JULIA EXTRA Band 0276
Wahl? Wollte sie überhaupt eine Wahl haben? Nein, und deshalb riskierte sie auch einen gebrochenen Knöchel, während sie auf ihren Stilettos hinter ihm durch den Sand stakste.
Mikos bemerkte ihre Schwierigkeiten und blieb stehen. „Zieh die Schuhe aus“, riet er ihr und kniete sich vor ihr in den Sand. „Halte dich an meiner Schulter fest!“
Ihr kam nicht einmal in den Sinn zu protestieren, so sehr war sie von seinen warmen Händen an ihren Fußgelenken fasziniert. Mit einer Hand stützte sie sich auf seinen starken Schultern ab und hob ihm erst einen Fuß entgegen, dann den anderen.
„Bitte schön“, sagte er schließlich. „Wie fühlt es sich an?“
Der Sand drückte sich sanft und kühl wie Puderzucker gegen ihre Fußsohlen. „Himmlisch“, gab sie zu und seufzte erleichtert. Insgeheim machte es ihr aber große Sorge, wie schnell sie sich seinem Willen beugte. „Und was jetzt?“, fragte sie etwas schärfer.
„Wir spazieren am Wasser entlang zum Dorf zurück. Das sind etwa drei Kilometer, und es dauert nicht länger als eine halbe Stunde.“
Im Grunde dauerte es dann fast zwei Stunden. Sie hielten Händchen, und von Zeit zu Zeit blieben sie stehen und küssten sich zärtlich. Die Ausläufer der seichten Wellen umspülten ihre Füße, und für die wenigen Stunden fühlte Gina sich wie im Märchen. Ein gut aussehender Prinz entdeckt Cinderella und befreit sie, wenn auch nur für einen kurzen Augenblick, aus der Tristesse ihres realen Lebens.
Selbst als die Ziegeldächer des Dorfes in Sichtweite waren, hörte der Zauber nicht auf. Mikos führte sie an ein paar Fischerbooten vorbei über einen hölzernen Pier bis hin zu einem kafinion, das direkt am Strand lag und den köstlichen Geruch starken Kaffees verbreitete. Schwaches gelbes Licht wurde auf ein paar eiserne Tische und Stühle geworfen, die auf einer verfallenen Veranda standen.
„Setz dich doch.“ Er zog einen der Stühle für sie zurück.
Als sie sich hinsetzte, fröstelte sie vor Kälte. Mikos bemerkte es und legte ihr galant sein Jackett um die Schultern. Er selbst war noch barfuß, genau wie sie. Sein Hemd war am Kragen aufgeknöpft, und die aufgekrempelte Hose war unten vom Meerwasser durchnässt.
Obwohl Mikos seinen teuren Designeranzug ruiniert hatte, bewegte er sich mit einer sicheren Haltung und Lässigkeit, die ihn von den meisten anderen Menschen unterschied.
In diesem Moment erschien der Inhaber des Cafés.
„Der Kaffee hier ist vermutlich stärker, als du ihn gewohnt bist“, warnte Mikos sie und schob ihr eine der Tassen mit schwarzbraunem Gebräu entgegen, die der Wirt zusammen mit einer Flasche Wasser auf den Tisch gestellt hatte. „Aber so mögen wir Griechen unseren Kaffee. Ganz besonders dann, wenn wir die Nacht über auf den Beinen waren.“
„Der ist gut“, behauptete Gina und verkniff sich eine Grimasse, als der Kaffee sich schmerzhaft seinen Weg durch ihre Speiseröhre bahnte. „Ähm, musst du heute arbeiten?“
„Nein. Am Wochenende kann ich tun und lassen, was ich will. Was ist mit dir?“
Ich kann natürlich auch über meine Zeit frei verfügen, spottete sie in Gedanken und stürzte ein ganzes Glas Wasser auf einmal hinunter. „Ich werde meine Notizen überarbeiten und mich an den Artikel setzen.“
„Nachdem du Schlaf aufgeholt hast, nehme ich an.“
„Natürlich“, seufzte sie und spürte, wie sich ihre Märchenwelt langsam in Luft auflöste. Denn Mikos versäumte es, ein weiteres Treffen später am Tag vorzuschlagen.
Stattdessen lehnte er sich auf seinem Stuhl zurück und sah Gina direkt an. „Hast du genug Material zusammen, um deinen Arbeitgeber zufriedenzustellen?“
Du brauchst mir absolut nichts zu liefern, Gina, das weißt du!
Lorne MacDonalds Worte klangen noch in ihrem Ohr. Ihr ehemaliger Boss hatte ihr den Presseausweis für Tyros’ Geburtstagsparty gegeben.
Ich bin froh, wenn ich dir irgendwie helfen kann. Aber falls es dein Gewissen beruhigt, gib mir etwas, das ich veröffentlichen kann: Namen von Reichen und Berühmten, was haben die Damen getragen, was gab es zu essen und zu trinken, wer mit wem und so weiter. Du kennst das ja. Hast es in den guten alten Tagen alles durchgemacht.
„Nicht wirklich“, antwortete sie matt. „Ich habe auf ein Interview mit Mr. Tyros persönlich gehofft, aber da habe ich mir wohl zu viel versprochen.“
„Definitiv. Angelo gibt nur noch sehr selten private Interviews. Aber wenn du Fragen hast, schieß los! Vielleicht kann ich sie dir
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