JULIA EXTRA Band 0276
herauszufinden, ob es funktioniert, aber wie auch immer …“, wechselte er übergangslos in einen sachlichen Tonfall. „Es gibt da einige geschäftliche Dinge, die keinen Aufschub dulden, über die wir reden müssen. Ein gemeinsames Essen morgen wäre eine gute Gelegenheit dazu.“
Charlie blieb misstrauisch. „Was für geschäftliche Dinge?“
„Darüber reden wir morgen.“ Wieder schaute Marco auf seine Uhr und stieg abrupt aus dem kleinen Wagen. „Ich muss jetzt ins St. Agnes Hospital, mich um zwei Neuzugänge kümmern …“, erklärte er beim Gehen.
Damit war sie offenbar für heute entlassen und restlos verwirrt. Wie sollte sie die Einladung zum Lunch nun auffassen, als Date oder als Arbeitsessen?
„Habe ich das richtig verstanden? Nachdem du deinem Boss erklärt hast, du seiest einer intimen Beziehung zu ihm – die ausschließlich auf gleichen Einstellungen beruht – nicht abgeneigt, hat er dich zum Essen eingeladen?“
„Ich habe kein Wort von intim gesagt“, korrigierte Charlie hastig. „Und auch nicht, dass es um eine Beziehung mit ihm geht. Es war eine rein hypothetische Diskussion. Er hat nur versucht, mir die Worte im Mund umzudrehen … genau wie du!“
„Hmm …“ Karen musterte ihre Freundin mit erhobenen Brauen.
„Ich wollte ihn nur davon überzeugen, dass ich nicht hoffnungslos romantisch bin“, verteidigte sie sich weiter.
Charlie hatte ihre Freundin angerufen, sobald sie zu Hause war, um ihr von den verstörenden Vorfällen dieses ungewöhnlichen Arbeitstages zu berichten. Karen hatte sich sofort auf den Weg gemacht und bemühte sich nun aufrichtig, Klarheit in Charlies verworrene Andeutungen zu bringen. Doch bisher wollte es ihr nicht so recht gelingen.
Möglicherweise lag es ja daran, dass Charlie ihren spontanen Anruf längst bereute und das peinliche Interview so schnell wie möglich beenden wollte.
„Und alles nur, weil diese Sarah Heart behauptet, du seiest in deinen Boss verknallt?“
„Teilweise … na ja, Marco kann ziemlich herablassend sein, wenn es um Menschen geht, die eher … emotional als vernünftig sind, verstehst du?“
„Nein.“
Charlie seufzte und stellte eine Kanne Tee und zwei Becher auf den Küchentisch. „Ist ja auch egal. Lass uns das Ganze vergessen. Ich habe nicht vor, mit ihm auszugehen und damit basta .“
„Warum nicht?“, fragte Karen und schenkte beide Teebecher voll. „Nach dem, was ich von ihm in den Illustrierten gesehen habe, ist er ein echter Zischer.“
„Ja, er sieht nicht schlecht aus“, bestätigte Charlie in leichtem Ton. „Aber er ist mein Boss … und in den wichtigen Dingen sind wir eben doch nicht einer Meinung. Im Gegensatz zu mir glaubt er, dass Liebe nicht das Wichtigste in einer Beziehung ist.“
„Du hast ihn also angelogen … na und? Ist doch nur eine Theorie.“
„Es ist die Hauptthese, die er in seinem neuen Buch vertritt, und es ist ihm sehr ernst damit.“
„Dann spiel ihm doch einfach weiter Miss Vernünftig vor“, riet Karen und grinste plötzlich. „Du brauchst ihm ja nicht zu verraten, dass dein Lieblingsfilm Schlaflos in Seattle ist.“
Charlie lachte.
„Außerdem ist er ja nur noch für einen Monat dein Boss, dann läuft der Zeitvertrag aus.“ Ohne Charlies entsetzten Gesichtsausdruck wahrzunehmen, reckte Karen sich genüsslich und fuhr mit beiden Händen durch die kurzen roten Locken. „So gesehen könntest du ruhig eine kurze Affäre mit ihm riskieren, um zu sehen, wie’s läuft.“
„Und mir dabei womöglich die Finger verbrennen?“ Charlie schüttelte den Kopf. „Lieber nicht. Außerdem habe ich ihn ohnehin bereits abblitzen lassen. Wenn wir uns morgen treffen, geht es nur ums Geschäft, und damit scheint er ganz zufrieden zu sein.“
„Du hast also immer noch Angst davor, verletzt zu werden“, konstatierte Karen. „Aber du kannst dich nicht für immer vor den Männern verstecken, wie du es nach deiner Scheidung getan hast, Charlie. Du solltest wirklich endlich wieder ausgehen und Spaß haben.“
„Ich weiß.“ Charlie griff nach ihrem Becher und nahm einen großen Schluck Tee. „Aber ich glaube nicht, dass Marco dafür der Richtige ist. Und jetzt will ich nicht mehr über ihn reden. Wie läuft es bei dir in der Agentur?“
Zu ihrer Erleichterung ließ Karen das Thema fallen und schien aufrichtig froh zu sein, quasi im Gegenzug etwas von ihrem Alltagsfrust bei der Freundin abladen zu können. Charlie wusste genau, wie hektisch und chaotisch es in der
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