Julia Extra Band 0293
einfach so.
„Es geht nicht darum, dass es mich nicht reizen würde, nach Irland zurückzukehren“, antwortete Caitlin jetzt leise, wobei sie leicht die Brauen zusammenzog. „Es ist mir gerade gelungen, unser Auskommen in London zu sichern, und Sorcha würde auch ihre Großtante schrecklich vermissen, wenn wir dort weggingen. Tante Marie gehört zu unserer kleinen Familie, ich kann uns da nicht einfach rausreißen.“
„Selbst wenn es das Beste für Sorcha wäre?“
„Woher willst du denn wissen, was das Beste für sie ist? Woher soll ich es wissen? Als Eltern muss man oft Entscheidungen treffen, ohne sicher zu sein, ob sie wirklich richtig sind.“
Als Flynn nichts dazu sagte, fügte sie hinzu: „Ich werde über einen Umzug nachdenken, aber ich kann dir nichts versprechen.“
„Hast du vergessen, wer ich bin, Caitlin? Was ich meiner Tochter bieten kann? Willst du ihr tatsächlich einen besseren Start ins Leben verweigern?“
„Ich würde meiner Tochter nichts versagen, was ihr am Ende helfen würde. Aber ich muss auch an meine Situation denken, Flynn!“
„Die da wäre? Du lebst in einer großen Stadt, in der sich jeder selbst der Nächste ist. Dabei bist du alleinerziehend und versuchst, das Unmögliche möglich zu machen, indem du in einem Buchladen arbeitest!“ Während Flynn noch dabei war, den Satz zu beenden, spürte er einen Stich im Herzen. Zum ersten Mal drang in sein Bewusstsein, wie schwer es Caitlin tatsächlich hatte. Doch das machte ihn nur noch entschlossener, sie und ihre Tochter zu sich zu holen, auch wenn er nach wie vor nicht bereit war, ihr zu verzeihen. „Nachdem ich nun erfahren habe, dass Sorcha meine Tochter ist, erscheint es mir nur recht und billig, dass ich ihren – und als ihre Mutter auch deinen – Lebensunterhalt finanziere.“
„Meintest du nicht eher, du wolltest deinen Beitrag dazu leisten?“ Caitlin fuhr sich aufgeregt durchs Haar und sah Flynn mit wachsender Bestürzung an.„Ich bin bereit, die Verantwortung für Sorcha mit dir zu teilen … und ich würde ihr deine Unterstützung niemals verwehren … nicht, wenn du sie bereitwillig gibst. Aber ich brauche auch ein gewisses Maß an Unabhängigkeit. Ich bin gewohnt zu arbeiten, mich um vieles allein zu kümmern. Und das letzte Mal, als ich mich hier umgesehen habe, gab es kaum Jobs. Ich kann nicht einfach zurückkommen und zusehen, wie du alles an dich reißt und eigenmächtig Dinge entscheidest, die uns beide betreffen!“
„Ich reiße gar nichts an mich! Aber ich bin jetzt auch Teil von Sorchas Familie, genauso wie du und deine Tante! Glaubst du, ich sehe einfach zu, wie ihr wieder abreist, obwohl ihr alle finanziellen Sorgen los wäret, wenn ihr hier leben würdet? Bei mir hätte Sorcha Möglichkeiten, die sich ihr in London niemals bieten. Du hast vorhin davon gesprochen, dass man im Leben seiner Kinder Entscheidungen treffen muss und nie weiß, wie es gelaufen wäre, hätte man eine andere Möglichkeit gewählt. Aber ist es wirklich so schwer, zwischen Armut und Reichtum zu wählen?“
Flynn atmete tief durch und begann, im Zimmer auf und ab zu gehen. „Die einzig vernünftige Möglichkeit für dich besteht darin, nach Oak Grove zu ziehen. Im alten Cottage deines Vaters könnt ihr jedenfalls nicht bleiben. Als ich es gestern gesehen habe, war ich richtig erschrocken, wie heruntergekommen es ist. Bestimmt lasse ich mein Kind nicht in einer solchen Bruchbude wohnen!“
Caitlin sprang auf. „Es ist nicht heruntergekommen! Wie kannst du es wagen, so etwas zu behaupten? Vielleicht hat mein Dad es ein wenig vernachlässigt – schließlich musste er alles allein machen. Nach dem Tod meiner Mutter ist es für ihn nicht leicht gewesen … aber er hat sein Bestes gegeben. Wir mögen arm gewesen sein, doch meine Eltern waren immer ehrlich und haben hart gearbeitet! Es gibt keinen Grund, mich für irgendetwas zu schämen. Deshalb wage es nicht, so überheblich aufzutreten und die Nase über mein Zuhause zu rümpfen, nur weil deine Eltern Geld haben und meine nicht!“
Sie atmete so heftig, dass sich ihre Brüste unter dem hellblauen Pullover hoben und senkten. Dabei war ihr Gesicht ganz gerötet vor Aufregung, und für einen Moment fiel es Flynn richtig schwer, sich weiter mit ihr zu streiten, weil ein ganz anderes Gefühl sein Blut zum Pulsieren brachte.
„Du klingst schon wie dein Vater. Er hatte auch ein Problem mit reichen Leuten! Hör auf, so kämpferisch zu sein, und nimm endlich Vernunft an! Egal,
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