JULIA EXTRA Band 0276
geliebt“, sagte Louise, als sei nichts passiert. Sie nutzte die Gelegenheit, um sich an der Lehne eines Stuhls abzustützen, weil ihre Knie zitterten. Lange sah sie sich im Raum um und tat alles, um Max nicht ansehen zu müssen.
„Wie im Theater“, stimmte er ihr zu.
Hinter den Kulissen bereiteten hervorragende Köche das Essen zu, und hier waren die Tische perfekt gedeckt mit blütenweißem Leinen, poliertem Silber, Gläsern und frischen Blumen. Kein Theater, dachte Louise. Sondern die prunkvollste Oper, die sie je erlebt hatte. Alles wartete nur darauf, dass das Publikum erschien, der Dirigent seinen Stab hob und die Vorstellung begann.
Bis vor wenigen Monaten war das ihr Vater gewesen. Dieses Restaurant mit den angrenzenden Büroräumen bildete das Herzstück, von dem aus er das Bella Lucia-Imperium regiert hatte.
„Beinahe hätte er es verloren“, sagte Louise mehr zu sich selbst. „Und alles wegen eines Sohnes, den er vor wenigen Monaten noch gar nicht kannte.“
„Für dich hätte er dasselbe getan, Lou.“
Hätte er?
Als Daniel und Dominic auftauchten, die beiden unbekannten Zwillingssöhne von John Valentine, waren sie wie verlorene Söhne aufgenommen worden. Während John Louise weiterhin als selbstverständlich hinnahm. Als wäre das nicht genug, erfuhr sie dann auch noch, dass sie gar nicht Ivys und Johns leibliche Tochter war.
Mit einem Mal hatte Louise sich wie unsichtbar gefühlt und ausgeschlossen.
Blut ist dicker als Wasser.
„Er hätte nicht gemusst …“ Sie bemühte sich um einen gelassenen Ton.
Das ist leicht dahingesagt, flüsterte eine Stimme in ihrem Inneren. John Valentine hätte dir alles gegeben. Genau genommen hat er tatsächlich alles für dich getan …
Und deshalb war sie hier – um ihre Schuld abzutragen.
„Vergiss die Vergangenheit, Lou“, sagte Max eindringlich und nahm ihre Hand. „Das Bella Lucia ist immer noch da und wir auch. Nur die Zukunft zählt jetzt. Wir expandieren. Das Restaurant in Qu’Arim macht den Anfang, bald wird es Bella Lucia in der ganzen Welt geben. Willst du nicht daran teilhaben?“
Nein! Doch …
Das ganze Leben lang, schon als kleines Mädchen, hatte sie davon geträumt, die Fäden zu ziehen, am Erfolg des Restaurants mitzuwirken, an der Seite ihres Vaters. Doch Max, älter und männlich, noch dazu der erstgeborene Enkelsohn, war ihr immer voraus gewesen.
Jetzt versuchte er, sie zurückzuholen, doch das Bella Lucia bliebe sein Reich. Sie käme immer nur an zweiter Stelle. Für den Vater an zweiter Stelle zu kommen war natürlich. Doch für Max … das reichte ihr nicht.
Warum musste es auch ausgerechnet er sein?
Die Belegschaft hatte ihm immer vertraut, sich immer an ihn gewendet. Das Bella Lucia war seine Familie, und genau deshalb würde sie alles in ihrer Macht Stehende tun, um ihm bei der Expansion zu helfen.
Das wollte sie für ihn tun, für ihren Vater und für die Valentine-Familie, die sie so lange für die eigene Familie gehalten hatte. Und letztlich tat sie es auch für sich selbst, denn danach könnte sie mit einem reinen Gewissen und ohne Reue gehen.
„Lou?“
„Ja“, sagte sie. Von nun an würde sie zu allem Ja sagen, zumindest bis zum vierzehnten Februar.
„Bist du nicht überzeugt?“ Louise lachte. „Du hast doch gesagt, dass du ein Nein nicht gelten lässt.“
Den ganzen Tag waren ihre Nerven zum Zerreißen gespannt gewesen. Doch dann verlief das Treffen mit ihrer Mutter besser als erwartet, und Max hatte in der Galerie auf sie gewartet und wenigstens einmal sein Versprechen gehalten.
Keine Sekunde zweifelte sie daran, dass ihn die schiere Verzweiflung dazu getrieben hatte. Doch dass er es getan hatte, bewies, wie viel ihm an ihrer Hilfe lag. Er brauchte sie, und die Familie baute auf sie. Endlich nahm man sie ernst.
„Momentan bin ich noch mit dem Relaunch von HOTfood beschäftigt, aber sobald das abgeschlossen ist …“
„Wann?“, fragte er ungeduldig. „Wann kannst du anfangen?“
„Nach der Party am Freitag.“ Sie sah zu ihm. „Danach gehöre ich ganz dir.“
Erst als sie sich eine lose Strähne hinters Ohr streichen wollte, bemerkte sie, dass Max immer noch ihre Hand hielt. Sie erinnerte sich, wie er ihr einmal, vor vielen Jahren die Hand gereicht hatte, als sie mit Jack und ihm über die Klippen gekraxelt war.
Wie er sich umgedreht und auf sie gewartet hatte. Und wie beschützt sie sich damals fühlte …
„Rennen dir die Klienten nicht die Türen ein?“
„Eigentlich nicht.
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