JULIA EXTRA Band 0287
gekostet, am Eröffnungswochenende das billigste Zimmer zu mieten, und wenn nicht ein anderer Gast seine Buchung in letzter Minute storniert hätte, hätte sie gar nichts bekommen.
Rhia holte tief Luft und hoffte inständig, dass sie ihre Reise nicht umsonst gemacht hatte. Für Annabel.
Sie schloss kurz die Augen. Die ganze Geschichte war verrückt, schlicht und einfach verrückt.
Nicht einmal vierzehn Tage war es her, dass Leanne wie ein Wirbelsturm wieder in ihr Leben gefegt kam, um genauso schnell wieder zu verschwinden und heillose Verwirrung zurückzulassen – und Annabel und den Namen ihres Vaters.
Neue Zweifel stiegen in ihr auf. Was sollte sie tun, wenn Lukas sich weigerte, mit ihr zu sprechen? Schlimmer noch, wenn er die Vaterschaft abstritt, die Verantwortung von vornherein ablehnte? Mit ihrem Versuch, ihn telefonisch auf ihre Ankunft vorzubereiten, war sie kläglich gescheitert.
Wir werden Mr. Petrakides ausrichten, dass Sie angerufen haben.
Klar. Die hochmütige Stimme am anderen Ende der Leitung hatte sich nicht einmal die Mühe gemacht, nach ihrer Telefonnummer zu fragen.
Schließlich las sie in der Zeitung, dass in Frankreich von Lukas Petrakides ein weiteres Petra Resort eröffnet werden würde. Das war die Chance, dass Annabel ihren Vater kennenlernte. Ihre Familie.
Jedes Kind brauchte seine Eltern. Echte Eltern, keine Fremden, die es nur aus einer Verpflichtung heraus versorgten.
Daran glaubte sie fest. Annabel sollte eine Familie haben. Welche Rolle sie selbst im Leben des Babys spielen würde, wusste sie nicht. Falls überhaupt. Der Gedanke hatte sie anfangs erschreckt, aber Rhia hatte sich im Griff.
Sie wusste, was es bedeutete, Opfer zu bringen.
Auf der Suche nach der Lounge, wo der Empfang für die Gäste der Ferienanlage stattfinden sollte, durchschritt sie einen Flur nach dem anderen.
Wann immer ein Petra Resort in Betrieb genommen wurde, und mittlerweile waren es sechs, wie sie herausgefunden hatte, ließ Lukas Petrakides, Generaldirektor und Sohn des Unternehmensgründers, es sich nicht nehmen, die ersten Gäste persönlich zu begrüßen.
Seine Fans, dachte Rhia. Sie hatte ein bisschen recherchiert und sich ein Bild von ihm gemacht. Lukas Petrakides galt als zurückhaltender Mann, der nicht nur in den griechischen Medien bewundert wurde. Man bezeichnete ihn als ausgesprochen attraktiv und höflich, lobte seine ausgesuchten Manieren und sagte ihm ein beeindruckendes Charisma nach.
Sie lächelte. Sicher war all das ein bisschen übertrieben, ausgeschmückt von Journalisten, die es mit einer Persönlichkeit zu tun hatten, die weder Schlagzeilen produzierte noch die Gerüchteküche anheizte. Im Gegensatz zu anderen südländischen Tycoons erschien er in der Öffentlichkeit nie mit einem internationalen Model oder Filmsternchen am Arm. Fotos von ihm existierten so gut wie gar nicht. Er ging nicht auf Partys, er trank nicht, und er tanzte nicht.
Anscheinend tat er nichts außer arbeiten.
Bei dem Ruf erschien es Rhia mehr als seltsam, dass dieser Mann, zumindest ein einziges Mal, seine Grundsätze über den Haufen geworfen und mit einer Frau das Wochenende verbracht hatte.
Mit Leanne.
Es war nicht um Liebe gegangen, nur um Sex.
Und das Ergebnis schlief in Rhias Hotelzimmer.
Sie holte bebend Luft, versuchte, sich Mut zu machen. Bisher hatte sie sich keinen Plan zurechtgelegt, sondern nur das Wesentliche in Angriff genommen: zwei Nächte im Petra Resort buchen, am Empfang teilnehmen, Lukas Petrakides ansprechen.
Und dann …?
Ihre Fantasie ging mit ihr durch, ihr Herz klopfte.
Er würde sie begehren, sich in sie verlieben, sie mit zu sich nach Hause nehmen, ihr sein Herz schenken. Zusammen mit Annabel wären sie eine Familie, glücklich, voller Liebe füreinander, perfekt. Ein Happy End.
Was für ein Märchen! So funktionierte das Leben nicht, das hatte Rhia am eigenen Leib erfahren.
Aber vielleicht für Annabel?
Lukas schien ein verantwortungsvoller Mann zu sein, und sie hoffte inständig, dass er seine Tochter mit offenen Armen aufnehmen würde.
Rhia gelangte an eine Doppeltür, vor der zwei athletisch gebaute Hünen in dunklen Anzügen standen. Mit ausdrucksloser Miene ließ sich der eine ihre Zimmernummer nennen und studierte die Liste, die er in der Hand hielt.
„Name?“
„Rhiannon Davies.“
Der Mann nickte, und sie durfte eintreten. Beim Anblick der Gäste sank ihr das Herz in die Zehenspitzen. Sie passte nicht hierher. Dies war eine Party für die Reichen
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