Julia Extra Band 0295
eine Weile gedauert, alle Gläubiger auszubezahlen und die Schulden bei der Bank zu begleichen. Und jetzt ist alles weg. Wirklich alles.“
Augenblicklich wich das warme Gefühl in Brookes Bauch einer heißen Wut.
Dan schien die Veränderung zu spüren und drückte ihre Hand. Wollte er sie trösten? Ihr sein Verständnis bekunden? Für sie der rettende Hafen in diesem Sturm sein? Was immer er ihr damit zeigen wollte – es beruhigte sie, als allmählich ihre Erinnerung zurückkehrte.
Alles war weg, was sie und Cal zur Seite gelegt hatten: das Haus, die Lebensversicherung, die Aktien. Für den Fall, dass einem von ihnen etwas zustieß, hatten sie dadurch ihre beiden kleinen Kinder finanziell absichern wollen.
Und tatsächlich war dieser Fall inzwischen eingetreten: Vor drei Monaten war ihr Ehemann, Dans bester Freund Calvin Findlay, tödlich verunglückt. Nachdem er beim Motorradrennen, dem Großen Preis von Italien, gesiegt hatte, war er an der italienischen Küste mit einem Hunderttausend-Dollar-Maserati und einer jungen Frau an seiner Seite über eine Klippe gefahren. Von dem Maserati hatte Brooke nichts gewusst, von Cals Geliebter allerdings schon.
Bei dem Gedanken breitete sich eine eisige Kälte in Brookes Innern aus und verdrängte die Wut und den Schmerz. Nur Dan, der sie weiterhin zart streichelte, spendete ihr wohltuende Wärme, ließ sie nicht den Mut verlieren.
Dennoch entzog Brooke ihm die Hände. Sein Trost und sein Mitgefühl machten sie seltsam kraftlos, und gerade jetzt musste sie stärker sein als je zuvor.
„Stimmt“, sagte sie und schüttelte sich das Haar aus dem Gesicht. „Nach so einer Nachricht habe ich mich wohl kaum zu einem Nickerchen hingelegt. Ich gebe also hiermit offiziell zu, dass ich ohnmächtig geworden bin.“
Ein kleines Lächeln huschte über Dans Gesicht, doch sofort wurde er wieder ernst. „Brooke, was ist denn bloß passiert? Wo ist das ganze Geld geblieben?“
Stumm zuckte sie mit den Schultern, kämpfte die aufsteigenden Tränen nieder. In Tränen auszubrechen hatte genauso wenig Platz in ihrem Leben wie in Ohnmacht zu fallen. Kleine Kinder mit aufgeschürften Knien oder Männer, die zu tief ins Glas geschaut hatten, weinten – Menschen, die ihren Kummer und ihre tiefsten Gefühle öffentlich zur Schau stellen wollten.
„Allein durch die Sponsoren muss er im letzten Jahr an die drei Millionen Dollar verdient haben“, fuhr Dan fort. „Eigentlich hätte nach Abzug der Kosten für das Haus, das Auto und für Beaus Schule noch ein ansehnlicher Notgroschen für dich übrig bleiben müssen.“
„Vergiss die hohen Ausgaben für den Sportagenten nicht“, betonte Brooke scharf.
Ihre Blicke kreuzten sich. Kühl hielt Dan dem hitzigen Funkeln in Brookes Augen stand. Sie spürte die Spannung, die zwischen ihnen beiden knisterte.
Kaum merkbar lehnte sich Dan zurück, zog sich körperlich und gefühlsmäßig von ihr zurück. Abwehrend hob er die Hände. „Ich sage nur, wie es ist, Brooke. Und ohne mich hätte Cal es außerdem nie vom Amateurrennfahrer an die Spitze geschafft.“
„Findest du nicht, dass das ziemlich eingebildet klingt?“
„Nein, nur ehrlich.“
„In Ordnung“, gab sie zurück. Doch so schnell wollte sie ihm nicht verzeihen – immerhin war Dan der beste Freund dieses Mistkerls gewesen. „Wenn du also Cals gute Fee gewesen bist, dann sag du mir bitte, wie das alles passieren konnte. Soweit ich weiß, hast du doch unsere Finanzen geregelt.“
Für einen kurzen Moment lag Überraschung in Dans Blick.
Bedächtig fuhr er sich mit der Hand übers Kinn. „Ich habe schon lange nichts mehr mit euren Finanzen zu tun. Cal hat mir vor einiger Zeit mitgeteilt, dass du dich selbst um seine Preisgelder und eure anderen Anlagen kümmern wolltest. Ich fand, es klang ziemlich vernünftig. Außerdem habe ich angenommen, du wolltest einige Dinge vielleicht lieber nur zwischen euch beiden halten – ohne mich als Dritten im Bunde.“
Brookes Magen begann erneut zu rebellieren. Dieses Mal fühlte es sich viel schlimmer an als die Ohnmacht: Ihr war, als wäre ihr alles, woran sie bisher geglaubt hatte, unter den Füßen weggezogen worden. Und Dan wirkte geradezu entspannt – als würden sie nicht über das Ende des Lebens, so wie sie es kannte, sprechen. Die Menschen, denen sie vertraut hatte, waren anscheinend nie ernsthaft auf ihrer Seite gewesen.
„Du meinst, ich hätte etwas vor dir geheim halten wollen?“ Brooke lachte auf. „Seit Cals erster
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