Julia Extra Band 0292
Schlafzimmer untergebracht waren. Drei von ihnen hatten ein eigenes Bad mit frei stehenden Wannen und Messingarmaturen.
Als der Makler sie durch den Flur zurück in die Küche führte, betrachtete Carissa die Gemälde an den Wänden genauer. „Diese Porträts sehen wie Originale aus.“
„Es sind hervorragende Kopien, stimmt’s? Sie werden zusammen mit dem Haus verkauft.“
Carissa atmete tief durch. „Was meinen Sie, auf welchen Preis sich der neue Eigentümer herunterhandeln lässt?“
1. KAPITEL
Eduard de Marigny, Marquis of Merrisand, fragte sich, ob er das Gelände so gut wiedererkennen würde, dass er den Hubschrauber auf dem Landeplatz hinter Tiga Falls Lodge aufsetzen konnte. Seit seinem letzten Besuch waren über zwei Jahre vergangen, und damals hatte er noch keinen eigenen Hubschrauber besessen.
Der Landsitz hatte seinem Onkel Prinz Henry gehört, und sie waren in einer Wagenkolonne von Perla, der zweihundertsechzig Kilometer entfernten Hauptstadt der Provinz Valmont, hergefahren.
Ich muss mich erst an den Gedanken gewöhnen, dass das Haus jetzt mir gehört, dachte Eduard, während er auf den verwinkelten Holzbau hinunterblickte. Dass er seinen Onkel vermisste, konnte er nicht behaupten. Prinz Henry hatte die Provinz mit eiserner Faust regiert. Eduards Cousin Josquin hatte als Regent die Nachfolge angetreten, bis der Thronerbe Prinz Christophe volljährig wurde.
Josquin leistete hervorragende Arbeit, und dabei war mit ihm viel besser auszukommen als mit Henry. Immerhin, der Alte hatte dafür gesorgt, dass ihre Linie der Fürstenfamilie sich ihrem Rang entsprechend benahm. Er hatte darauf bestanden, dass die Titel und das Hofprotokoll strikt befolgt wurden.
Dass sein Neffe zur Marine ging, hatte er gebilligt. Besonders nachdem Eduard sein Offizierspatent erhalten hatte. Aber der alte Prinz war ganz und gar nicht mit der Zwanglosigkeit einverstanden gewesen, die Eduard den ihm unterstellten Männern erlaubte.
Für Manöver vor der Küste von Queensland war Eduard zur australischen Marine abkommandiert worden. Was Henry wohl von den Australiern gehalten hätte, die sein Neffe in den vergangenen Monaten kennengelernt hatte? Im Dienst war die militärische Etikette beachtet worden, in der Freizeit war Eduard einfach „Ed“ gewesen. Oder „Euer Lordschaft“, wenn sich die Australier über ihn lustig machten. Was sie oft getan hatten.
Jetzt war er für ein paar Wochen zu Hause. Er wollte den Urlaub auf dem Landsitz verbringen und über seine Zukunft nachdenken. Sein Bruder Mathiaz hatte ihm ein Regierungsamt angeboten, aber Eduard sah sich nicht als Verwaltungstyp.
Zwischen den Bäumen war der Landeplatz schlecht zu sehen. Schließlich konnte Eduard ihn ausmachen. Wegen starken Seitenwinds kreiste er noch eine Weile, bis eine sichere Landung möglich war, dann brachte er den Hubschrauber herein und setzte sanft auf.
Fast erwartete Eduard, dass Henrys Angestellte aus dem Haus geeilt kamen, um ihn zu empfangen. Natürlich wusste er, dass niemand hier war. Die Leute waren entweder in Pension gegangen oder hatten eine Stelle bei anderen fürstlichen Familienmitgliedern übernommen, als Tiga Falls Lodge nach Henrys Erkrankung geschlossen worden war.
Mathiaz hatte angeboten, Personal zu schicken, doch Eduard sorgte lieber für sich selbst. Das hatte er sich bei der Marine angewöhnt.
„Ist dir das Wort ‚Sicherheit‘ ein Begriff?“, hatte sein Bruder gefragt.
„Ich habe bei der Marine keinen Leibwächter und brauche auf dem Landsitz auch keinen.“
Dass Eduard in die Wildnis fuhr und nicht einmal einen Beamten des Fürstlichen Sicherheitsdienstes mitnahm, hatte Mathiaz nicht gefallen. Eduard freute sich auf die Einsamkeit, denn sowohl in der Fürstenfamilie als auch beim Militär hatte er nur selten Gelegenheit, ganz für sich zu sein.
Er schwang sich den Matchsack über die Schulter, stieg aus dem Hubschrauber und sah sich zufrieden um. Henry hätte ihm nichts vermachen können, worüber er sich mehr gefreut hätte. Zuerst würde er hineingehen und das Haus in Augenschein nehmen. Den Rest seiner Sachen konnte er später noch holen.
Stirnrunzelnd probierte Eduard mehrere Schlüssel, doch keiner passte. Mit einem verärgerten Schnaufen ging er zur Küchentür und stutzte beim Anblick des Autos, das hinter dem Haus geparkt war. Hatte Mathiaz doch jemanden geschickt?
Wie Eduard feststellte, war der Kleinwagen unverschlossen, schon einige Jahre alt und sah nicht gerade verkehrssicher aus.
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