Julia Extra Band 0297
Schluchzen blieb ihr im Hals stecken.
Er hat mir nie etwas versprochen oder von Liebe geredet, erinnerte sie sich fast wütend. Er gibt mir alles, was er geben kann. Mehr darf ich nicht erwarten …
Aber diese Tatsache war mittlerweile immer schwerer zu akzeptieren. Maggie wollte nicht bis in alle Ewigkeit in einer Zweckbeziehung leben. Und sie würde um das kämpfen, was sie sich sehnlich wünschte: um Khalid. Sie wollte ihn für sich gewinnen.
Ich liebe ihn, schoss es ihr durch den Kopf. Sie hatte sich tatsächlich unendlich in diesen stolzen, ehrbaren Mann verliebt, der ihr Zärtlichkeit und Schutz geschenkt hatte und durch den Wonne und Leidenschaft endlich feste Bestandteile ihres Lebens geworden waren.
„Wo willst du hin?“, erkundigte er sich und riss sie damit aus ihren Gedanken.
Abrupt blieb sie stehen und sah sich halb zu ihm um, wagte es allerdings nicht, ihm direkt in die Augen zu schauen. Maggie fühlte sich schrecklich verletzlich und befürchtete, dass Khalid ihr ihre Gefühle an der Nasenspitze ansehen konnte.
„Zu den Ställen. Ich habe Afraa heute den ganzen Tag noch nicht gesehen. Außerdem wollten die Kinder noch zu Besuch kommen.“
„Das hatte ich vollkommen vergessen! Ich komme mit.“
„Aber was ist mit deiner Arbeit? Du hast dir schon den gesamten Morgen freigenommen.“ Ihre Überraschung ließ Maggie unvorsichtig werden, und sie begegnete Khalids Blick. Ihr war, als würde sie in einen dunklen Strudel gezogen, dessen Energie und Gewalt sie nicht begriff und nicht kontrollieren konnte.
„Dieses Land wird nicht auseinanderbrechen, wenn ich mal einen Tag mit meiner Familie verbringe.“
Seiner Familie … aber natürlich sprach er nur von den Kindern seiner Cousins.
Maggie schluckte ihre Enttäuschung hinunter. Entschlossen biss sie die Zähne zusammen, als Khalid ihre Hand ergriff und sie zur Tür hinausführte.
9. KAPITEL
Khalid verließ gerade sein Büro und ging den Flur entlang, als er plötzlich glockenhelles Gelächter hörte. Irritiert blieb er stehen und warf einen Blick in den Raum, aus dem die Geräusche kamen.
Unzählige Frauen saßen darin und unterhielten sich angeregt. In ihren farbenfrohen, traditionellen Gewändern wirkten sie wie ein Schwarm bunter Vögel. Anhand der Kleidung erkannte Khalid ebenfalls, dass sie von weither aus den Bergen angereist waren.
Die Gruppe hatte sich um mehrere Tabletts mit süßen Pasteten und dampfendem Tee geschart. Sein Blick blieb an einer Gestalt in bernsteinfarbener Seide hängen. Stürmisches Verlangen überfiel ihn bei der Erinnerung an die letzte Nacht, als er diese reizenden Kurven eng an seinem Körper gespürt hatte.
Maggie sprach Arabisch, etwas umständlich, aber trotzdem fließend.
„Ein Glück für mich, dass Sie Geduld mit meinen spärlichen Versuchen haben, Ihre Sprache zu erlernen.“
Wieder kicherten die Frauen vergnügt und überschlugen sich förmlich mit Komplimenten darüber, wie schnell ihre königliche Hoheit dazulernen würde. Khalid war wie vom Donner gerührt. Zwar hatte er gewusst, dass Maggie gute Fortschritte mit ihrem Sprachunterricht machte – der Privatlehrer zahlte sich wahrlich aus –, aber so sicher hatte er sie bisher nie reden hören.
„Es ist mir wichtig, Ihre Sprache zu kennen“, erklärte sie den Frauen. „Shajehar ist jetzt meine Heimat. Außerdem möchte ich eines Tages gern an der Universität studieren. Und dafür muss ich natürlich die Seminare verstehen können.“
Daraufhin überschütteten die Besucherinnen Maggie förmlich mit ihren Fragen. Durfte eine Frau wirklich an der Universität studieren? Galt das etwa für alle Frauen?
Maggie beantwortete die Fragen mit Hilfe einer Vertreterin der Bildungsbehörde, die neben ihr stand. Sie berichtete sogar von neuen Stipendien für Anwärter, die weit außerhalb der Städte lebten. Über eben diese Stipendien hatte sie schon vor wenigen Wochen mit Khalid gesprochen.
„Auf diese Weise können Ihre Kinder eines Tages in der Stadt studieren“, fuhr sie fort. „Aber zuerst müssen sie die Schule abschließen, die für sie gebaut werden wird.“
Eifrig diskutierten die Anwesenden über die Einwände, die ihre Männer gegen diese neuen Pläne haben könnten. Offenbar war es alles andere als selbstverständlich, dass sie ihren Töchtern erlaubten, sich unterrichten zu lassen.
In diesem Moment hob Maggie den Blick und bemerkte Khalid, der sie schweigend beobachtete. Flammende Röte überzog ihre Wangen, und mit einem Mal
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