Julia Extra Band 0295
Viele Jahre lang habe ich in ihm meinen treuen Gefährten, den festen Halt in meinem Leben gesehen. Aber nachdem ich ihn geküsst habe, hat sich alles für immer verändert. Ich weiß nicht, wie ich mich verhalten soll. Obwohl ich ungern jemanden darum bitte, frage ich dich: Kannst du mir helfen, Simone?“
Als Brooke sah, wie Simone sich auf die Unterlippe biss, wollte sie die Hand ihrer Schwester ergreifen. Doch sie war so unsicher, wie Simone darauf reagieren würde, dass sie sich lieber zurückhielt.
„Warum bist du nicht gleich zu mir gekommen?“, fragte Simone. „Sag jetzt bitte nicht, weil mein Apartment so klein ist oder weil Jerry raucht.“
„Ich …“ Brooke zögerte. Durfte sie es aussprechen? Unwillkürlich musste sie an Emilys Worte denken .Tu es einfach. „Weil du meinetwegen schon auf so viel verzichten musstest, Simone. Ich weiß,dass es nicht dein Wunsch war, mich aufzuziehen. Wie könnte ich dich da bitten, noch mehr für mich zu tun?“
Als Simone protestieren wollte, schnitt Brooke ihr das Wort ab: „Du warst damals selbst noch ein Kind. Du hattest so große Pläne. Und als Mum und Dad dann gestorben sind, musstest du alles aufgeben und dich um eine Dreizehnjährige kümmern. Seit ich alt genug bin, habe ich darum versucht, so unabhängig wie möglich zu sein.“
Simone wurde immer blasser. „Ich hab nie verstanden, warum du diesen blöden Kerl heiraten wolltest. Du warst so ein gescheites Kind. Deshalb hab ich schließlich angenommen, dass du dich unsterblich in ihn verliebt hast. Aber nun ist mir alles klar. Du hast diesen Betrüger, diesen Bastard … meinetwegen geheiratet?“
Bedächtig strich Brooke sich das Haar aus dem Gesicht. Die Antwort fiel ihr nicht leicht. „Ich hab ihn geheiratet, weil er amüsant war, weil er mich anhimmelte und mir einen Antrag gemacht hat.“
„Sicher. Wenn du dir das einreden willst, mach nur weiter so. Oh, du Dummerchen“, sagte Simone ohne den typischen sarkastischen Unterton. „Als Mum und Dad starben, habe ich ganz allein entschieden, dich zu mir zu nehmen – obwohl jeder mir davon abgeraten hat.“
„Wirklich?“
„Na klar. Sie sprachen davon, dich zu einer entfernten Tante zu schicken, aber das konnte ich nicht zulassen.“ Simone schniefte und schüttelte das dunkle Haar. „Kurz nachdem du zu mir gekommen bist, habe ich erfahren, dass ich keine eigenen Kinder bekommen kann. Das hat die Situation für mich nicht gerade leichter gemacht.“
„Oh Simone.“ Ohne an ihre Unsicherheit zu denken ergriff Brooke die Hand ihrer Schwester. Als sie spürte, wie Simones Finger sich um ihre schlossen, freute sie sich und genoss den bestärkenden Moment.
„Und trotzdem war ich fest entschlossen, diese störrische Dreizehnjährige aufzuziehen. Manchmal habe ich natürlich schon das Gefühl gehabt, dass das Schicksal keine Gnade kennt. Besonders, als du gerade mal erwachsen warst und nicht nur sofort geheiratet hast, sondern auch noch im Handumdrehen schwanger wurdest. Zu der Zeit habe ich mir meine frostige Haltung zugelegt, sonst wäre ich mit alledem nicht fertig geworden. Was glaubst du, warum ich Anwältin geworden bin?“
Obwohl ihr Tränen in den Augen standen, musste Simone grinsen. Auch Brooke konnte sich nicht mehr halten und brach in Gelächter aus.
„Jetzt weißt du, warum ich so verrückt nach deinen Kindern bin“, erklärte Simone. „Obwohl Cal mich nicht leiden konnte, hast du immer dafür gesorgt, dass sie zu meinem Leben gehörten. Dafür danke ich dir. Aufrichtig.“
Brooke drückte Simones Hand. „Weiß Jerry das alles?“
„Er weiß es. Er liebt mich. Warum sollte ich ihn sonst um mich haben wollen?“
„Ich dachte immer, das hätte was mit seinem Zungenpiercing zu tun.“
„Das ist gut möglich.“ Simone blinzelte die Tränen fort. „Was brauchst du denn nun? Geld? Einen Job? Eine Unterkunft?“
Doch Brooke wurde klar, dass sie noch immer selbst für ihren Unterhalt sorgen wollte – und dass sie es schaffen würde. Von Simone erhoffte sie sich etwas anderes. „Was ich wirklich brauche, ist, dass du immer für mich da bist – egal, was passiert.“
Simone strahlte. „Das bin ich immer gewesen, Liebes. Aber ich werde dich in Zukunft öfter daran erinnern.“
Nachdem die Kinder an diesem Abend ins Bett gegangen waren, ging Dan auf die Suche nach Brooke. Den ganzen Tag hatten sie kaum Zeit miteinander verbracht. Er hatte nicht mit ihr sprechen, sie nicht berühren können. Und er wusste nicht, was sie
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