JULIA EXTRA BAND 0269
vor dem Haus darauf, dass sie wieder herauskam.
Und wo war ihr liebenswürdiger Halbbruder? Er stellte seinen Zwilling Elise an erste Stelle – wie er es immer tat.
Rachel hatte keine Ahnung, wie es nun weitergehen sollte.
Es war an der Zeit, um Verzeihung zu bitten, erkannte sie. Zeit, einen kalten und wütenden Raffaelle Villani um Verständnis und Kooperation zu bitten. Tief in ihrem Inneren wusste sie, dass sie keines von beidem verdient hatte.
Sie trat auf ihn zu. „Mr. Villani“, sagte sie leise. „Bitte bedenken Sie Folgendes: Eigentlich habe ich Ihnen heute Nacht einen Gefallen getan, denn wenn Leo …“
„Was zur Hölle tun Sie da?“
Erst als sich seine Finger um ihr Handgelenk schlossen, wurde ihr bewusst, dass sie eine Hand in einer flehenden Geste erhoben hatte. Raffaelle hob ihre Hand höher, bis ihre Finger sich vor ihrem verwirrten Gesicht befanden. An ihrem Ringfinger blitzte ein von Diamanten umgebener Saphirring.
„Oh“, sagte sie und schluckte. Den Ring hatte sie ganz vergessen.
„Sie sind verlobt?“, fragte er scharf.
„N…nein.“ Sie schüttelte den Kopf. „Der Ring ist nicht echt. Er ist Teil der Maskerade. Leo musste ihn sehen, damit er …“
„Damit er glaubt, Sie sind nicht seine Frau?“
„Ja. Elises Ehering besteht aus einem einzelnen gelben Diamanten. Dieser hier ist so völlig anders, sodass …“
Ihre Stimme versagte. Aber er hatte auch so begriffen, worauf sie hinauswollte.
„Habe ich Sie richtig verstanden?“, sagte er finster. „Sie ziehen ein Kleid an, in dem sie von hinten wie Ihre Halbschwester aussehen, werfen sich mir an den Hals und küssen mich, als seien Sie meine …?“
Er wollte, dass sie es aussprach, wollte, dass sie auch noch den letzten Rest gestand.
„Ge…geliebte“, erwiderte sie leise.
„Zusammen mit dem Ring macht Sie das wohl zu meiner Verlobten?“ Seine Stimme wurde ein wenig weicher.
Rachel nickte.
„Und Sie haben nicht erwartet, dass ich irgendetwas dagegen unternehme?“
„Morgen früh sollten Sie zusammen mit den relevanten Zeitungen einen Brief bekommen. In dem Brief steht genau das, was ich Ihnen gerade erzählt habe. Aber er enthält auch den Hinweis, dass man Ihnen, wenn Sie das Foto als Lüge entlarven, Fragen stellen wird. Und zwar Fragen, wer der Vater von Elises Kind ist.“
„ Madre de Dio“ , stieß er hervor. „Sie sind wirklich hinterhältig.“
„Die Sache ist ernst, Mr. Villani“, rief sie. „Sie kennen Leo nicht! Er ist ein sehr traditionsbewusster Grieche. Und er ist ein absoluter Experte, was die Gesetze angeht. Wenn er glaubt, seine Frau könne ihn mit Ihnen betrogen haben und jetzt von Ihnen ein Kind erwarten … er wird Sie, trotz Ihrer Macht und Ihres Reichtums, vor Gericht zerren!“
Er ließ ihre Hand los. „Aber ich habe sie niemals angerührt.“
„Selbst der sehr vertrauensseligen Schwester fällt es schwer, das zu glauben! Ein Kuss, Mr. Villani“, fuhr sie eindringlich fort. „Wenn Sie auch nur einen kleinen Kuss von Leo Savakis’ Ehefrau gestohlen haben – er wird es ihr niemals verzeihen, und Sie haben sich einen schrecklichen Feind gemacht!“
Raffaelle wandte sich einfach um und verließ das Zimmer.
Zitternd folgte Rachel ihm. Jetzt, da ihr bewusst wurde, was die ganze Geschichte für ihn bedeutete, fühlte sie sich furchtbar elend.
„Es tut mir leid!“, rief sie ihm nach.
Ihre Entschuldigung kam ihr selbst so sinnlos vor, dass sie ihm seine ungebührliche Antwort nicht wirklich übel nahm. Mit einer wütenden Bewegung stieß er eine weitere Tür auf und ging, ohne seine Schritte zu verlangsamen, hindurch.
Rachel blieb auf der Schwelle stehen. Vor ihr lag eine in Schwarz und Weiß gehaltene Küche. Raffaelle hatte den Kühlschrank geöffnet und starrte blickleer hinein.
„Bitte glauben Sie mir, ich habe versucht, Ihnen alles bereits auf der Wohltätigkeitsparty zu erklären!“, unternahm sie einen zweiten Versuch. „Ich habe Mark gegenüber darauf bestanden, dass wir zuerst an ihr Verständnis appellieren müssen, aber Sie wollten mir ja nicht zuhören. Da ist die ganze Situation außer Kontrolle geraten.“
Er schlug die Kühlschranktür zu und wandte sich zu ihr um. Dann ging er auf sie zu und streckte die Hand nach ihr aus.
Rachel erschauerte. „Sie …“
Er brachte sie mit einem Kuss zum Schweigen, der jeden rationalen Gedanken ausschaltete. Als er von ihr abließ, fühlte sie sich benommen und verwirrt. Nur vage war ihr bewusst, dass sie an der
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