JULIA EXTRA BAND 0274
Öffentlichkeit ausgeliefert sein … besonders dann, wenn sie ihn heiratete. Als jemand, der großen Wert darauf legte, ihre Privatsphäre zu schützen, war ihr die Vorstellung ein Gräuel, so im Rampenlicht zu stehen. Nervös strich sie sich die Haare mit den Fingern hinter die Ohren und zwang sich dazu, Leandros durchdringendem Blick standzuhalten.
„Leider bin ich noch nicht sehr weit. Mir fehlte bisher die Zeit … Trotzdem habe ich fest vor, es zu beenden. Ich denke oft darüber nach.“
Das war nicht gelogen. Isabella dachte auch oft über die folgenreichen Wochen nach, in denen sie den Jakobsweg entlanggewandert war, und was diese Zeit für sie bedeutet hatte. Die Wanderung hatte Isabella geholfen, ihr Selbstbewusstsein wiederzugewinnen. Seit ihrer Rückkehr hatte sie sich geschworen, sich dieses Selbstbewusstsein nicht wieder nehmen zu lassen, sich niemals wieder den Bedürfnissen und Erwartungen anderer Menschen unterzuordnen.
Am häufigsten aber erinnerte sie sich an das unvergessliche Zusammentreffen mit Leandro und an den verzauberten Abend und die darauffolgende Nacht, die sie miteinander verbracht hatten. Dieses Treffen mit Leandro hatte allesfür Isabella verändert. Sie wusste seitdem, dass sie ihr Herz nie wieder an einen anderen Mann verlieren konnte – und er hatte ihr ihren wunderschönen kleinen Sohn geschenkt. Niemand würde ihr je wieder ausreden können, dass es so etwas wie göttliche Vorsehung gab …
„Dann musst du es fertig schreiben, wenn du in Spanien bist.“ Als seine warmen Finger kurz die Unterseite ihres Kinns streiften, wurde sie von einem heißen Prickeln erfasst. „Man sollte die Bedeutung der Kunst nie unterschätzen“, versicherte er ihr heiser. „Sie ist das Geheimnis, das uns in dieser Welt dazu verhilft, unsere geistige Gesundheit zu behalten. Und es wird viel einfacher für dich sein, dich damit zu beschäftigen, wenn du nicht mehr gezwungen bist, arbeiten zu gehen.“
Auch wenn seine ermutigenden Worte Musik in Isabellas Ohren waren, so zeigten sie auch, dass er stillschweigend annahm, dass sie einverstanden damit war, nach Spanien zu gehen und dort mit ihm zu leben. Dabei hatte sie sich noch nicht entschieden. Der Gedanke machte ihr Angst. Vor allem weil sie dachte, dass er sie nur aus seinem Verantwortungsgefühl Raphael gegenüber darum bat. Was war, wenn diese tiefe Verbindung, die sie zwischen ihnen zu spüren meinte, eine einseitige war? Sie konnte Leandros Gefühle ihr gegenüber nicht einschätzen. Vielleicht hatte er nur nach ihr gesucht, weil er gerade in London gewesen war und die Gelegenheit für ein weiteres heißes Zusammensein mit ihr gesehen hatte. Und war jetzt auf Grund ihres gemeinsamen Sohnes an eine Frau gebunden, für die er möglicherweise nur sexuelle Gefühle hatte. Isabella fühlte sich gekränkt und enttäuscht. Sie wusste, dass sie diesen Mann niemals heiraten konnte, wenn er sie nicht liebte.
„Es tut mir leid, Leandro, aber ich bin ziemlich überrumpelt von den Erwartungen, die du an mich hast. Erst bestehst du darauf, dass wir sofort mit dir nach Spanien ziehen, und dann teilst du mir mit, dass wir heiraten müssen! Du sagst, dass es das Beste für Raphael ist, wenn wir zusammenleben, aber kannst du dir da wirklich so sicher sein? Wäre es nicht möglich, dass es besser für ihn wäre, wenn er hier bei mir lebt und dich immer sehen kann, wenn es dir möglich ist, nach England zu kommen? Er fühlt sich sehr wohl in seinerKrippe. Sie wird von einer guten Freundin von mir geleitet, und ich weiß, dass sie für die beste Betreuung sorgt. Was uns angeht … Wir haben einmal zusammen geschlafen und haben ein Kind gezeugt. Das garantiert nicht, dass eine Ehe zwischen uns funktionieren würde oder dass wir bessere Eltern wären, wenn wir zusammen sind. Meiner Meinung nach brauchen wir beide mehr Zeit, um nachzudenken und dann die beste Lösung zu finden. Siehst du das nicht auch so?“
Ihr Appell an sein Verständnis hatte leider nicht die erhoffte Wirkung. Leandro wandte sich für einen Moment von ihr ab, doch nicht bevor Isabella die Wut und Ungeduld in seinen Augen aufblitzen sah.
„Ich kann dir nicht mehr Zeit geben!“, erklärte er. „Hast du mir denn nicht zugehört? Ich habe dir doch schon gesagt, dass ich in drei Tagen wieder in Madrid sein muss. Bei meiner Arbeit ist es nicht möglich, dass mich jemand vertritt, während ich mir eine Auszeit nehme. Eine teure Filmcrew und teure Schauspieler rechnen damit, dass ich
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