JULIA EXTRA BAND 0269
können, das war ihr von Anfang an klar gewesen. Aber sie hatte der Versuchung nicht widerstehen können, sich noch einmal die Finger zu verbrennen. Es wäre besser gewesen, sie hätte ihn aufgefordert, aus ihrem Leben zu verschwinden, statt es ihm zu ermöglichen, alles noch schlimmer zu machen. Warum nur hatte sie es so weit kommen lassen?
„Weil ich eine Idiotin bin, darum!“, sagte sie laut vor sich hin. Um sich zu rächen, hatte er sie absichtlich verletzt, während sie damals dazu gezwungen worden war, ihm Leid anzutun. Einmal mehr wurde ihr klar, dass Jack Fitzgerald offenbar nicht bereit war, ihr zu verzeihen.
Sie bemühte sich, nicht in Tränen auszubrechen, hob frustriert und zornig ihr Nachthemd auf und eilte resigniert aus dem Raum, um ins Bett zu gehen. Trotz der Berge von Schutt war langsam, aber sicher zu erkennen, wie schön das alte viktorianische Haus nach dem Umbau aussehen würde. Nachdem sich Jack im Erdgeschoss einen Überblick über den Fortgang der Arbeiten verschafft hatte, war er sehr zufrieden.
Die ganze Woche war er jeden Tag auf der Baustelle gewesen und hatte ausführliche Gespräche mit dem Architekten und dem von ihm engagierten Bauunternehmer geführt. Es wurde von morgens um sieben bis spätabends bei Flutlicht gearbeitet, und Jack war froh, dass er sehr beschäftigt war. Es half ihm, nicht ständig über seine verwirrenden Gefühle für Caroline nachzudenken. Er wusste einfach nicht, was er jetzt machen und wie er sich verhalten sollte.
Eins war ihm in den vergangenen Tagen völlig klar geworden: Sie musste ihn für einen ganz miesen Kerl halten, weil er gegangen war, ohne sie zu wecken und sich zu verabschieden. Doch was hätte er sagen sollen, nachdem etwas geschehen war, was nicht hätte geschehen dürfen? Dass er seinem Verlangen nachgegeben hatte, war ein Fehler gewesen, und er musste erst einmal damit zurechtkommen. Wahrscheinlich hasste Caroline ihn jetzt wie die Pest.
Als Jack aus der Duschkabine kam, schlang er sich das weiße Badetuch um die Hüften und blieb vor dem Spiegel im Badezimmer seiner luxuriösen Hotelsuite stehen. Was er sah, gefiel ihm überhaupt nicht.
In seinem Gesicht spiegelten sich Besorgnis und ein eiserner Wille. Besorgnis, weil er sich körperlich beinahe zugrunde gerichtet hätte durch seinen geradezu krankhaften Ehrgeiz, aus der Armut, in der er aufgewachsen war, herauszukommen. Den Herzanfall hatte er als Warnung verstanden. Entweder musste er kürzertreten, oder er musste die Konsequenzen tragen. Dank seines eisernen Willens erlaubte er sich so gut wie nie, Liebe und Zärtlichkeit für jemanden zu empfinden. Und dank dieses Charakterzuges hatte er es geschafft, die einzige Frau, die tiefe Gefühle in ihm weckte, wieder zu verlassen, weil er ihr immer noch nicht vertraute.
Er fluchte vor sich hin, während er anfing, sich zu rasieren. Plötzlich runzelte er die Stirn. Es hatte geklopft. Er durchquerte das Schlafzimmer, dann das Wohnzimmer und öffnete die Tür seiner Suite. Er nahm an, es sei der Zimmerkellner, der ihm den Kaffee und den Brandy brachte, die er bestellt hatte. Zwar hatte Jack darum gebeten, es erst in einer halben Stunde zu servieren, doch der Brandy würde ihm jetzt guttun. Er würde ihm helfen, die quälenden Gedanken zu verdrängen. Normalerweise trank er keinen Alkohol, das Beispiel seines Vaters war zu abschreckend. Aber ein einziger Brandy konnte nicht schaden.
„Caroline!“, rief er aus, und es gelang ihm nicht, seine Überraschung zu verbergen.
„Hallo, Jack. Ich wollte mich nur für die Nacht mit dir bedanken.“
Ehe er begriff, was sie vorhatte, hatte sie schon die Hand gehoben und ihm eine schallende Ohrfeige verpasst.
10. KAPITEL
Caroline war nicht in der Absicht zu Jack ins Hotel gegangen, ihm eine Ohrfeige zu versetzen. Aber in dem Moment, als er die Tür mit völlig entspannter Miene öffnete, wurde sie so zornig, dass sie die Beherrschung verlor.
In der vergangenen Woche war sie von den höchsten Höhen in die tiefsten Tiefen gestürzt. Erst hatte Jack sie noch leidenschaftlicher und inniger geliebt als damals, und dann hatte er nichts mehr von sich hören lassen. Mit jedem Tag, der verstrich, waren ihre Qualen unerträglicher geworden. Schließlich hatte sie sich entschlossen, keine Sekunde länger zu warten. Sie wollte Klarheit schaffen, er sollte wissen, was sie von ihm hielt. Mit diesem gefühllosen nachtragenden Mann, der ihr so viel Schmerz und Kummer bereitete, wollte sie sich nicht mehr
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