JULIA EXTRA Band 0281
das sie beinahe unbewusst getrunken hatte, machte sie – zusammen mit dem Jetlag – unendlich müde.
„Mir fallen gleich die Augen zu“, sagte sie deshalb. „Ich gehe ins Bett.“
War da etwa wieder dieses Blitzen in seinem Blick? Ach, sie war einfach zu müde, um sich damit auseinanderzusetzen.
„Ich sehe dich dann morgen früh“, murmelte er und griff nach seinem Weinglas.
Clare ging in die kühle Eingangshalle. Sie fröstelte, da sie nach der Wärme, die draußen noch herrschte, nicht auf die Kühle des klimatisierten Hauses gefasst gewesen war. Oder lag es doch an etwas anderem?
Xander folgte ihr mit seinem Blick. Gut, dass Clare den Ausdruck darin nicht mehr sehen konnte. Denn der war seltsam, ebenso wie Xanders Stimmung. Sie hatte sich tatsächlich verändert. Sie war eine andere als die, an die er sich erinnerte.
Er kannte nur die reservierte, ja schüchterne Frau, die sich bei ihrer ersten Begegnung kaum getraut hatte, ihn anzusehen. Die Frau, die ohne zu murren seine Geliebte geworden war. Deren kühle, unaufdringliche Schönheit ihn gefangen genommen hatte. Sie war ein faszinierender Kontrast gewesen zu der raffinierten, aber aufdringlichen Art der vorherigen Geliebten, deren Charme ihn zunehmend gelangweilt hatte.
Clare hatte sich mühelos in sein Leben eingefügt. Er hatte ihr alles gegeben, was er einer Frau zu bieten hatte. In jeder Hinsicht. Und sie hatte es genossen, oder täuschte er sich da? Nein, er liebte die Frauen und wollte auch, dass sie ihren Spaß hatten. Das war ihm immer wichtig gewesen. Bei Clare aber war es anders.
Er hatte sie mitgenommen, weil er ihre Gesellschaft schätzte. Auf eine gewisse Art waren sie wie ein eingespieltes Team. Clare stellte keine Ansprüche, sie war anschmiegsam, ruhig und gefasst … eben die klassische englische Rose ohne Dornen.
Er verzog den Mund. Tja, das war jetzt vorbei. Jetzt fuhr sie ihre Krallen aus und forderte ihn verbal heraus, fauchte und widersprach ihm. Auch das übte einen ungewohnten Reiz auf ihn aus. Er hatte sie unterschätzt. Vielleicht hatte aber auch er sich verändert.
Damals, als er sie verlassen hatte, wollte er ihre Nähe nicht mehr. Ja, Xander musste sich selbst sogar eingestehen, dass er diese Ruhe, die Clare ausstrahlte, diese wortlose, sinnliche Harmonie fürchtete. Eine Ruhe vor dem Sturm, so schoss es ihm manchmal in den Sinn. Wie recht er doch behalten hatte. Clare konnte auch ein ganz anderes Gesicht zeigen. Sie war kämpferisch, eine komplexe Persönlichkeit mit einem starken Charakter. Das wusste er nun.
Aber sie widersetzte sich ihm und weigerte sich, das zu tun, was das Beste für seinen Sohn war. Sein Sohn, den sie ihm hatte vorenthalten wollen. Xanders Ausdruck wurde härter. Clare mochte eine Kämpfernatur sein, doch er wusste einen Kampf für sich zu entscheiden.
Würde sie merken, warum er sie hierhergebracht hatte? Er hob das Glas an den Mund und genoss das reiche, teure Bukett des Weines. Seine Augen glitzerten geheimnisvoll.
Erst, wenn es für sie viel zu spät war …
8. KAPITEL
Clare lag auf einer gepolsterten Liege am Strand im Schatten einer Kokospalme und blickte hinaus aufs glitzernde, hellblaue Wasser.
Sie waren jetzt schon eine Woche hier. Und es war die schwierigste Woche ihres Lebens gewesen. Nicht einmal die Tage nach ihrer Trennung oder die Zeit nach Joeys Geburt waren damit zu vergleichen. Selbst der Albtraum, Xander noch einmal unvorbereitet wiedergesehen zu haben, war nicht annähernd so schlimm gewesen.
Jeder Tag, der hier verging, schien schwieriger zu werden als der Tag davor. Damit Joey nichts davon mitbekam, gab sie wirklich ihr Bestes. Sie bemühte sich, ruhig und normal zu wirken, um die Emotionen vor ihm zu verbergen, die sie ununterbrochen quälten. Sie behandelte Xander höflich, um Joey ja nicht aufzuregen. Aber das alles fiel ihr so unglaublich schwer.
Doch scheinbar nur ihr. Joey, das konnte sie Tag für Tag mit eigenen Augen sehen, war so glücklich wie noch nie … und Xander erging es ebenso. Beide genossen die gemeinsame Zeit, als hätten sie aufeinander gewartet und als wäre es das Selbstverständlichste auf der Welt, miteinander zu spielen, zu raufen und Spaß zu haben.
Ihr Blick schweifte zu den beiden Gestalten im Meer. Die eine war klein und kämpfte mit ihren Schwimmflügeln; die andere war groß, sonnengebräunt und muskulös. Sie beobachtete, wie Joey Xander einen riesigen Wasserball zuwarf. Dieser versuchte deutlich übertrieben, zur Seite zu
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