JULIA EXTRA Band 0281
Augen verblasste ein wenig. „Das war er.“
„Sehr attraktiv und eindrucksvoll“, kommentierte Tom.
„Das fand ich auch immer“, bestätigte sie.
„Und was hatte er zu sagen?“
Sie verschränkte die Arme und musterte ihn kritisch. „Was sollen die vielen Fragen?“
„Man wird sich doch noch unterhalten dürfen“, konterte Tom.
„Unterhalten, ja. Mich verhören: Nein. Was willst du mir eigentlich wirklich sagen?“
Er blickte auf seine Hände mit den von der Arbeit schmutzigen Nägeln. „Ich versuche zu verstehen, wieso du hier so strahlend hereinschwebst, nachdem der Mann, der dir das Herz gebrochen und deine Träume zunichtegemacht hat, unerwartet nach einem halben Jahr auf deiner Schwelle stand.“
„Wäre es dir lieber, ich wäre in Tränen aufgelöst?“
„Nein, mir wäre lieber, du wärst total wütend auf ihn.“
Sie errötete, und ihre Augen begannen zu funkeln. Nun war sie tatsächlich wütend, aber nicht auf Carl, sondern auf Tom.
„Und wenn ich nicht wütend werden will? Was willst du dagegen unternehmen?“ Sie zog die eine fein geschwungene Braue hoch.
„Wieso willst du das nicht? Maggie, er sollte wissen, wie gut es dir hier inzwischen geht, und es sollte ihm wehtun. Weil du den Mut hattest, ein neues Leben zu beginnen, ohne dass du dabei anderen wehgetan hast. Ich finde das jedenfalls ganz schön tapfer.“
„Du meinst, ich habe ihm zu schnell verziehen? Und dass er für das, was er mir angetan hat, bezahlen soll?“
„Genau!“
„Glaubst du auch, du musst dein Leben lang dafür bestraft werden, dass du nicht bei Tess warst, als sie starb?“
„Wie bitte?“ Wie kam sie denn jetzt darauf? Und was hatte es mit ihrem Problem zu tun?
„Tom!“ Maggie nahm seine Hand und zog ihn ein Stück näher zu sich. „Dass ich von Melbourne hierherzog, war logisch, weil ich hier – nur eine Stunde von der Stadt entfernt – schon ein Haus besaß. Du bist ans andere Ende des Kontinents gezogen, von der schnelllebigsten Metropole Australiens in ein verträumtes Städtchen. Glaubst du, es würde Tess gefallen, dass du dich hier versteckst?“
„Wir wollten uns eigentlich nicht über mich unterhalten“, protestierte er.
„Ich schon. Und nun überleg mal, was du hier tust. Du bist der Mann für alles. Für sie konntest du nichts mehr tun. Das versuchst du jetzt zu kompensieren, indem du nur noch für andere da bist.“
Kurz fragte sich Tom, ob sie mit seinem Cousin gesprochen hatte, der gern dasselbe behauptete. „Ich arbeite nun mal gern mit meinen Händen“, begann er sich zu rechtfertigen.
„Unsinn!“ Sie ging zur Spüle und fing an, das Geschirr abzuwaschen.
„Wie bitte?“
„Was du sagst, ist lauter Unsinn“, wiederholte sie. „Du willst mir helfen, nein, mehr noch, mir beistehen, aber ich brauche keinen Vaterersatz mehr, auch keinen Ritter oder Schutzengel. Ich brauche Freunde und Beziehungen, die auf Gleichberechtigung beruhen. Ich will in Zukunft, dass das Geben und Nehmen gerecht verteilt ist.“
Tom war sprachlos. Er hatte nie wieder in die Lage kommen wollen, wo er alles versuchte, um einem anderen Menschen ein besseres Leben zu verschaffen. Aber genau das tat er jetzt. Maggie glücklich zu machen, war sein Herzensanliegen, er wollte helfen, trösten, alles wiedergutmachen … Und es hatte ihn viel Mühe gekostet, sich das einzugestehen und seine innere Distanz zu überwinden.
Wusste Maggie das denn nicht? Oder wollte sie es nicht wissen?
„Na ja. Dann geh ich jetzt mal lieber wieder an die Arbeit“, sagte Tom schließlich niedergeschlagen.
„Ja, wie ich gehört habe, ist deine Chefin eine Sklaventreiberin. Also: Spute dich! Wie wir Sklaventreiber sagen.“
„Zu Befehl!“ Verwirrter und frustrierter als jemals zuvor im Leben verließ Tom die Küche.
Spätabends saß Tom an der Bar des Sorrento Sea Captain und trank bereits sein drittes Bier, als Alex hereingestürmt kam, das Haar zerzaust, einen Fleck Grießbrei vorn auf dem Hemd.
„Okay, da bin ich. Du kannst die Kavallerie nach Hause schicken.“ Alex setzte sich auf einen Barhocker und bedeutete dem Barmann, dass er auch ein Bier wolle. „Wo brennt es denn nun?“
„Ich brauche einen Rat.“
Alex blinzelte erstaunt. „Von mir?“
„Ja. Du bist der Einzige, den ich kenne, dessen Beziehung länger als eine Feriensaison gedauert hat“, erwiderte Tom zynisch.
„Na gut. Erzähl!“
„Es geht um Maggie.“
„Also, Tom …“
Tom hob die Hand. „Hör mich erst mal an. Kein
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