JULIA EXTRA BAND 0269
eine Augenbraue hochgezogen hatte. „Er ist sehr verständnisvoll, was die ganze Situation angeht … genauso, wie ich es dir und Elise vorausgesagt habe, sobald er die Hintergründe kennt.“
Es herrschte kurzes Schweigen. Dann sagte Mark: „Ich hole dich ab.“
„Nein! Es ist besser, wenn du dich von mir fernhältst.“
„Weil ich Journalist bin? Weil ihr beide diese verrückte Verlobungsgeschichte in die Welt gesetzt habt, die sich, während wir miteinander sprechen, über ganz Europa verbreitet?“
So schnell, so weit? Rachel schluckte.
„Ich bin dein Bruder“, fuhr Mark wütend fort. „Und wenn dieser Mistkerl …“
„Das fällt dir ein bisschen spät ein, Mark!“, fiel sie ihm ins Wort. „So wie du mich heute Abend im Stich gelassen hast, wünschte ich, ich hätte keinen Bruder!“
„Ich dachte, du wärst die ganze Zeit direkt hinter mir gewesen.“ Immerhin besaß er den Anstand, beschämt zu klingen. „Als ich beim Auto war und mich umdrehte, habe ich nur einen Kreis aus Reportern gesehen. Ich dachte, du wärst in die andere Richtung verschwunden.“
„Und glücklich mit dieser idiotischen Annahme bist du nach Hause gefahren, um deinen Artikel zu schreiben.“
„Ich hatte eine Deadline.“
Und ich hatte ein Leben, dachte Rachel zornig. „Auf jeden Fall ist es jetzt zu spät, mir brüderliche Sorge entgegenzubringen.“
„Ja, du hast ja recht.“ Er seufzte. „Es tut mir leid, Rachel. Er wird also nichts gegen uns unternehmen?“
Binnen einer Sekunde wechselt mein treusorgender Brudervon der Entschuldigung zurück zum Geschäftlichen, stellte Rachel fest. „Nein“, sagte sie.
„Wann kommst du nach Hause?“
„Nach Hause?“ Sie sah Raffaelle an. Der erwartete ihre Antwort genauso gespannt wie Mark.
Und plötzlich wusste sie, dass sie nirgendwohin gehen würde. Sie schuldete es diesem Mann, dass sie das Spiel mitspielte, das er begonnen hatte.
„Ich komme nicht zurück“, sagte sie zu Mark, doch ihre gesamte Aufmerksamkeit war von Raffaelle gefangen genommen. „Wir diskutieren noch unsere Möglichkeiten“, fügte sie hinzu. „Deshalb bleibe ich vorerst hier. Ich rufe dich morgen an.“
„Und ich werde Elise anrufen, damit sie aufhört, sich Sorgen zu machen.“
Das war wieder ganz typisch für Mark, dachte Rachel. Seine Zwillingsschwester war für ihn wichtiger, als sie selbst es je sein würde.
„Okay“, murmelte sie. „Sag ihr, ich …“
„Wunderbar“, unterbrach er sie. „Ich muss los, Rachel. Ich muss meinen Artikel umschreiben. Weißt du eigentlich, was du mit der Bekanntgabe dieser Verlobung für ein Chaos angerichtet hast?“
Die Leitung war tot. Rachel starrte ihr Telefon an. Zum ersten Mal an diesem Abend brannten Tränen in ihren Augen.
Raffaelle beobachtete sie, wie sie neben dem Sofa stand, das Handy in der Hand. Sie war blass geworden, und ihre Körpersprache verriet ihm, dass sie gerade wie ein gebrauchtes Taschentuch beiseite geworfen worden war.
Wut stieg in ihm auf. Er wollte jemanden schlagen … am besten ihre Geschwister.
„Was haben Sie erwartet?“, fragte er brüsk. „Eine heldenhafte Rettung mit fliegenden Fahnen? Sie sind nicht die Hauptfigur auf diesem Schachbrett, cara – das ist Elise.“
„Ich weiß“, flüsterte sie und ließ sich auf das Sofa sinken.
„Zumindest wird ihr Kind bei seinem richtigen Vater bleiben.“
Er hatte ihr mit den Worten ein wenig Trost spenden wollen, jedoch klangen sie plötzlich sehr hart. Sie zuckte zusammenund senkte den Kopf. Ihre Haare glitten nach vorn und gaben den Blick auf einen verletzlich wirkenden Hals frei.
Eine Woge der Sehnsucht, die weiche Haut dort zu küssen, durchströmte ihn. Langsam, damit sich seine Erregung abkühlte, ging Raffaelle auf sie zu. Rachel hörte ihn und versteifte sich sofort. Er beugte sich vor, um ihr das Wodkaglas, das immer noch halb gefüllt vor ihr auf dem Tisch stand, anzubieten. In diesem Moment durchlief ein Zittern ihren Körper.
„Bitte zerren Sie mich nicht wieder durch die Gegend“, stieß sie hervor.
War es das, was er getan hatte?
Ja, genau das hatte er getan, erkannte er und richtete sich abrupt auf. „Es tut mir leid.“
„Jedem tut etwas leid!“ Sie lachte angespannt. „Aber das hilft nicht viel, oder?“
Seufzend setzte er sich auf das Sofa ihr gegenüber. „Fühlen Sie sich jetzt etwa wie das Opfer, cara ?“ Er schien die spöttischen Bemerkungen einfach nicht zurückhalten können. „Ist es nicht ein seltsames Gefühl
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