JULIA EXTRA Band 0287
vor ihr. Dankbar nahm sie einen Schluck, spürte, wie er kühl ihre Kehle hinabrann. Dann stellte sie das Glas ab und wandte sich Lukas zu.
Der blickte sie erwartungsvoll an. Und nicht nur das. Sein Blick war der eines Mannes, der eine Frau begehrte.
Wieder wurde ihr heiß. Gleichzeitig hatte sie Angst.
Sie strich mit der Zungenspitze über ihre trockenen Lippen, suchte nach Worten.
„Sind Sie allein hier?“ Die Frage klang höflich, aber seine Augen sprachen eine andere Sprache. Als er den Blick über ihre Figur gleiten ließ, verdunkelten sie sich. Rhia stellte sich vor, wie es wäre, wenn seine schlanken Hände so über ihre Haut strichen, und wieder sammelte sich Hitze in ihrer Mitte, strahlte in den ganzen Körper aus.
Lukas Petrakides flirtete mit ihr. Nein, mehr als das, er wollte sie.
Unmöglich. Was hatte eine Frau wie sie ihm zu bieten? Sie war ein Niemand, hatte nichts.
Bis auf eins: Sie hatte sein Baby.
Das holte sie auf den Boden der Tatsachen zurück. Sie war wegen Annabel hier, nur wegen der Kleinen.
„Ja, ich bin allein“, antwortete sie heiser.
„Wirklich?“ Er schien überrascht, ließ den Blick kurz über die Gästeschar streifen, ehe er wieder zu ihr zurückkehrte. „Ganz allein im Urlaub?“, fügte er hinzu, und Rhia wurde wieder rot.
Sie nickte. „Obwohl …“ Jetzt war der Zeitpunkt gekommen, ihr Anliegen vorzutragen, Annabel zu erwähnen.
Warum zögerte sie?
„Obwohl …?“, wiederholte er. Die üppige Französin verschwand mit missbilligender Miene. Alle anderen rundherum starrten Rhia an.
„Nichts.“ Feigling.
„Ach so.“ Er schwieg. Rhia wartete verlegen, noch immer überwältigt und nicht in der Lage, etwas Vernünftiges zu sagen.
Weil in ihrem Kopf ganz viele unvernünftige Gedanken herumgeisterten.
Sie wollte nicht, dass Lukas ging.
Sie wollte ihn.
Lächerlich, und doch konnte sie an nichts anderes denken.
Lukas Petrakides verzog den Mund zu einem kurzen Lächeln, trank einen Schluck Wein. Einen Moment lang wirkte er unsicher, doch dann verhärtete sich sein Blick. Sein Gesicht wurde ausdruckslos. „Es war nett, mit Ihnen zu reden“, sagte er kühl, und Rhia wusste, dass sie entlassen war.
Kurz las sie Bedauern in seinen Augen, oder bildete sie sich das nur ein? Gleich darauf war der seltsame Ausdruck wieder verschwunden, machte einer höflichen Gleichgültigkeit Platz.
Falls sie etwas miteinander verbunden hatte, ein besonderer Moment, was auch immer, es war vorbei. Verpasst.
Wie ihre Chance, über Annabel zu sprechen.
„Warten Sie.“ Er hatte sich bereits abgewandt, und sie berührte ihn am Ärmel. „Ich muss Ihnen etwas sagen.“
Er drehte sich um, hoffnungsvoll, wie es ihr schien. Sie holte tief Luft.
„Es gibt da etwas, das Sie wissen müssen.“
Sein Blick wurde kühl. „Und das wäre?“
Ein unbehagliches Gefühl beschlich sie. Wenn sie ihn nur dazu bringen könnte, ihr zuzuhören, dann würde alles gut.
„Ich denke, darüber reden wir besser unter vier Augen.“
Rhia hatte leise gesprochen, aber als einige der Umstehenden nach Luft schnappten, war ihr klar, dass dieses Gespräch innerhalb der nächsten Minuten in aller Munde sein würde.
„So?“
Anscheinend hatte sie wieder das Falsche gesagt. Was sollte sie tun? Sie kannte sich in diesen Kreisen nicht aus, hatte keine Ahnung, wie man solch ein heikles Thema anschnitt. Dabei wollte sie ihm doch nur von seiner Tochter erzählen!
„Ja … es ist sehr wichtig, das versichere ich Ihnen. Sie müssen wissen, dass …“ Verlegen unterbrach sie sich. Instinktiv nahm sie eine Spannung wahr, die sich jeden Moment entladen konnte wie ein Sommergewitter. Wenig ermutigend.
„Das kann ich mir kaum vorstellen, Miss …?“
„Davies – Rhia Davies. Und bitte, glauben Sie mir, es ist von Bedeutung. Ich brauche nur einen Moment …“
„Ich fürchte, ich habe keine Zeit.“
„Nein, nein, warten Sie bitte …“ Sie streckte die Hand aus. „Sie verstehen mich nicht. Es betrifft jemand anders. Wir haben eine gemeinsame Freundin.“ Rhia wurde das Gefühl nicht los, dass ihr gesamter Auftritt erbärmlich war. Warum hatte sie sich nicht besser vorbereitet?
„Ich glaube nicht, dass wir uns jemals begegnet sind“, sagte er nach kurzem Schweigen. „Und ich bezweifle, dass wir gemeinsame Freunde haben.“
Der Hinweis war deutlich. Sie kamen aus verschiedenen Welten. Er war Reichtum, Privilegien und Macht gewohnt – und Lichtjahre entfernt von ihrem bescheidenen Leben in einem
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