Julia Extra Band 0292
einschlafen konnte – irgendwann.
Sie hoffte nur inständig, dass er ebenso litt wie sie, wenn er sie zwar an sich zog, aber sonst nichts weiter unternahm. Wenn er ihr eine Hand auf Brust oder Hüfte legte, nur um dann reglos zu verharren.
Wollte er sie damit quälen oder lediglich prüfen, ob sie ihm widerstehen konnte?
Nur flüchtig spielte sie mit dem Gedanken, den Spieß umzudrehen. Denn ein solcher Schritt konnte gefährliche Folgen haben. Was, wenn er es als stumme Aufforderung zum Sex auffasste? Dann bestand die Gefahr, dass sie nicht nur die Schlacht, sondern auch den Krieg verlor.
Und das galt es auf jeden Fall zu vermeiden.
Für das nächste Wochenende stand der obligatorische Besuch einer Galavorstellung in einem großen renommierten Theater auf dem Programm. Nur ausgewählte Gäste würden anwesend sein.
Pilar, die zu einem Besuch bei Nicki vorbeigekommen war, entschied in ihrer herrischen Art, dass es Shannay an standesgemäßer Kleidung mangelte. Sie bestand darauf, gemeinsam eine ausgedehnte Shoppingtour nach einem angemessenen Kleid und sämtlichen Accessoires zu unternehmen.
Es war eine unbestrittene Tatsache, dass Pilar sich in Kleidungsfragen bestens auskannte. Daher willigte Shannay ein, wenn auch widerstrebend.
Und so spazierten sie stundenlang von einer Boutique zur nächsten. Pilar war ganz in ihrem Element. Es gefiel ihr ausnehmend gut, gegenüber den Verkäuferinnen die feine Dame zu spielen und sich in deren unterwürfiger Höflichkeit zu sonnen. Auf Shannay dagegen wirkte das vornehme Getue äußerst übertrieben.
Sie atmete erleichtert auf, als sie schließlich ein traumhaft schönes Gewand von Armani aus Seidenchiffon in Pfirsich und Aprikose fanden. Eine erlesene Handtasche und passende Abendsandaletten vervollständigten das Outfit.
„Du darfst nur ein Minimum an Schmuck tragen“, verordnete Pilar. „Das Kleid an sich ist schon auffällig genug. Das Haar musst du schlicht hochstecken. Du darfst es auf keinen Fall offen tragen. Und das Make-up soll vor allem die Augen betonen.“
„Da magst du recht haben“, pflichtete Shannay versöhnlich bei.
Pilar musterte sie durchdringend und stellte unverblümt fest: „Du siehst reichlich angeschlagen aus. Lässt mein Neffe dich nachts nicht schlafen?“
Shannay wusste beim besten Willen nicht, ob sie bejahen oder verneinen sollte. So oder so hätte ihre Antwort das ungebührliche Interesse an ihrer Privatsphäre nur noch geschürt.
„Oder bist du etwa schwanger?“
„Nein.“
„Schade. Du solltest noch ein Kind bekommen. Manolo braucht einen Erben, der den Konzern weiterführt.“
„Er hat doch schon eine Tochter.“
„Aber er braucht einen Sohn, damit der Name Martinez fortbesteht“, beharrte Pilar gebieterisch. „Und er muss Ramón heißen, zu Ehren meines Vaters.“
„Was ist, wenn ich beschließe, die Scheidung einzureichen?“, wollte Shannay wissen. Sie zog es vor, nicht zu erwähnen, dass sie bereits entsprechende Schritte in die Wege geleitet hatte.
„Eine Scheidung kommt für einen Martinez überhaupt nicht infrage. Manolo würde sich strikt dagegen wehren. Außerdem wirst du doch nicht so dumm sein! Er kann dir alles geben, was du nur willst.“
Außer der einen Sache, die ich mir wirklich wünsche: sein Herz. Ich habe ihm meins geschenkt, aber das ist ihm nichts wert.
Erst am Abend kehrte Shannay mit unzähligen Tüten nach La Moralejo zurück.
Nicki lag schon im Bett. Manolo saß bei ihr und las ihr aus einem Märchenbuch vor. Er war leger gekleidet und wirkte ganz gelassen.
Verträumt blieb Shannay in der Tür zum Kinderzimmer stehen. Es kostete sie beträchtliche Mühe, den Gefühlsaufruhr zu unterdrücken, den allein sein Anblick in ihr auslöste. Die Chemie stimmte einfach zwischen ihnen – nach wie vor. Er übte eine gefährliche Anziehungskraft auf sie aus und erweckte ein elementares Verlangen in ihr.
„Hallo, Mummy!“, rief Nicki.
Shannay schreckte aus den Gedanken auf und betrat das Zimmer. Sie setzte sich auf das Bett und gab Nicki ein Küsschen.
„Daddy und ich waren im Pool schwimmen, und dann hab ich was gegessen, und er hat mich gebadet. Und ich hab mir die Zähne geputzt.“
„Gut gemacht!“ Shannays Lob galt Vater und Tochter gleichermaßen. An Manolo gewandt, fügte sie leise hinzu: „Danke.“
„Kein Problem.“ Er registrierte einen müden angespannten Zug um ihren Mund. „Wart ihr erfolgreich?“
Sie nickte. „Ich habe bestimmt deine Kreditkarte
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