Julia Extra Band 0295
Es stand zu viel zwischen ihnen. Nicht nur Noahs Trauer und die von Tim. Auch ihre Sehnsucht nach einem eigenen Kind.
Tim, Cilla und Rowdy waren Belindas Kinder, Noahs und Belindas gemeinsame Kinder. Wie sollte sie diese Kinder großziehen, ohne sich nach eigenen zu verzehren? Eines Tages würde Tim ihr sagen, dass sie nicht seine Mutter sei, und daran würde sie zerbrechen.
Abschied war die einzige Lösung.
Doch als Noah den Kopf hob und sein Mund ihre Lippen suchte, gab sie nach und erlaubte sich und ihm diesen wilden, verzweifelten, hungrigen Kuss. Sie stöhnte auf, als er ihre Brüste streichelte, und drängte sich ihm entgegen. Ihre inmitten von Trauer, Elend und Hoffnungslosigkeit ausbrechende Leidenschaft war auch eine Liebeserklärung an das Leben. Jennifer wusste das. Aber was zählte, war die Hitze ihrer Liebe zu Noah und das Bedürfnis, ihm nah zu sein.
Sie sanken aufs Sofa, küssten und streichelten sich. „Ich brauche dich, Jennifer“, murmelte er. „Ich brauche dich.“ Seine Stimme klang rau vor Verlangen und Schmerz. „Geh nicht fort. Bleib bei mir.“
„Noah“, flüsterte sie und küsste ihn. Nie hatte sie ihn mehr begehrt. Fortlaufen konnte sie jetzt nicht mehr. „Ich bin bei dir.“
„Ich kann nicht mehr von dir lassen.“ Er bedeckte sie mit Küssen auf ihren Mund, ihr Gesicht, ihren Hals, die Grube zwischen ihren Brüsten. Er brandmarkte sie als seinen Besitz mit Lippen und Händen. Seine fiebrigen Liebkosungen setzten sie in Flammen, bis sie nichts anderes mehr wollte, als ihm mit Haut und Haaren zu gehören. „Jetzt“, flüsterte sie und bog sich ihm entgegen.
Noah schaute hoch. Seine Augen waren schwarz vor Begehren. „Lass uns ins Schlafzimmer gehen.“
„Ja.“ Sie sprang auf und setzte sich wieder. „Meine Beine sind zu schwach, ich kann nicht gehen.“
Er lächelte. „Ich werde dich tragen. Du gehörst mir, Jennifer.“
Wo war Noahs Sanftmut geblieben? Er benahm sich wie ein Räuber. Das gefiel ihr. Sie stöhnte auf und küsste ihn.
Da fiel Scheinwerferlicht durchs Fenster, und Kies knirschte unter Rädern.
„Die Kinder sind da“, sagte sie tonlos.
Noah hielt inne und sah sie zärtlich an. „Heute Nacht, Jennifer.“ Dann stellte er sie auf die Beine.
Tiefe Traurigkeit erfüllte sie. Sie hatten ihre Chance verpasst. Jennifer schüttelte den Kopf.
Sein brennender Blick suchte ihre Augen. „Heute Nacht. Ohne Wenn und Aber. Du gehörst mir.“
Jennifer lehnte an seiner Schulter, bis sie Kraft und Gleichgewicht wiedergewann. „Ich sollte jetzt gehen.“
„Bitte bleib.“ Er hob die Hand, als sie ihm ins Wort fallen wollte. „Du denkst an Jan und Peter und Tim. Doch wir sollten auch an Cilla und Rowdy denken. Die Kleinen werden verwirrt und verängstigt auf die Gefühlsausbrüche der anderen reagieren. Sie brauchen jemanden, der ihnen alles in Ruhe erklärt. Vielleicht mit ihnen ins Nebenzimmer geht.“
Jennifer kaute nachdenklich an der Unterlippe. Was er sagte, stimmte. Den beiden Jüngsten fehlte die Erinnerung an Belinda. Die Trauer ihres großen Bruders und ihrer Großeltern würde sie verstören.
„Ich bleibe“, sagte sie zögernd. „Bis die Kinder im Bett liegen.“
„Auch danach. Jan und Peter werden nicht über Nacht bleiben.“
Bevor sie antworten konnte, flog die Tür auf, und Tim stürzte herein. „Dad, Dad, wir sind wieder da. Es gibt Nachrichten von Mummy, sagen Nana und Pa.“
Noah breitete die Arme aus, um seinen kleinen Sohn aufzufangen. „Ja, mein Junge“, sagte er traurig. „Es gibt wirklich etwas, was ich dir erzählen muss.“
Tim wurde kalkweiß und schlug um sich. „Nein, du lügst. Mummy ist nur für eine Weile fortgegangen.“
„Timmy, mein Sohn, hör mir zu!“ Noah hielt ihn fest. „Man hat sie gefunden, Tim. Mummy hat uns nie verlassen. Sie wollte nur einen Spaziergang machen und wurde überfahren. Wir haben sie für immer verloren. Sie hat … ihren Frieden gefunden, Timmy. Sie ist nicht mehr traurig.“
„Nein. Nein.“
Die Schreie kamen von der geöffneten Tür, wo Jan stand und sich an der Klinke festkrallte. Sie zitterte am ganzen Leib. „Nein … nicht mein Mädchen … nicht meine Linnie …“
Tim brach wimmernd in den Armen seines Vaters zusammen.
Peter sagte gar nichts, sondern holte sein Handy hervor und wählte eine Nummer. Gewiss die der Missing Persons Unit.
„Peter, es stimmt“, sagte Noah ruhig. „Es war ein Unfall mit Fahrerflucht. Der Schuldige hat vor Kurzem einen anonymen Brief
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