JULIA EXTRA BAND 0273
Alles lief schief, und wenn er noch eine Nacht in dieser verdammten Wohnung verbrächte, verlöre er den Verstand. Lieber würde er auf dem nackten Boden seines Büros schlafen.
Die ganze Wohnung erinnerte ihn ständig an Stephanie. Er konnte nicht einmal mehr schlafen und verspürte den albernen Drang, in ihr leeres Bett zu kriechen. Am Ende hatte er auf dem Boden vor ihrem Bett geschlafen, ihre Bettdecke in den Armen.
Ja, er verlor zweifellos den Verstand.
Und jetzt stimmte etwas mit seinem Bruder nicht. Bei dem Anruf hatte Dominics Stimme angstvoll und gepresst geklungen.
Deshalb machte Daniel sich auch sofort auf den Weg zu ihm. Besorgt trat er in das Buchhaltungsbüro.
Dominic saß an seinem Schreibtisch, das Gesicht aschfahl. Ihm gegenüber stand John. Daniel sah von einem zum anderen.
Beide wirkten gleichzeitig wütend und bedrückt.
Schützend wollte er sich zwischen sie stellen. „Was ist los?“
„In den letzten Wochen sind immer wieder Geldbeträge von den Konten des Bella Lucia verschwunden“, erklärte John.
„Ich weiß.“ Darüber hatte Stephanie die ganze Zeit nachgedacht. Er ahnte, was nun kommen würde. Sein Vater verdächtigte Dominic, ihm Geld gestohlen zu haben.
„Stephanie hat mir ihren Verdacht mitgeteilt“, fuhr John ruhig fort.
Daniel fuhr zusammen. „Stephanie?“
Wie hatte sie das tun können? Warum hatte sie ihn nicht wenigstens gewarnt?
„Sie wollte gar nichts sagen, aber sie musste. Es hat ein bisschen gedauert, aber schließlich haben wir herausgefunden, wohin das Geld geflossen ist.“
Johns Blick ruhte auf Dominic. Zum ersten Mal bemerkte Daniel die Ähnlichkeit zwischen seinem Bruder und ihrem Vater.
„Deine Idee war simpel und brillant zugleich. Du hast dir einfach Debitoren ausgedacht und entfernte Konten eingerichtet, von denen Gelder abgebucht wurden. Jeder, der auf diese Vorgänge Zugriff gehabt hat, hätte verdächtigt werden können. Warum hast du das getan, mein Sohn?“, fragte John.
Dominic senkte den Blick. „Ich wollte mir das Geld nur leihen. Das schwöre ich.“ Er sah zu Daniel. „Du musst mir glauben, Dan. Ich brauchte so dringend Geld, dass ich einen Kredit aufgenommen habe. Dann konnte ich ihn nicht zurückzahlen, und so nahmen die Dinge ihren Lauf.“
„Kredithaie“, nickte John. „Sie finden immer einen Weg, um einen auszubluten.“
Da erinnerte Daniel sich an die beiden Männer, die Stephanie und er in Dominics Büro gesehen hatten.
„Ich wusste nicht, dass sie nicht vertrauenswürdig waren. Und selbst wenn. Ich brauchte das Geld so dringend, dass ich alles getan hätte. Das Problem trat erst auf, als ich nicht schnell genug zurückzahlen konnte und sie mich immer mehr unter Druck setzten. Sie drohten sogar, Alice und den Kindern etwas anzutun.“
Daniel sank in einen Stuhl. Sein Bruder steckte ganz tief im Schlamassel. Wenn er selbst nicht so mit dem neuen Unternehmen und Stephanie beschäftigt gewesen wäre, hätte er essicher bemerkt und ihm frühzeitig helfen können. „Warum Dom? Warum hattest du Geldprobleme?“, fragte er.
„Das verstehst du nicht.“ Dominic klang elend. „Meine Firma steckte in finanziellen Schwierigkeiten, deshalb musste sie Personal einsparen. Da ich auf einer hohen Gehaltsklasse stand, wurde mein Posten gestrichen. Ich verlor meinen Job. Und Alice erwartet wieder ein Kind – wie hätte ich ihr sagen sollen, dass ich arbeitslos bin? Sie hat immer alles bekommen, was sie wollte. Sie hätte es nicht begriffen.“
Traurig nickte Daniel. Dominics Frau hatte schon immer gern Geld ausgegeben. Als egozentrische Person hätte sie sich in einer Krise womöglich von ihrem Mann abgewandt. Ganz anders als Stephanie, die sich nicht für Geld interessierte. Sie mochte … liebte … ihn um seiner selbst willen.
Ein Schmerz durchzuckte ihn. Er durfte jetzt nicht an Stephanie denken. Jetzt musste er seinem Bruder helfen.
„Dann hast du die Stelle im Bella Lucia also nicht angetreten, um deine Familie besser kennenzulernen?“, fragte John.
„Es tut mir leid, John. Ich brauchte den Job. Darum bin ich hier.“
John schloss die Augen und atmete tief durch. Dann sah er Dominic an. „Also hast du diese falschen Konten eingerichtet und so deine eigene Familie bestohlen?“
Daniel versuchte, in Johns Gesicht zu lesen. Was ging in seinem Vater vor? Würde er seinen eigenen Sohn dem Richter ausliefern?
„Ich zahle alles zurück, das schwöre ich“, rief Dominic verzweifelt.
„So eine riesige Summe. Das
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