Julia Extra Band 0295
zitieren: ‚Just do it – Tu es einfach.‘ Und zusätzlich gebe ich Ihnen ein Zitat von einer Frau mit auf den Weg, die sich mit den Tücken des Lebens auskennt – von mir selbst: Es gibt nichts Schlimmeres, als verpassten Gelegenheiten hinterherzutrauern.“
Am liebsten hätte Brooke Emily alles anvertraut: den Kuss und wie sie danach so getan hatten, als habe sich nichts zwischen ihnen geändert. Wie sehr sie Dan begehrte, aber ihrem Verlangen aus Angst vor den Folgen nicht nachgeben konnte. Nur zu gern hätte sie Emily erzählt, dass sie auch nach dem Kuss noch immer nicht genau wusste, was Dan für sie empfand. Doch ihre angeborene Zurückhaltung behielt die Oberhand, und so schwieg sie.
Nachdem Emily gegangen war, wandte Brooke sich der Telefonanlage zu, die mittlerweile wild blinkte wie ein Raumschiff beim Landeanflug.
In der Mittagspause fuhr Brooke zum Strandhotel, um Lily abzuholen. Ohne Dan, dem sie glücklicherweise auch nicht über den Weg gelaufen war. In dem Fall hätte sie beim besten Willen nicht gewusst, was sie zu ihm sagen sollte.
Simone öffnete die Tür ihrer Suite. Mit der freien Hand versuchte sie, einen Ohrring in ihr rechtes Ohr zu stecken. Keine Umarmung, keine Küsse, kein Lächeln. Nur ein Nicken. „Ausgezeichnet. Ganz pünktlich. Ich habe schon ausgecheckt, muss heute Nachmittag noch arbeiten.“
„Du hättest mich anrufen können“, sagte Brooke. „Dann wäre ich früher gekommen.“
„Nein, nein.“ Während sie noch immer mit dem Ohrring beschäftigt war, fuhr Simone fort: „Ich will auf keinen Fall, dass du Probleme mit deinem Boss bekommst.“
„Wo ist Lily?“
„Unten am Pool mit Jerry. Er wollte ihr kurz Hallo sagen, bevor sie fährt. Lily verabschiedet sich gerade von ihrer Fantasieschildkröte Mickey. Wenn Lily herkommt, ist Mickey immer bei uns, aber begleitet sie nie nach Hause. Komisches Kerlchen.“
„Ein Seelentröster“, meinte Brooke nachdenklich. „Wie ihre Federboa. Wie Beaus Kissen.“ Wie Dan für mich und ich für Dan? Mehr sind wir nicht füreinander? Habe ich ihn nur des halb geküsst? Hat er den Kuss nur erwidert, weil es bequem war? Konnte ich ihm darum nicht sagen, dass ich ihn geküsst habe, weil ich es wollte?
Brooke war nervös. Kaum hatte sie sich auf die Bettkante gesetzt, stand sie wieder auf und ging zum Fenster.
„Keine Panik“, lachte Simone. „Lily kommt sofort. Dann siehst du deinen Dan gleich wieder.“
Abrupt drehte Brooke sich zu Simone um. Sie konnte es nicht länger für sich behalten. „Ich habe ihn geküsst.“
Mit großen Augen starrte Simone sie an. Brooke war nicht sicher, ob sie ihre Schwester jemals so verblüfft gesehen hatte. Normalerweise verbarg sie diese Art von Gefühlen hinter Sarkasmus und Gleichgültigkeit.
„Wer hätte das gedacht?“ Simone setzte sich aufs Bett. Den Ohrring hatte sie offensichtlich vergessen. „Ich meine, es hat sich ja seit Langem angebahnt. Aber ich habe wirklich nicht geglaubt, dass ich es noch erleben würde.“
Brooke nahm neben ihrer Schwester Platz. „Also, ich habe ihn geküsst. Und es war … berauschend. Wie ein Feuerwerk. So etwas habe ich noch nie erlebt. Aber dann ist er plötzlich gegangen. Allein. Und heute hat er mir dies hier geschenkt.“ Damit öffnete sie die obersten Knöpfe ihrer hochgeschlossenen Bluse und zeigte Simone das Medaillon.
„Dieser Bastard. Der Mann ist bestimmt ein Tunichtgut“, sagte Simone voller Ironie. „All diese Jahre hat er sich um dich gekümmert, in der Stunde der Not überlässt er dir sein Heim, kauft dir Geschenke und öffnet dir sein Herz. Das ist natürlich nur Tarnung. So perfekt kann niemand sein.“
Mit jedem Wort fühlte Brooke sich schlechter. „Musst du das eigentlich immer tun?“, fragte sie.
„Was denn?“
„Kannst du mir nicht ein Mal in deinem Leben ein bisschen Mitgefühl entgegenbringen? Oder zumindest so tun, als ob es dir etwas ausmacht, dass ich so durcheinander bin?“
Simone wurde rot und presste die Lippen zusammen. Mit dieser Miene kündigte sich für gewöhnlich an, dass ab sofort Schweigen zwischen ihnen angesagt war. Nach vierzehn Tagen würde alles wieder normal weitergehen – und das hatte Brooke unendlich satt.
Bevor sie es sich anders überlegte, sagte sie: „Siehst du nicht, dass ich deine Hilfe brauche? In meinem Kopf herrscht ein einziges Chaos. Ich bin wütend auf Cal und gleichzeitig traurig, weil er für immer gegangen ist. Und mittendrin Dan. Er war Cals Vertrauter und Freund.
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