JULIA EXTRA Band 0281
finden?“
Eine höfliche Frage, deren wahren Sinn Giovanni sofort erfasste. Lächelnd begegnete er Maliks Blick. „Mehr als angemessen“, bestätigte er.
Alexa, die das Gespräch zwischen den Männern mitgehört hatte, blickte empört auf. Mehr als angemessen? Was würde diese ausgesuchte Runde sagen, wenn sie plötzlich mit der Wahrheit herausplatzte, dass sie es nämlich überhaupt nicht gut fand, ein Schlafzimmer und ein Bett mit ihrem entfremdeten Mann zu teilen, und zu allem Überfluss nicht einmal sicher war, wie sie ihm widerstehen sollte?
Selbstverständlich verboten es ihre Manieren, ihre Gastgeber derart zu brüskieren. Stattdessen wandte sie sich lächelnd an Laura, die ihr, ebenso wie ihr zukünftiger Schwager, gleich zu Beginn das familiäre Du angeboten hatte. „Bist du wegen der Hochzeit nervös?“
Laura warf ihrem Bräutigam einen verstohlenen Blick zu, doch der schien vollkommen in ein Gespräch mit Giovanni über die berühmten Rennpferde des Scheichs vertieft. „Ich sollte nervös sein“, antwortete sie aufrichtig. „Wenn man allein an die illustren Gäste aus sämtlichen Königshäusern der Welt, aus Politik und Gesellschaft denkt, ganz zu schweigen von den Fotografen und der Presse. Aber, offen gestanden, ich liebe Xavier so sehr, dass mir das alles gleichgültig ist. Von mir aus könnten wir barfuß an einem einsamen Strand heiraten!“
„ Fantastique!“, mischte sich Xavier ein, der offenbar ihre letzten Worte mitgehört hatte. Er zwinkerte Alexa zu. „Alle Welt spricht von der Hochzeit des Jahres, und ich stelle fest, wenn es nach Laura ginge, hätten wir genauso gut auf die Malediven durchbrennen können!“
„Weil du für mich die einzig wichtige Person bist“, protestierte Laura.
„Bin ich das, chérie?“, fragte er zärtlich.
Es fiel Alexa schwer, die beiden nicht um ihre Liebe und ihr ungetrübtes Glück zu beneiden. Unwillkürlich dachte sie an ihre Verlobung. Sie war damals genauso selig gewesen. Nun aber begriff sie, dass Giovanni und sie durch ihre unrealistischen, überzogenen Erwartungen an den anderen das Unglück förmlich heraufbeschworen hatten. Anders als Xavier und Laura, die sich so, wie sie waren, respektierten, hatte Giovanni sie damals nahezu wie ein Göttin verehrt, und Alexa war so verliebt … und so jung und unerfahren … gewesen, dass sie über glühende Kohlen gelaufen wäre, um diesem wunderbaren Mann zu gefallen. Hatte sie ihn deshalb auch unbewusst in dem Glauben gelassen, sie wäre noch Jungfrau? Der Gedanke erschreckte sie. Kein Wunder, dass ihre Liebe nicht von Dauer gewesen war.
Energisch verdrängte Alexa diese fruchtlosen Grübeleien und gab sich alle Mühe, sich auf die Gegenwart zu konzentrieren. Schließlich würde sie kaum so bald wieder in einem Palast dinieren.
Gang um Gang wurden die köstlichsten Gerichte serviert, bis hin zu einem riesigen Fisch, den zwei Diener auf einer goldenen Platte hereintrugen. Paolo benahm sich für sein Alter sehr gut, wobei natürlich die Erwachsenen ringsum sich abwechselnd um ihn kümmerten und er sich in dieser Aufmerksamkeit sonnte. Irgendwann wurde er schließlich aber doch quengelig, und Alexa wusste, dass es Zeit war, ihn ins Bett zu bringen.
„Ich glaube, du hast jetzt wirklich genug gegessen, Darling“, meinte sie sanft. „Und es ist höchste Zeit, dass du schlafen gehst. Es war ein langer Tag.“
„Ich will aber nicht ins Bett!“
Nach all dem Ungewöhnlichen, was in den vergangenen Tagen auf den Jungen eingestürmt war, konnte eine kleine Trotzreaktion nicht überraschen, ja sie war sogar überfällig. Dennoch schoss Alexa das Blut heiß in die Wangen, als sie aufstand, um mit Paolo hinauszugehen, denn sie fürchtete unwillkürlich, dass Giovanni diese kleine Szene als Beweis dafür werten würde, was für eine schlechte Mutter sie sei.
Überraschenderweise sah Giovanni sie jedoch keinesfalls vorwurfsvoll an. „Soll ich mitkommen und dir helfen?“, bot er unerwartet an.
Alexa schluckte. Genau das hätte ein normaler Ehemann seine Frau vermutlich auch gefragt, und es hätte so schön sein können. Doch sie und Giovanni hatten keine normale Beziehung und würden sie nie haben. Tatsächlich war Giovanni als kluger Taktiker nur bestrebt, vor all den Zuschauern den Eindruck eines fürsorglichen Ehemanns und Vaters zu erwecken.
Wie viel wussten die anderen wohl wirklich über ihre Beziehung? Wie viel hatte Giovanni ihnen erzählt? Hatte er sie als kaltherziges Biest dargestellt?
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