JULIA EXTRA BAND 0273
Duardos Stimme klang samtweich. Trotzdem konnte nur ein Tor den warnenden Unterton überhören.
Glücklicherweise sorgten die Kellner für Ablenkung, und man begann, sich über das Essen zu unterhalten.
Immer wieder schenkte Duardo Kayla kleine Gesten der Vertraulichkeit. Auch wenn er das nur tat, um vor den anderen Einigkeit zu demonstrieren, so gab es ihr doch Kraft, die Scharade aufrechtzuerhalten.
Und da war noch etwas, was sie aber eher irritierte und nervös machte: die erotische Spannung zwischen ihnen. Wann immer sie ihn ansah, dachte sie an seine Küsse und Zärtlichkeiten. Dabei verband sie doch nichts weiter als Sex, wenn auch erfüllter und leidenschaftlicher Sex. Warum reichte ihr das nicht? Warum sehnte sie sich nach mehr?
Dem auf den Grund zu gehen, wagte sie jedoch nicht, aus Furcht, auf eine Wahrheit zu stoßen, die sie nicht ertragen könnte.
In diesem Moment schaute Duardo sie mit unergründlich dunklen Augen an. Schließlich lächelte er, als hätte er ihre Gedanken erraten. Dann strich er ihr über die Wange, und siemeinte, dahinschmelzen zu müssen.
Alles nur für die Öffentlichkeit bestimmt, sagte sie sich und erwiderte seine Zärtlichkeit mit einem aufreizenden Blick. Sie wollte ihren Part in diesem Spiel gut spielen.
„Warum zieht ihr euch eigentlich nicht irgendwohin zurück?“, schmollte Samara.
„Bei uns gehört das zum Vorspiel, und wir genießen es“, konterte Kayla. Wegen der Geräuschkulisse vermochte außer Duardo niemand dem verbalen Schlagabtausch der beiden Frauen zu folgen.
Zwischen den Gängen des Festessens wurden die Gäste als Erstes mit einer Modenschau unterhalten. Spindeldürre Mannequins führten die neuesten und sündhaft teuren Entwürfe amerikanischer und europäischer Designer vor.
Mutter und Tochter machten sich Notizen, wenn ihnen etwas gefallen hatte. Samara auch.
Als ein besonders schönes saphirfarbenes Seidenchiffonkleid gezeigt wurde, rief sie aus: „Das gehört mir.“ Ihr Mann lächelte nachsichtig, die Französinnen warfen ihr kämpferische Blicke zu.
„Das Kleid habe ich reservieren lassen“, sagte Duardo seelenruhig. „Als Geschenk für meine Frau.“ Seine Bemerkung schlug ein. Die drei Frauen und auch Kayla schauten ihn verblüfft an.
Samara erholte sich als Erste. „Wirklich?“ Sie wandte sich an Kayla. „Gratuliere. Für dieses Kleid könnte ich zur Mörderin werden.“ Einen entsprechend wütenden Blick warf sie ihrem Mann zu. „Unfair“, raunte die Mutter ihrer Tochter zu.
„Wie großzügig von dir, Darling“, brachte Kayla hervor. Sie hasste dieses öffentliche Spektakel und fühlte sich wie ein Aushängeschild und Luxusweibchen.
„Es ist mir ein Vergnügen“, sagte Duardo und lächelte so unmissverständlich, dass wohl jeder begriff, welche Art von Vergnügen er meinte.
Himmel, so konnte man sich auch Feinde machen. Die drei Frauen durchbohrten Kayla förmlich mit Blicken.
Zwischen Hauptgang und Nachtisch trat ein Komödiant auf, zwischen Dessert und Kaffee ein bekannter Sänger.
Damit waren die offiziellen Programmpunkte beendet. Ab nun durften sich die Gäste mischen und sich hinsetzen, wohin sie wollten.
Duardo schlug vor aufzubrechen, und Kayla stimmte erleichtert zu, auch wenn sich der Weg durch die Menschenmenge zum Spießrutenlauf entwickelte, weil sie immer wieder aufgehalten und beglückwünscht wurden.
„Na, was sagst du?“, fragte er, als sie im Auto saßen.
Sie warf ihm einen flüchtigen Blick zu. „Ich bin leer geredet.“ Außerdem taten ihr die Gesichtsmuskeln weh vom angestrengten Lächeln, und Kopfschmerz kündigte sich an.
Aber den Abend, den ersten in der Öffentlichkeit als Duardos Frau, hatte sie hinter sich gebracht. Und zwar gar nicht mal so schlecht.
„Versprich mir, dass ich nicht so bald wieder die Höhle des Löwen betreten muss.“
„War es denn so schlimm?“
„Wahrscheinlich bin ich etwas aus der Übung gekommen“, sagte sie trocken, betrachtete die Konturen seines Mundes und platzte heraus: „Frauen fliegen ja geradezu auf dich.“
„Stört dich das?“
Aber wie! Nur zugeben wollte sie es nicht. „Und wenn es so wäre?“
Nach einer kurzen Fahrt durch die Nacht, lenkte er den Wagen in die Garage und stellte den Motor ab. „Würde ich es dir nicht übel nehmen.“
„Danke, Duardo“, höhnte sie.
„Scheint schwer für dich zu sein, wenn ich großzügig bin.“
Sie sah ihn offen an. „Stimmt.“
Es war spät, und Kayla lief schnurstracks die Treppe hinauf.
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