JULIA EXTRA Band 0281
Umständen.“
„Unter welchen Umständen?“
Sie sah ihn herausfordernd an. „Hast du ihm erzählt, Paolo hätte ein hartes Leben?“
Er zögerte einen Moment. „Natürlich.“
Reg dich nicht auf. Zähl bis zehn. Bleib ganz ruhig. „Wie konntest du nur? Paolos Leben ist nicht hart!“, widersprach sie energisch. „Dein Sohn wird geliebt und umsorgt. Sogar der Scheich musste das anerkennen.“
„Mein Sohn wächst ohne Vater auf“, warf Giovanni kalt ein. „Und ohne all die Vorteile, die mein Reichtum ihm verschaffen könnte. Ich hatte eigentlich nicht vor, das vor der Hochzeit aufzubringen, aber da du es anscheinend darauf anlegst, bleibt mir keine Wahl.“
„Keine Wahl? Wovon redest du?“
„Wenn man sich Paolos bisherige Chancen betrachtet … Ich meine, du bist eine alleinerziehende, berufstätige Mutter und kannst es dir nicht einmal leisten, ein kleines Haus zu kaufen.“ Er winkte ab, als sie ihn unterbrechen wollte. „Nein, du weißt genau, dass ich mir das nicht ausdenke, cara! Die Entwicklung eines Kindes kann durch solche Faktoren bekanntermaßen beeinträchtigt werden.“
Alexa sah zu ihrem Sohn, der gerade mit den Gauklern herumalberte und großen Spaß zu haben schien, obwohl er kein Wort Kharastani sprach. „Findest du wirklich, dass er benachteiligt wirkt?“
„Jetzt noch nicht, aber es wird so kommen, Alexa. Dann wird er einer dieser vaterlosen Halbwüchsigen werden, die rauchend auf der Straße herumlungern.“
„Was für ein Unsinn! Woher beziehst du diese Weisheiten, Giovanni … aus dem Lexikon der Klischees? Und außerdem …“, fügte sie triumphierend hinzu, „bist du doch auch ohne Vater aufgewachsen!“
Sein zufriedenes Lächeln verriet ihr, dass sie ihm in die Falle getappt war. „Genau! Und ich weiß, wie das ist!“
Jetzt begriff sie gar nichts mehr. „Heißt das, dir gefällt nicht, was aus dir geworden ist?“
„Es heißt, dass ich trotz meiner Familienverhältnisse zu dem Mann geworden bin, der ich bin. Aber Paolo hat vielleicht nicht so viel Glück. Ich habe jedenfalls erlebt, was es bedeutet, eine Mutter zu haben, die ohne Männer nicht leben kann.“
„Du liebe Güte, ich hatte in meinem ganzen Leben zwei Liebhaber!“, entgegnete Alexa wütend. „Wann geht das endlich in deinen Kopf?“
„Aber du bist noch sehr jung“, ließ er sich nicht beirren. „Wenn Paolo größer wird und dich im alltäglichen Leben nicht mehr so viel braucht, wirst du auch wieder den Wunsch verspüren, deine sexuellen Bedürfnisse zu befriedigen. Dann besteht die Gefahr, dass er aus dem Ruder läuft.“
„Bei dir ist das doch auch nicht passiert, obwohl du der Sohn einer alleinstehenden Mutter warst!“
„Ich hatte eben Glück!“, erwiderte er heftig, während sich sein Herz zusammenkrampfte bei der Erinnerung daran, wie viele Nächte er auf seine Mutter gewartet hatte und nicht eher Ruhe finden konnte, bis er im Morgengrauen das Klacken ihrer hohen Absätze auf dem Dielenboden hörte. „Aber es ist ein Lotteriespiel, und Paolo zieht vielleicht nicht so ein gutes Los.“
„Das ganze Leben ist ein Lotteriespiel“, gab Alexa zu bedenken. „Auch wenn man mit Mutter und Vater aufwächst, ist das keine Garantie, dass man glücklich wird.“
„Nein, aber ich will, dass mein Sohn die bestmöglichen Voraussetzungen erhält.“
Sie blickte in sein eigensinniges Gesicht und schüttelte frustriert den Kopf. Am liebsten hätte sie sich Paolo gepackt und wäre einfach davongelaufen. „Warst du schon immer so pessimistisch?“
„Mehr oder weniger“, antwortete er. „Die Einstellung eines Menschen gründet sich auf seinen persönlichen Erfahrungen.“
Er wirkte in diesem Moment wie ein bockiger Junge, verloren und einsam, und Alexa verspürte den verrückten Wunsch, ihn ganz einfach in den Arm zu nehmen. „Hör zu, ich werde über all das gründlich nachdenken“, versprach sie versöhnlich. „Sobald ich wieder in England bin.“
Giovanni lächelte grimmig. Sie hatte es immer noch nicht begriffen. Wenn er etwas wollte, dann ruhte er nicht, bis er es hatte. „Ich glaube, du hast mich nicht richtig verstanden“, meinte er bedrohlich sanft. „Die Entscheidung ist bereits gefallen.“
Alexa blinzelte verständnislos. „Was für eine Entscheidung?“, flüsterte sie ahnungsvoll, während von irgendwoher leise, fremdländische Klänge herüberwehten.
„Die Zeiten ändern sich. Zwar akzeptiere ich inzwischen, dass du keine Frau mit losen Moralvorstellungen bist,
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