Julia Extra Band 0295
sich in seinen Armen angefühlt hatte.
Beides erfüllte ihn mit Sehnsucht und Verlangen.
Als er endlich einschlief, träumte er, dass er seine Frau liebte, während ihr Sohn im sonnendurchfluteten Kinderzimmer babbelte und gurrte. War dieses Baby Daniel? Er kam in seinem Traum nicht nahe genug heran, um nachzusehen. Doch seltsamerweise spielte es keine Rolle.
Als er erwachte, waren seine Wangen feucht.
Drei Tage waren seit ihrer ersten Begegnung mit Daniel in dem kahlen Konferenzzimmer der Adoptionsagentur vergangen. Duncan und Reese hatten das Baby inzwischen zwei weitere Male gesehen. Bei jedem Besuch hatte Duncan sich unbehaglicher gefühlt. Die prickelnde Erregung, die ihn durchströmte, als er Daniel zum ersten Mal in den Armen hielt, hatte weiter zugenommen, und je mehr sie wuchs, desto stärker fürchtete er den Moment, wenn die Seifenblase platzte.
Die beiden ersten Begegnungen hatten in der Agentur stattgefunden, die dritte im Haus der Pflegemutter. Dieser letzte Besuch hatte länger gedauert. Reese hatte Gelegenheit gehabt, dem Baby die Windeln zu wechseln, es zu füttern und in dem hübschen Rollbettchen in den Schlaf zu wiegen, das eine Ecke des kleinen Kinderzimmers einnahm. Duncan bediente die Kamera und lehnte alle Angebote ab, das Baby auf den Arm zu nehmen.
Das Wochenende kam näher. Weitere Besuche bei Maggie waren für Sonnabend und Montag geplant. Sie hatten sich darauf geeinigt, dass Dienstag der große Tag sein sollte. Dienstagnacht würden Reese, Daniel und Duncan als kleine Familie unter einem Dach schlafen.
Zumindest für die anderen.
Die Farbe im Kinderzimmer war getrocknet. Reese hatte den Anstrich allein beendet. Nach ihrem Streit hatte sie die ganze Nacht gearbeitet und fast den ganzen nächsten Tag geschlafen. Obwohl sie im selben Haus lebten, sahen sie sich kaum. Duncan wurde das Gefühl nicht los, dass Reese ihm aus dem Weg ging. Ihm sollte es recht sein. Es hielt ihn davon ab, seine Gedanken in Regionen schweifen zu lassen, wo sie nichts zu suchen hatten.
Duncan war zum dritten Mal auf dem Dachboden gewesen und trug gerade das letzte Teil des zerlegten Kinderbettchens nach unten, als das Telefon läutete. Reese hatte das Haus vor einigen Minuten verlassen, um Einkäufe zu machen. Er beschloss, die Nachricht vom Anrufbeantworter aufzeichnen zu lassen, um keine ernsthafte Verletzung zu riskieren, wenn er mit dem schweren eichenen Kopfteil die schmalen Stufen hinuntereilte.
Als er den Fuß der Treppe erreichte, hörte er den Signalton des Geräts, gefolgt von einer weiblichen Stimme.
„Hi, Reese, hier ist Sara. Ich hoffe, du bist noch nicht weg, denn ich habe eine schlechte Nachricht für dich. Leider schaffe ich es heute Nachmittag nicht. Im Büro ist etwas passiert, und ich kann nicht fort, weil ich diesmal für die Promotion verantwortlich bin. Ich wollte vorschlagen, dass wir den Termin auf heute Abend oder morgen verschieben. Ruf mich im Büro an, okay?“ Es entstand eine kurze Pause, dann fügte Sara hinzu: „Nur für den Fall, dass du schon weg bist: Ich werde es auch auf deinem Handy versuchen. Bis bald.“
Reese hatte erzählt, dass Sara und sie zu einem großen Spezialgeschäft für Babyartikel wollten, um die Geschenkliste für die bevorstehende Party der Frauen zusammenzustellen. Duncan hatte sich seltsam ausgeschlossen gefühlt, und das war lächerlich. Weshalb sollte er mitfahren? Jenny würde gewiss nicht dort sein und zusehen, wie sie einen Sportwagen aussuchten oder in Jubel über die Babykleidung ausbrachen. Und wenn nicht wegen Jenny – weshalb sollte er dann mitkommen? Seit dem Kuss hielten Reese und er sich sorgfältig voneinander fern.
„Ich kann Einkäufe sowieso nicht leiden“, murmelte er.
Außer mit Reese. Sie konnte sogar den Gang in ein gewöhnliches Lebensmittelgeschäft in ein Abenteuer verwandeln. Selbst das Aussuchen der Farbe hatte richtig Spaß gemacht.
Ein Handy spielte die ersten Takte der Ouvertüre von Wil helm Tell und riss Duncan aus seinen Gedanken. Es war Reeses Gerät. Seines läutete auf traditionelle Weise. Total langweilig, nach Ansicht seiner Frau, aber erheblich seriöser, wenn es nach ihm ging. Reese musste ihr Handy auf der Ladestation gelassen haben, sodass ihre Freundin sie nicht erreichen konnte.
Nachdenklich rieb er seinen Hals und zupfte an seinen Haarspitzen. Natürlich konnte Reese allein einkaufen. Sie brauchte keine Hilfe beim Aussuchen der Babyausstattung und des Zubehörs. Trotzdem holte Duncan seine
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