JULIA EXTRA BAND 0274
Hotel eingeladen haben, fand ich großartig. Ich bin sicher, es war für beide etwas Unvergessliches. Und … für mich auch.“
„Ich war Ihnen sehr dankbar, weil Sie geblieben sind“, gestand er. „Mit dem Jungen hatte ich kein Problem. Allerdings weiß ich nicht, was ich ohne Sie mit seiner Mutter angefangen hätte. Ich verstehe mich nicht sonderlich auf Small Talk mit Angehörigen.“
„Das stimmt nicht, Sie waren prima.“
„Das glaube ich zwar nicht, dennoch: danke für das Kompliment.“
Es wurde ein ausgesprochen netter Abend. Sie unterhielten sich über alles Mögliche, ganz als wären sie alte Bekannte. Nach einem köstlichen Drei-Gänge-Menü und einem leckeren Dessert schaute Lily erstaunt auf die Armbanduhr. Kaum zu glauben, wie spät es war. „Du lieber Himmel, schon nach Mitternacht!“
„Haben Sie noch andere Verpflichtungen?“
„Nein, ich bin bloß überrascht, wie schnell die Zeit vergangen ist.“ Sie sah auf die Straße, wo noch ein paar Fotografen herumstanden. „Die Ärmsten! Sie müssen sich entsetzlich langweilen.“
Conrad folgte ihrem Blick und nickte. Danach winkte er den Ober an den Tisch. „Sehen Sie die Fotografen dort draußen?“
Der Mann wandte den Kopf. „Es tut mir sehr leid, Hoheit. Ich sorge sofort dafür, dass man Sie nicht länger belästigt.“
„Nein, bitte – so war das nicht gemeint. Ich möchte, dass Sie ihnen einen Cappuccino servieren, selbstverständlich auf meine Rechnung.“
Entgeistert starrte der Ober ihn an. „Sagten Sie, ich soll den Fotografen auf Ihre Kosten Kaffee bringen?“
„Genau das sagte ich.“
Belustigt beobachtete Lily, wie der verdutzte Mann dasRestaurant verließ und mit den Fotografen sprach, um gleich darauf in der Küche zu verschwinden.
„Sie haben den Armen ganz durcheinandergebracht“, sagte sie lächelnd. Ernst fuhr sie fort: „Und das wundert mich nicht, wenn ich an einige der hohen Gäste denke, die im Montclair übernachtet haben … Sie waren, milde gesagt, ein bisschen zu egozentrisch.“
„Wie zum Beispiel meine Stiefmutter.“
Lily zuckte die Schultern. Es stand ihr nicht zu, Hotelgäste zu kritisieren, wie schwierig sie auch sein mochten.
Ohne eine Miene zu verziehen, gab Conrad dem Ober ein Zeichen, die Rechnung zu bringen. „Ich kann mir vorstellen, wie Ihnen vor unserer Ankunft gegraut hat.“
„Überhaupt nicht. Wir waren alle sehr gespannt auf Sie.“ Sie lachte verhalten. „Dass es so interessant sein würde, habe ich allerdings nicht erwartet.“
„Sollte Ihnen die Arbeit im Hotel jemals zu viel werden, können Sie jederzeit den Beruf wechseln und Filmdarstellerin werden. Sie spielen Ihre Rolle ausgezeichnet.“
„Ich weiß nicht … Für einen Oscar reicht es bestimmt nicht.“
Diskret trat der Ober an den Tisch und legte eine kleine Ledermappe darauf. Conrad warf einen Blick auf die Rechnung, entnahm seiner Brieftasche ein paar Geldscheine und schob sie darunter.
„Sind Sie so weit?“
„Ja“, erwiderte sie und stand auf. Zu spät fiel ihr ein, dass sie hätte warten sollen, damit er ihr den Stuhl zurückziehen konnte. Im Stillen ärgerte Lily sich. Ihr Talent im Umgang mit Prinzen schien nicht sehr groß zu sein.
Zusammen verließen sie den Speisesaal. Im Foyer bemerkte Lily, dass die Fotografen, durch den Kaffee frisch gestärkt, mit gezückten Kameras vor dem Ausgang warteten.
Beschützend legte Conrad ihr den Arm um die Schultern. „Ich glaube, das wäre der richtige Moment für einen Kuss“, murmelte er. „Macht es Ihnen etwas aus?“
Sie schüttelte den Kopf. Diesmal war sie vorbereitet und wusste, dass sie Theater spielten. Ganz im Gegensatz zu dem Kuss von heute Morgen.
Er zog sie sanft an sich, und Lily hob ihm die Lippen entgegen.Conrad beugte sich zu ihr, berührte ihren Mund zart – und die Welt um sie her hörte auf zu existieren. Die Stimmen im Speisesaal und das Klirren der Gläser und Bestecke verstummten. Die Fotografen auf der Straße vergaß Lily, genauso die Gäste, die Kellner – für sie gab es nur noch diesen Mann, der sie umschlungen hielt und seine Lippen auf ihre presste.
Ein Schwindel ergriff sie, sodass sie sich instinktiv an seinen starken Schultern festhielt. Lily verlor jedes Zeitgefühl, sie wünschte nur, dass dieser Moment niemals endete.
Vor ihren geschlossenen Augen schien ein gigantisches farbenprächtiges Feuerwerk zu tosen. Erst als Conrad „Ich danke Ihnen“ flüsterte und sich sacht von ihr löste, wurde ihr bewusst, dass es
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