jedoch, die er da im Arm hielt, war aufgeputzt wie ein Pfau. So viel also zu Marcellos angeblicher Vorliebe für die âreine Lilieâ. Scheinbar hatte er durchaus nichts gegen üppige Orchideen aus dem Treibhaus einzuwenden.
Sie bemühte sich vergeblich um ein Lächeln. âNatürlich ist alles in Ordnung. Ich bin nur müde.â
âKein Wunder, bei deinen Ãberstunden. Deshalb hast du auch kein Privatleben.â
O doch, sie hatte ein Privatleben. Nur lief das im Geheimen ab. Und erfüllte sie mehr, als sie sich je erträumt hatte. Bis jetzt. âDu weiÃt doch, wie es ist.â
âAlles, was ich weiÃ, ist, dass du zu hart arbeitest.â
âIch liebe meine Arbeit.â
âHe, das tue ich auch.â Lizzy blinzelte ihr verschwörerisch zu. âAber in meiner Freizeit habe ich bessere Dinge zu tun. Da wir gerade davon sprechen ⦠Willst du wirklich nicht mit uns essen gehen?â
Danette schüttelte den Kopf. âDanke, aber ich möchte heute früh zu Bett.â
âDu solltest mehr ausgehen.â
Sie ging aus. Mit Marcello. Allerdings nicht in die Lokale, in denen sie Gefahr liefen, den Angestellten von Scorsolini Shipping über den Weg zu laufen.
âRamon wird enttäuscht sein, wenn du nicht auftauchstâ, fuhr Lizzy fort. âDer Typ hat ein Auge auf dich geworfen. Er sieht blendend aus, hat einen guten Job, und er ist Single. Warum kommst du nicht mit und lässt dich davon überraschen, was alles passieren kann?â
âRamon hat in den letzten sechs Monaten vier Freundinnen verschlissen. Der Mann ist ein Sicherheitsrisiko.â Als ihr klar wurde, was sie da gerade gesagt hatte, hätte sie fast hysterisch aufgelacht. Eine Beziehung mit Ramon wäre sicherlich kein gröÃeres Risiko als die mit Marcello Scorsolini.
âDas Leben besteht nun mal aus Risiken.â Lizzy stand auf. âHast du das noch nicht erkannt?â
âManche lohnt es sich einzugehen, andere nicht.â
âUnd bei Ramon lohnt es sich nicht?â
Danette seufzte. âWeià ich nicht, aber heute Abend auf jeden Fall nicht.â
âNa schön.â Lizzy umarmte sie. âDann schlaf dich aus. Wir sehen uns morgen im Büro.â
Danette brachte die Freundin zur Tür. âViel SpaÃ. Ach, du hast deine Zeitschrift vergessen!â
âBehalt sie. Dann hast du etwas im Bett zu lesen.â Damit war Lizzy zur Tür hinaus, bevor Danette noch etwas erwidern konnte.
Danette wollte dieses Regenbogenblatt nicht lesen. Sie wollte es nicht einmal in ihrer Wohnung haben. Doch als sie es aufnahm, um es wegzuwerfen, blätterten ihre Finger wie von selbst durch die Seiten. Der vierseitige Artikel über König Vincentes Geburtstagsfeier, gespickt mit Fotos, triefte nur so vor Klatsch und Andeutungen.
Sie starrte mit leerem Blick auf das Foto von Marcello und seiner
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