Julia Extra Band 0293
vielleicht Furcht einflößend aus, beißt aber nicht.“ Nervös sah sie zu Flynn hoch, der neben ihr stand, und entdeckte erleichtert ein Lächeln, das seinen sonst so ernsten Zug um den Mund milderte.
„Ich beiße nur, wenn ich sehr hungrig bin. Und zum Glück hatte ich heute morgen ein besonders großes Frühstück.“
„Wer möchte eine schöne Tasse Tee? Mary, du?“
„Nein, danke, Caitlin, Liebes. Ich gehe nach Hause, wenn du mich nicht noch für irgendetwas brauchst. Jetzt hast du ja Gesellschaft. Morgen sehe ich vor dem Einkaufen noch einmal herein, ob ich dir etwas mitbringen kann. Und denk an den Auflauf, den ich euch in den Ofen gestellt habe.“
„Tausend Dank, Mary … und auch noch einmal dafür, dass du auf Sorcha aufgepasst hast.“
„Es war mir ein Vergnügen. Sie ist ein liebes Mädchen. Dein Vater hat mir oft Fotos von ihr gezeigt. Er war ja so stolz!“
Ein wenig unbehaglich wandte sich Caitlin daraufhin Flynn zu. Zweifellos war er entrüstet, dass ihr Vater ihm nicht von dem Kind erzählt hatte. Sie hoffte nur, Flynn würde seinen Gefühlen nicht freien Lauf lassen, solange Sorcha dabei war. Es wäre kein guter Anfang, wenn das Kind sie gleich streiten sah.
„Schön, Sie kennengelernt zu haben, Mr. MacCormac“, erklärte Mary jetzt und fuhr an Caitlin gewandt fort: „Ich finde schon selbst hinaus. Kümmer du dich um deinen Besuch.“
„Sei vorsichtig: Auf der Straße ist es glatt!“
„Keine Angst, ich gehe ganz langsam.“
Als Caitlin ins Wohnzimmer zurückkehrte, hatten Flynn und Sorcha über dem Puzzle die Köpfe zusammengesteckt. Bei dem Anblick – Flynn mit seinen schwarzen Locken und ihre Tochter mit dem hellblonden Haar – wurde ihr ganz warm ums Herz. Es sah aus, als würden sie sich seit Sorchas Geburt kennen, und Caitlin fühlte sich mit einem Mal schuldig, weil sie den beiden all die Jahre nichts voneinander erzählt hatte.
„Ich würde jetzt gern eine Tasse Tee trinken“, erklärte Flynn, wobei seine jadegrünen Augen kurz ihren Blick suchten, bevor er sich wieder Sorcha und dem Puzzle zuwandte. „Ich wette, dieses Teil passt genau hier hinein. Siehst du! Was habe ich gesagt?“
„Ja, ja, es passt!“, rief Sorcha und klatschte vor Freude in die Hände.
Tränen der Rührung drohten Caitlin zu überwältigen, und sie eilte in die Küche, um Tee zu kochen …
4. KAPITEL
Nachdem Flynn zunächst sehr aufgeschlossen mit Sorcha gewesen war, hielt er sich danach deutlich zurück, als wollte er sich ihr gefühlsmäßig nicht weiter öffnen.
Nach dem Mittagessen schlief Sorcha mit einer Decke auf der abgesessenen Couch, und Caitlin sah die Chance gekommen, etwas offener mit Flynn zu reden. „Wir fahren in einigen Tagen wieder nach London, und ich wüsste gern, ob du Sorcha wiedersehen möchtest“, sagte sie mit leicht bebender Stimme.
Flynn sah Caitlin eine Weile nachdenklich an und erklärte schließlich: „Du hattest recht, was Sorchas Aussehen betrifft. Man erkennt deutlich, dass sie eine MacCormac ist. Unsere Gene sind stark.“ Dabei wandte er den Blick nicht von Caitlin, und sie verschränkte ein wenig verlegen die Hände im Schoß. „Ja“, fuhr er dann fort, „nachdem ich Sorcha nun kennengelernt habe, möchte ich sie natürlich regelmäßig treffen.“
„Bist du sicher, Flynn? Du … du erscheinst mir so zögerlich im Umgang mit ihr. Bestimmt war es ein Schock, als du heute Morgen erfahren hast, dass du Vater bist. Ich würde verstehen, wenn du ein bisschen Zeit brauchst, um das Ganze zu verdauen.“
„Du hast ja keine Ahnung, was ich wirklich empfinde!“, antwortete er unerwartet heftig.
„Dann erzähl es mir!“, bat Caitlin mit Tränen in den Augen. „Das würde uns vielleicht weiterbringen. Aber du musst wissen, dass ich dich niemals zu etwas zwingen würde. Tu nichts, wozu du nicht wirklich bereit bist. Das gilt auch dafür, Sorcha als dein Kind anzuerkennen.“
Flynn wirkte wieder sehr in sich gekehrt, als bereute er seinen Ausbruch von gerade eben. „Ich möchte, dass ihr beide mich morgen in die Berge begleitet. Dort können wir unsere Unterhaltung fortsetzen. Jetzt muss ich nach Hause und noch einige Unterlagen vorbereiten, die ich mit ins Cottage nehmen möchte, um später daran zu arbeiten.“ Er stand auf, wobei seine Körpergröße und die breiten Schultern den Raum noch kleiner wirken ließen, beinah wie eine Puppenstube.
„Hast du etwa das alte Cottage in den Bergen gekauft?“, fragte Caitlin interessiert, obwohl sie
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