JULIA EXTRA BAND 0273
einen Sinn – mitAusnahme seines ungehobelten Benehmens Kate gegenüber. Bestimmt litt sie unter den schrecklichsten Schuldgefühlen und hatte auch deshalb zumindest unbewusst nicht nach ihm gesucht.
Hätte ich es doch bloß früher erfahren. Diese Worte wiederholte er unablässig und stumm, während er die Arme um Kate legte. Unbeweglich wie eine Marmorstatue verharrte sie. Demgegenüber fühlte er sich hilflos. Santino hatte keine Ahnung, was er tun sollte. Nur dass er sie irgendwie aus der Erstarrung reißen musste, wusste er.
„Was meinst du, sollen wir ein bisschen nach draußen gehen, in den Garten?“ Besser, sie kam aus dem Raum, über dem inzwischen so viel tiefe Traurigkeit lag.
„Ich will nicht, dass mich Francesca so sieht …“
Sie bewegte beim Sprechen kaum die Lippen. Obwohl sie ganz und gar neben sich stand, galt ihre größte Sorge immer noch Francesca.
„Oder sollen wir in meine Stadtwohnung nach Rom fahren? Francesca und Meredith sind hier gut versorgt. Wir könnten dort ungestört Zeit miteinander verbringen.“ Sie mussten beide nach vorn schauen, eine andere Möglichkeit hatten sie nicht.
Wie betäubt nickte Kate.
Die Fahrt nach Rom verlief schweigend. Santinos Wohnung befand sich im Zentrum der Stadt, im Palazzo Doria Pamphilj. Hierher hatte er noch nie jemanden eingeladen. Niemals.
Die schwarz gekleideten Sicherheitsleute trugen diskret platzierte Funkempfänger im Ohr und unter den Jacken verborgene Holster. Ihre Aufgabe bestand darin, den mächtigsten Politiker Italiens zu beschützen. Gleichzeitig sicherten sie indirekt Santinos Privatsphäre, was ihm nur recht sein konnte.
Kate am Arm haltend, ging er vorbei an den Männern, die ihn kannten, und in das Gebäude. Vor dem Aufzug blieben sie stehen. Die Türen öffneten sich nur mithilfe einer Codekarte. Santino hatte es eilig, in seine Wohnung zu kommen, damit er endlich Kates eiskalte Finger wärmen und ihr irgendeine Gefühlsregung entlocken konnte. Seine eigenen Gefühle – Schock, Schmerz, Verwirrung – waren im Moment nebensächlich. Jetzt ging es nur um Kate, um sie und das Baby, das sie verloren hatte. Er wusste, es bedeutete das größte Unglück, das einer Frauzustoßen konnte.
Kaum betraten sie die Wohnung, kam die Haushälterin auf sie zu. Von unterwegs hatte er sie benachrichtigt. Santino bat sie um ein Glas heiße Milch und eine Decke. Anschließend führte er Kate in sein Arbeitszimmer, wo das Licht gedämpfter war als im Wohnzimmer mit den großen Panoramafenstern. Sanft drückte er sie auf die Couch vor dem Kamin, in dem ein Feuer brannte.
Gleich darauf kam die ältere Haushälterin mit der heißen Milch und einem Teller voll selbstgebackener Plätzchen. Die Decke hielt sie unter den Arm geklemmt. Wortlos stellte die Frau das Tablett auf dem Beistelltisch ab und legte die zusammengefaltete Decke neben Kate auf die Couch. Diskret verließ die ältere Frau das Zimmer und machte leise die Tür hinter sich zu.
„Kate …“ Santino war sich nicht sicher, ob sie ihn hörte. Sie saß immer noch wie versteinert da. Genau genommen zitterte sie inzwischen. Er griff nach der Decke, um sie Kate um die Schultern zu legen. Nachdem er einen Schuss Whiskey und einen Löffel Zucker in die heiße Milch getan hatte, rührte er um und hielt ihr das Glas an die Lippen. „Hier, trink das …“
Sie trank gehorsam wie ein Kind in kleinen Schlucken. Ihr Blick war leer und fand nirgends Halt, auch nicht an ihm. Nachdem endlich etwas Farbe in ihr Gesicht zurückgekehrt war, stellte Santino das Glas zurück. Energisch forderte er Kate auf, sich hinzulegen, schüttelte eins der Sofakissen auf und schob es ihr unter den Kopf. Fürsorglich zog er ihr die Schuhe aus und breitete die Decke über sie. Schließlich zog er die Vorhänge zu, damit Kate sich ausruhen konnte.
Nachdem er mehrere Telefongespräche geführt hatte, begann er vor seinem Arbeitszimmer auf und ab zu gehen. Erst als er ein Geräusch von drinnen hörte, blieb er stehen. Als er das Zimmer betrat, sah er, dass sie sich aufgesetzt hatte. Die Ellbogen auf die Knie gestützt, hielt sie ihren Kopf mit den Händen.
„Kate, bitte! Hör doch auf zu weinen. Du bist nicht mehr allein. Das stehen wir gemeinsam durch.“
„Bestimmt kannst du mir nie verzeihen“, flüsterte sie verzweifelt. „Wie auch?“
„Lass das. Es gibt nichts zu verzeihen. Viel eher muss ich mich fragen, ob ich mir je vergeben kann, weil ich so hart undungerecht zu dir war. Ich habe mich dir
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