JULIA EXTRA BAND 0274
schon sagte, ist das nicht der Hauptgrund für mein Hiersein. Ich wollte dich wiedersehen. Ich hätte schon früher Kontakt mit dir aufnehmen sollen, aber in den letzten Monaten ist so viel in meinem Leben passiert … Mein Leben ist manchmal ziemlich verrückt.“ In einer hilflosen Geste hob er die Hände.
„Mir ist klar, dass du ein viel beschäftigter Mann bist. Aber ehrlich gesagt, ist es ein ziemlicher Schock, dass du dich nach so langer Zeit meldest.“ Warum hatte er in der Bibliothek nach ihr gesucht, fragte sie sich nicht zum ersten Mal nach seinem plötzlichen Auftauchen.
„Aber kein unangenehmer Schock, hoffe ich?“
Wie könnte ein Wiedersehen mit ihm unerfreulich sein, wenn sie doch unzählige Male davon geträumt hatte? Besonders seit sie wusste, dass die gemeinsame Nacht ihren Sohn hervorgebracht hatte. Was Isabella an den eigentlichen Zweck ihres Besuches hier erinnerte. Sie hatte Angst davor, es ihm zu sagen, und fühlte sich, als müsse sie gleich dem Obersten Gericht gegenübertreten.
„Nein. Leandro … es gibt etwas, das ich …“
„Es war falsch von mir, dir meine Telefonnummer nicht zu geben“, versicherte er ihr, „aber in meiner Position ist es nicht immer leicht, anderen Menschen zu vertrauen. Verstehst du das?“
Isabella nickte. In Bezug auf Vertrauen und den Schutz der Privatsphäre dachte sie ganz ähnlich wie Leandro. „Ja, das kann ich sehr gut verstehen.“
„Jetzt möchte ich natürlich wissen, ob du mit einem anderen Mann zusammen bist, seit wir uns getroffen haben? Undwenn nicht, dann musst du mir erklären, wie es kommt, dass eine schöne und begehrenswerte Frau wie du es geschafft hat, so lange ungebunden zu bleiben?“
Ihr Herz ging auf vor Dankbarkeit, dass Leandro sie noch immer schön und begehrenswert fand, doch dann konzentrierte sie sich auf den wesentlichen Teil seiner Frage.
„Nein, ich bin mit niemandem zusammen, und das hat auch einen guten Grund. Es ist … Es ist kompliziert. Der Grund ist, dass ich ein Kind habe, um das ich mich kümmern muss.“
Leandro starrte sie schockiert an. „Aber als wir uns in Spanien kennengelernt haben, hast du gar nichts davon erwähnt.“ Er hatte natürlich gewusst, dass sie verlobt gewesen war, weil sie ihm von ihrer abgesagten Hochzeit erzählt hatte. Doch nicht einen Moment war er auf den Gedanken gekommen, dass aus dieser Verbindung ein Kind hervorgegangen sein könnte!
Isabella atmete langsam aus, bevor sie aufstand und die Arme schützend vor der Brust verschränkte. „Damals hatte ich auch noch kein Kind“, erklärte sie ernst. „Ich habe mein Baby vor neun Monaten bekommen, Leandro … einen kleinen Jungen. Sein Name ist Raphael.“
„Also hast du doch einen Mann kennengelernt, nachdem wir uns getrennt hatten?“ Dem spanischen Namen, den Isabella ihrem Sohn gegeben hatte, schenkte er keinerlei Beachtung. Stattdessen spürte Leandro heiße Wut in sich aufsteigen. Seit der Nacht, die er mit Isabella verbracht hatte, hatte er mit keiner anderen Frau geschlafen. Für einen heißblütigen Mann wie ihn war die Abstinenz manchmal qualvoll gewesen, aber die Gelegenheiten, die sich ihm geboten hatten, waren ihm uninteressant erschienen, weil ihn die Erinnerung an Isabella noch immer so erregte, dass er sich auf keine andere Frau hatte einlassen können. Und sie hatte sich zu Hause sofort einen anderen Mann gesucht und sich schwängern lassen!
„Also bist du mit dem Vater des Kindes nicht mehr zusammen?“, fragte er. „Schließlich hast du eben behauptet, dass du keine andere Beziehung hast.“
„Leandro …“ Mit ihren feingliedrigen, ringlosen Fingern strich sie sich nervös die Haare aus dem Gesicht. Dieselbensanften Hände hatten ihn in jener schwülen, langen Nacht berührt und seine Sinne bis zur Raserei erregt … „Ich habe die Wahrheit gesagt. Ich bin jetzt mit keinem anderen Mann zusammen und war es auch nicht seit unserer Nacht in Vigo! Ich weiß nicht, wie ich es anders ausdrücken soll, damit es nicht so erschreckend ist, aber … das Baby ist von dir, Leandro … Du bist sein Vater.“
Leandro brauchte eine Weile, bis Isabellas Worte in sein Bewusstsein drangen. Die Behauptung, dass er der Vater von ihrem Baby sein sollte, war so absurd, dass er sich wie von einer Hülle aus Eis umgeben fühlte. Kalt sah er sie an wie eine Fremde. Es war zwar achtzehn Monate her, dass sie in Vigo die Nacht zusammen verbracht hatten, aber er wusste genau, dass er sich geschützt hatte. Die Vorstellung,
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