JULIA EXTRA BAND 0274
sie sich albern und lächerlich verhielt, sich unrealistischen Hoffnungen hingab. Ganz bewusst verdrängte sie dieses Gefühl.
Beim Aussteigen aus Leandros Wagen, den er vor seiner Abreise am Flughafen abgestellt hatte, erschauerte sie ein wenig in der kühlen Abendluft, doch ihre Sinne waren sofort entzückt vom harzigen Geruch der Erde. Sie war voller Liebe zu diesem Land aufgewachsen, weil ihr Großvater ihr soviele Geschichten über seine Heimat erzählt hatte. Jahrelang war es ihr größter Wunsch gewesen, das Land ihrer Vorfahren mit eigenen Augen zu sehen. Das war auch der Grund, warum sie sich danach gesehnt hatte, den Jakobsweg entlangzuwandern. Irgendwie hatte diese Pilgerfahrt sie dem Geist ihres Großvaters und Spanien noch nähergebracht und hatte ihr außerdem geholfen, zu entdecken, was ihr eigenes Herz begehrte.
Verstohlen sah sie zu Leandro hinüber, der gerade ihr Gepäck aus dem Kofferraum des Wagens nahm, und ihr Herzschlag begann, sich zu beschleunigen. Vielleicht war es ja doch die richtige Entscheidung gewesen, sich für die Rückkehr nach Spanien zu entscheiden.
„Ist er eingeschlafen?“
„Ja … das ging sehr schnell heute. Ich vermute, der Flug und das Reisen haben ihn müde gemacht.“
„ Sí … da wirst du wohl recht haben.“
Sofort entdeckte er die Besorgnis in ihrem Gesichtsausdruck, die sie nicht zu verbergen vermochte. Leandro hätte zu gern gewusst, was sie von der Tatsache hielt, dass er sie sofort in seinem Schlafzimmer einquartiert hatte – ihr Koffer stand neben seinem am Fuße des großen Messingbettes, in dem er sonst alleine schlief. Sie würden bald Mann und Frau sein, und er sah keinen Sinn darin, sie im Zweifel über seine Absichten zu lassen, indem er ihr ein eigenes Zimmer gab. Besonders da er sich schon seit achtzehn Monaten danach sehnte, erneut das verzückte Gefühl zu erleben, das ihr Körper an seiner Seite in ihm auslöste.
Raphaels Reisebettchen hatte Leandro erst einmal auf Isabellas Seite des Betts aufgebaut. Morgen würde seine Mutter dann die schön geschnitzte Wiege bringen, in der er schon selbst als Baby geschlafen hatte. Er hatte sie nur mit Mühe davon abhalten können, schon heute Abend vorbeizukommen, weil sie so begierig darauf war, ihren Enkelsohn zu sehen, aber Leandro hatte ihr klargemacht, dass Isabella und Raphael nach der Reise erst einmal etwas Ruhe benötigten.
„Du siehst müde aus. Mach es dir doch bequem“, schlug er vor und versuchte, seine aufgewühlten Sinne hinter einem kühlen Blick zu verbergen. Der Anblick von Isabellasherausfordernder Schönheit ließ ihn ganz und gar nicht kalt. Schweigend sah er ihr zu, wie sie zu einem Sofa hinüberging, das mit traditionellem andalusischen Stoff bedeckt war, und sich setzte. Sie sah wirklich wie eine echte Spanierin aus – eine bezaubernde Señorita mit pechschwarzen Augen und einem süßen, sündigen Lächeln.
„Das ist ein sehr schönes Zimmer“, bemerkte sie und betrachtete ihre Umgebung mit offensichtlichem Wohlgefallen.
Wohin sollte sie zuerst schauen? Isabellas Sinne waren verwirrt und entzückt von den lebhaften Farben, in denen der Raum ausgestattet war. Farben, die eigentlich nicht zusammenpassten, es aber doch taten. Von dem überraschenden Rosarot der Wände bis zu den Bezügen der Stühle und Sofas in allen Regenbogenfarben und den wunderschön gewebten indischen Teppichen, die den Fußboden aus Steinfliesen bedeckten. Es war die Kreation eines Künstlers. Ganz zweifellos war dieses Haus von jemandem gestaltet worden, der tief in der spanischen Kultur verwurzelt war.
„Ich bin froh, dass es dir gefällt, Isabella. Dies hier ist mir das liebste meiner Häuser, und hier werden wir die meiste Zeit zusammen verbringen.“
„Dein liebstes Haus?“, erkundigte sie sich.
„Ich besitze auch Villen in Pontevedra und in Paris, wo wir auch hin und wieder wohnen werden. Aber Madrid ist mein Zuhause, und ich versuche, den größten Teil meiner Arbeit hier zu erledigen. Ich finde, dass es auch wichtig ist, die Wirtschaft zu unterstützen, indem man einheimische Talente und Locations nutzt. Möchtest du etwas trinken? Wein oder Saft vielleicht? Hier in Spanien haben wir die Angewohnheit, sehr spät zu Abend zu essen … manchmal erst gegen dreiundzwanzig Uhr. Macht dir das etwas aus?“
„Nein, ganz und gar nicht. Ich habe im Flugzeug gegessen und bin jetzt nicht hungrig. Und zu trinken brauche ich im Moment auch nichts, danke.“
Als er seine Arbeit erwähnt hatte,
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