Julia Extra Band 0293
Baumes, an dem sie lehnte. „Danke, Ethan, dass du mir das hier gezeigt hast. Schade, dass ich meine Kamera nicht dabeihabe. Diese Bäume sind wirklich unglaublich, so inspirierend und großartig.“
„Heb dir ein paar von den schwärmerischen Eigenschaftswörtern für später auf, Claire“, empfahl Ethan.
„Wieso?“
„Du hast die Dünen noch nicht gesehen. Lass uns jetzt weitergehen.“ Er hielt ihr die Hand hin.
Claire nahm sie, und es fühlte sich ganz selbstverständlich und richtig an.
Ethan hatte recht gehabt: Die Dünen waren ebenfalls ein überwältigender Anblick. Steil abfallend, aus feinstem Sand – der wie ein goldener Teppich wirkte, gefleckt mit braunen und grünen Grasbüscheln –, erstreckten sie sich bis zum Wasser des großen Sees.
„Wie wär’s? Lass uns nach unten laufen“, schlug Claire übermütig vor.
„Das ist keine gute Idee.“
„Es ist doch nicht weit, Ethan!“
„Runter nicht … aber der Anstieg zurück nach oben wäre die pure Hölle“, warnte er.
„Da hast du recht.“ Sie lächelte dämonisch. „Trotzdem: wetten, dass ich eher unten bin als du?“
Pfeilschnell lief sie los, drehte sich um und winkte ihm selbstsicher zu. Daraufhin verlor sie prompt den Halt und stürzte, sich überschlagend, in einem Sandwirbel den Abhang hinunter.
„Claire!“, brüllte Ethan entsetzt.
Sein Herz schien stehen zu bleiben, als er sie unten reglos liegen sah. Er riss sich den Rucksack herunter und begann, nach unten zu laufen. Vor lauter Sorge achtete er nicht auf seinen Tritt und verlor ebenfalls das Gleichgewicht.
Noch bevor er ganz unten ankam, hörte er Claires heiseres Lachen.
„Wie eilig du es hast“, sagte sie, als er neben ihr liegen blieb.
Sie klang seltsam zufrieden, fand er, während er herauszufinden versuchte, was bei den Purzelbäumen am meisten Schaden genommen hatte: sein Kopf, seine Rückseite … oder sein Stolz.
„Ich vermute, du bist okay“, sagte Ethan ziemlich mürrisch.
„Abgesehen davon, dass ich mir wie eine Idiotin vorkomme, ja.“ Lachend stand sie auf und schüttelte sich den Sand von den Kleidern.
„Es war ja auch dumm, was du gemacht hast.“ Er blieb lieber noch liegen, weil ihn die Aussicht, sich zu bewegen, nicht gerade begeisterte.
„Aber immerhin keine Absicht!“, hielt sie dagegen.
Seine Kritik glitt offensichtlich an ihr ab wie Wasser von einem Entenrücken. Lächelnd blickte Claire auf ihn hinunter, sie wirkte strahlend und entspannt. Ihre Wangen glühten, ihre Augen leuchteten, und ihr Ausdruck war eine unwiderstehliche Mischung aus Vergnügen und Schalkhaftigkeit.
„Gib’s doch zu, Seaver. Sobald du wusstest, dass du nicht tot warst, hast du es auch toll gefunden!“
„Du hast mich zehn Jahre meines Lebens gekostet“, konterte er missmutig.
„Ich?“ Sie blieb gut gelaunt. „Das war eher dein Sturz! Danke übrigens, dass du mir zu Hilfe geeilt bist. Du warst das reinste Rollkommando!“
„Trag mich zurück nach oben, Claire, und wir sind quitt.“
„Da bleibe ich lieber in deiner Schuld“, wehrte sie ab. Trotzdem ging sie zu ihm und hielt ihm die Hand hin. „Dir beim Aufstehen zu helfen ist natürlich etwas anderes.“
Er nahm ihre Hand, aber er zog nicht sich hoch, sondern Claire zu sich herunter. Sie landete auf seiner Brust liegend und wirkte plötzlich alarmiert statt amüsiert.
„Was machst du da?“, fragte sie.
„Ich habe selber keine Ahnung“, gab er zu – was ihm nicht leichtfiel, da er doch sonst immer genau wusste, wo es langging. „Vielleicht war es ein Fehler, dich zu bitten, noch ein bisschen zu bleiben.“
„Wieso?“
„Weil es viel leichter war, dich zu hassen, Claire.“
Und dann drückte er ihr die Lippen auf den Mund, sanft zuerst, damit sie, falls sie es wollte, sich aufrichten und dem Ganzen ein Ende machen konnte.
Sie tat es nicht.
Stattdessen schmiegte sie sich an ihn und schob die Zunge zwischen seine Lippen.
Mehr Ermutigung brauchte er nicht. Er presste sie an sich und rollte mit ihr so lange weiter, bis er wieder oben lag.
„Ich will dich, Claire“, flüsterte Ethan rau. „Das ist eine Tatsache.“
„Die du gern ändern würdest?“
Er schwieg.
„Ich kenne das Gefühl genau. Mir geht es mit dir genauso“, gestand sie leise.
Das schien ihn zur Besinnung zu bringen. Rasch stand er auf und half auch ihr auf die Beine.
Der Anstieg zum Dünenkamm war genauso höllisch, wie Ethan prophezeit hatte. Morgen habe ich einen fürchterlichen Muskelkater, sagte sich
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