JULIA EXTRA BAND 0274
Santiago de Compostela anzustellen, hatte Emilia erklärt, noch nie etwas davon gehört zu haben.
Das plötzliche Klopfen an der Tür ließ Isabella erschauern. Schnell ordnete sie ihre zerzausten feuchten Haare, bevor sie ins Zimmer zurückging, um die Tür zu öffnen. Sie war nicht einmal dazu gekommen, ihr Make-up aufzufrischen. Nun ja, Leandro würde sie so akzeptieren müssen, wie er sie vorfand. Sein einnehmendes Lächeln war Balsam für ihre Seele. Dieses Gefühl der Freude steigerte sich noch, als ihre Blicke sich trafen. Isabella hatte das Gefühl zu zerfließen. Glühende Hitze durchströmte sie in einer lähmenden Welle.
„Hi.“ Ihre Hände umklammerten den Saum ihres Hemdes, als brauchte sie irgendetwas, an dem sie sich festhalten konnte, um nicht den Boden unter den Füßen zu verlieren.
„Mein Freund Benito findet, dass ich wie ein Zigeuner aussehe, den du auf der Straße nach Santiago aufgelesen hast. Er glaubt, dass ich das nette englische Mädchen verhext haben muss. Was denkst du, Isabella?“
Ihr Herz klopfte, als sie registrierte, wie Leandro bewundernd ihre Brüste musterte, bevor er seinen Blick wieder auf ihr Gesicht lenkte. „Ich glaube, dass dein Freund eine etwas zu lebhafte Fantasie hat.“ Zigeuner, Pirat, Geschichtenerzähler … Leandro Reyes war all das und mehr, dachte Isabella hilflos.
„Und wie sieht es mit deiner eigenen Fantasie aus, meine Schöne?“
Leandro sah, wie Isabellas Wangen sich röteten, noch bevor er seine Frage beendet hatte. Diese Frau war nicht fähig, ihre Gefühle zu verbergen, und er war froh darüber, festzustellen, dass ihre Gefühle in eine ähnliche Richtung zu gehen schienen wie seine. Er wollte sofort mit ihr ins Bett … er konnte es kaum erwarten. Die ganze Zeit, in der er sich mit Benito unterhalten hatte, hatte Leandro an nichts anderes denken können als an die süße Señorita, die oben auf ihn wartete. Wenn sie ihn abgewiesen hätte, wäre er außerordentlichfrustriert gewesen, und er wäre mit dieser Enttäuschung nicht leicht fertig geworden.
„Also?“ Mit vorgetäuschter Lässigkeit zuckte er die Achseln. „Ich glaube, es ist besser, wenn ich reinkomme. Dann können wir uns auch besser unterhalten.“
Isabella trat beiseite, um ihn ins Zimmer zu lassen. Dann schloss sie die Tür und beobachtete, wie er zum Bett hinüberschlenderte und sich darauf niederließ.
3. KAPITEL
„Gefällt es dir hier? Benito ist sehr stolz auf dieses Hotel.“
„Es ist wunderschön. So etwas habe ich nicht erwartet“, gestand Isabella nervös.
„Ich soll dir von ihm ausrichten, dass du es mit deiner Schönheit noch aufwertest. Aber nun musst du mir erzählen, warum du die Wanderung über den Jakobsweg machst.“ Entspannt lehnte er sich auf seine Ellenbogen zurück. Sein nonchalantes Verhalten sensibilisierte Isabella für ihr eigenes Körpergefühl. Sie fühlte sich in seiner Gegenwart zunehmend nervös. Was sie besonders verstörte, war sein durchdringender Blick, mit dem er bis in ihr Innerstes vorzustoßen schien. Sie erschauerte. Wie um das Echo ihrer Erregung aufzunehmen, peitschte draußen der Regen gegen die Fensterläden. Während sie eine feuchte Strähne ihres schwarzen Haares um ihre Finger wickelte, bat sie in einem stillen Stoßgebet um Hilfe. Noch niemals hatte sie himmlischen Beistand dringender benötigt!
„Wie ich schon sagte, schreibe ich ein Buch darüber, warum die Menschen sich zu dieser Pilgerwanderung entschließen. Mein Großvater war ein sehr gläubiger Katholik, und er hat so viel davon erzählt, dass ich …“
„Die meisten Pilger machen die Wanderung über den Jakobsweg nicht aus religiösen Gründen – wie du bestimmt schon festgestellt hast.“
Leandros umwerfendes Lächeln wirkte ein klein wenig spöttisch, und Isabella wurde klar, dass er intuitiv mehr vonihr wusste, als ihr lieb war. Mit seinen klaren grauen Augen schien er ihr direkt in die Seele zu schauen – deshalb machte es keinen Sinn, sich weiter zu verstellen.
„Ich brauchte etwas Anregung, eine neue Herausforderung.“ Langsam ging sie zum Fenster hinüber, wobei sie sorgfältig darauf achtete, dem Bett, auf dem Leandro es sich bequem gemacht hatte, nicht zu nahe zu kommen. „Ich meine, ich liebe meine Arbeit in der Bibliothek, aber aus irgendeinem Grund begann ich, eine gewisse Unzufriedenheit zu spüren, fühlte mich wie festgefahren. Aufgrund der ewigen Gleichförmigkeit hätte ich manchmal am liebsten laut geschrien! Das Leben sollte nicht
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