Julia Extra Band 0293
ziehen sollen, meine ich.“
Sofort war Flynn hellwach. „Und?“
Draußen hatte es zu schneien aufgehört, und so weit das Auge reichte, war alles in eine dicke Schneedecke gehüllt. Auch Sorchas Schneemann sah mit der neuen Lage Schnee noch fülliger aus.
„Und ich bin zu dem Schluss gekommen, dass wir es tun sollten.“
Augenblicklich löste sich die Verspannung zwischen Flynns Schulterblättern. Plötzlich konnte er auch wieder problemlos atmen. Eigentlich hatte er erwartet, dass er bei diesem Thema noch viel Überzeugungsarbeit leisten müsste, und war jetzt erstaunt, dass Caitlin ihm so schnell nachgegeben hatte. „Was hat zu dieser Entscheidung geführt?“
Sie zuckte die Schultern und stellte ihre Teetasse ab, an der sie bisher hin und wieder genippt hatte. „Alles, was du gestern Abend gesagt hast, erschien mir logisch, und ich denke, ich sollte dir die Möglichkeit geben, Sorcha richtig kennenzulernen, und umgekehrt. Aber nur, wenn du dir auch ganz sicher bist, dass es das ist, was du willst.“
„Da bin ich ganz sicher.“
Draußen herrschten Minusgrade, aber in Flynns Herz begann es zu tauen. „Dann hält euch ja auch nichts davon ab, gleich heute noch bei mir einzuziehen.“
„Heute noch?“
„ Wieso nicht? Was mich betrifft: je früher, desto besser.“
„Aber heute geht es noch nicht, Flynn.“ Caitlin klang irgendwie ängstlich, und er fragte sich unwillkürlich, ob sie ihre Entscheidung bereits bereute. Aber im nächsten Augenblick wurde er glücklicherweise eines anderen belehrt. „Ich muss noch die Sachen für den Kirchenbasar verpacken und das Cottage putzen, bevor ich dem Vermieter den Schlüssel zurückgebe.“
„Dein Vater hatte das Cottage nur gemietet?“
„Natürlich, was denkst du denn?“ Dabei überlegte Caitlin unwillkürlich, dass das Haus für sie und Sorcha jetzt zumindest so etwas wie ein Rückzugsort wäre, wenn es ihrem Vater gehört hätte. Aber leider war es nicht so. Auch Caitlin hatte sich einen Großteil der Nacht hin und her gewälzt. Sorcha war dabei, eine richtige Zuneigung für ihren Daddy zu entwickeln, und da wäre es vielleicht ganz gut, wenn er auch wirklich an ihrem Leben teilhatte. Am Ende war Caitlin zu dem Schluss gekommen, dass sie es einfach nicht mit ihrem Gewissen vereinbaren konnte, Vater und Tochter noch länger zu trennen.
„Wenn dein Vater das Cottage nur gemietet hatte, war es definitiv die richtige Entscheidung, zu mir zu ziehen.“ Flynn stand auf. „Und wo wir schon einmal davon sprechen: Ich habe mir überlegt, euch nach London zu begleiten, damit du dort alles auflösen kannst. Nachdem sich Sorcha gestern Abend so aufgeregt hat, meine ich. Ich will nicht, dass sie noch einmal denkt, ich hätte sie verlassen. Außerdem möchte ich nicht, dass du deine Meinung änderst.“
„Das wird nicht passieren, Flynn, und ich würde Sorcha auch nie in dem Glauben bestärken, dass du sie verlassen hast! Ich würde ihr klarmachen, dass wir bald zu dir zurückkehren. Aber ich muss dir schon sagen, dass mich die Vorstellung, in Oak Grove einzuziehen, nicht gerade begeistert. Was wird deine Familie davon halten? Und was werden sie denken, wenn ich plötzlich mit einem vierjährigen Kind dort auftauche?“
„Ihre Meinung zählt nicht. Oak Grove gehört mir, und inzwischen wohne ich dort allein.“ Mit diesen Worten leerte Flynn seine zweite große Tasse Kaffee an diesem Morgen. „Ich gehe Sorcha wecken. Wir sollten losfahren, wenn sie gefrühstückt hat. Ich will nicht, dass es wieder zu schneien beginnt, wenn wir auf den Bergsträßchen ins Tal fahren.“
Unterwegs überlegte Caitlin noch einmal, warum sie erst am nächsten Tag bei ihm einziehen wollte. Natürlich hatte sie noch viel zu tun, aber vor allem brauchte sie Zeit, um mit der neuen Situation klarzukommen. Irgendwie hatte sie den Eindruck, die Ereignisse drohten, sie zu überrollen.
Bestimmt beharrte Flynn nur wegen Sorcha darauf, dass sie zu ihm zogen. Er war ein Mann, der seinen moralischen Verpflichtungen nachkam, auch wenn er dafür viel in Kauf nehmen musste. Sie seufzte. Zumindest war er ein Ehrenmann.
Außerdem machte ihr Sorgen, was seine Familie davon halten würde, wenn Sorcha und sie bei ihm wohnten. Auch wenn er das Problem abtat, hatte Caitlin richtig Angst, Estelle MacCormac gegenüberzutreten. Die Erinnerung an das Gespräch zwischen Mutter und Sohn, das sie mit angehört hatte und in dem ihr unterstellt worden war, sie wolle Flynn mit einer Schwangerschaft
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