Julia Extra Band 0299
Arzt hatte sich noch immer nicht blicken lassen.
Sie machte sich große Sorgen um Mychale. Einige Stunden lang hatte er einen ganz normalen, gesunden Eindruck gemacht, aber dann fiel er von einer Sekunde auf die andere in eine Art Bewusstlosigkeit. Es war beängstigend. Jedenfalls konnte sie ihn nicht allein lassen.
Doch wenn Gregor nicht bald auftauchte, musste sie erneut eine Fahrt in diesem gefährlichen Geschoss wagen. In der Dunkelheit fiel der Wagen wenigstens nicht auf. Hoffentlich war Gregor zu Hause und hatte sich nicht auf den Weg nach Altamere gemacht, um der dort residierenden Fürstenfamilie zu berichten, was im Chalet vor sich ging!
Abby wurde immer unruhiger. Sie verbrachte einige Zeit damit, Brianna das Fläschchen zu geben und mit der Kleinen zu spielen. Immer wieder kreisten ihre Gedanken dabei um Gregor. Er stand der Fürstenfamilie sehr nahe. Wahrscheinlich hatte er sie bereits über Mychales Zustand unterrichtet. Lange konnte es nicht mehr dauern, bevor die ersten besorgten Besucher hier eintrafen.
Ich muss weg hier, dachte sie verzweifelt. Aber sie konnte den Prinzen doch nicht allein lassen!
„Warum eigentlich nicht?“, fragte sie sich laut. Die Antwort blieb sie sich schuldig. Sie wusste nur, dass sie erst verschwinden konnte, wenn es Mychale besser ging.
Er schlief noch immer. Zärtlich betrachtete sie ihn und überlegte, wieso sie sich so sehr zu ihm hingezogen fühlte, obwohl sie doch wusste, dass er unerreichbar für sie war.
Verträumt sah sie ihn an und schrak auf, als sie draußen ein Geräusch hörte. Sie ging zum Fenster und sah einen Wagen die lange Auffahrt hochfahren. Vor Schreck blieb ihr fast das Herz stehen. Wer mochte das sein?
Erst als das Auto näher kam, atmete sie erleichtert auf. Es war Gregor. Endlich! Und er war offensichtlich ohne Begleitung.
„Wo warst du denn so lange?“, fragte sie aufgebracht, als sie ihn ins Haus ließ.
„Es tut mir entsetzlich leid, Abby“, meinte er ernst. „Aber ich konnte nicht eher kommen. Es gab eine Explosion auf der Forellenfarm. Zwei Arbeiter sind verletzt, und ich musste sie ins Krankenhaus nach Taxton bringen. All die Formalitäten haben ewig gedauert.“
Forschend sah sie ihn an. Sagte er auch die Wahrheit? Wahrscheinlich. Immerhin hatte er sie noch nie belogen.
„Ich dachte, du darfst noch gar nicht praktizieren?“
„Stimmt. Aber ich bin der einzige Arzt weit und breit. Der alte Dr. Penne ist im vergangenen Frühjahr gestorben. Offenbar ist es schwierig, einen Nachfolger zu finden. Also bin ich eingesprungen.“
Als er ihren skeptischen Blick auffing, fügte er beruhigend hinzu: „Ich habe das Studium abgeschlossen, Abby. Mach dir keine Gedanken, ich kenne mich in der Medizin wirklich sehr gut aus.“
„Ach Gregor, daran habe ich keine Sekunde lang gezweifelt.“ Der arme Gregor war sicher verbittert genug, weil er durch den Verlust eines Auges seinen Plan, Chirurg zu werden, hatte aufgeben müssen. Allerdings wirkte er mit der Augenklappe richtig verwegen. Er war ein sehr gut aussehender Mann.
„Aber ich mache mir solche Sorgen um den Prinzen“, fügte sie hinzu.
„Wie geht es ihm?“ Gregor hatte es jetzt sehr eilig, zu seinem Patienten zu kommen.
„Ich weiß es nicht. Eben noch hat er einen völlig gesunden Eindruck gemacht, und dann hat er von einer Sekunde zur nächsten das Bewusstsein verloren.“
Gregor nickte ernst. „Das ist typisch für diese Erkrankung. Leider hat es ihn schlimmer erwischt als befürchtet.“ Er dachte einen Moment lang nach. „Der Prinz sagte ja, dass er noch nie zuvor darunter gelitten hat. Ist er sich dessen absolut sicher?“
„Keine Ahnung. Das musst du ihn selbst fragen.“ Sie biss sich auf die Lippe. „Meinst du, wir sollten ihn ins Krankenhaus bringen?“
„Nicht, solange wir es vermeiden können. Sag mal, würdest du gern deinen Onkel hinzuziehen?“
„Nein! Auf gar keinen Fall!“
Die heftige Ablehnung erstaunte Gregor. „Wahrscheinlich ist er aber der einzige andere Arzt in diesem Land, der sich mit dieser Krankheit auskennt. Und er ist der Leibarzt der Fürstenfamilie.“
Abby wandte sich ab und verschränkte die Arme vor der Brust. Wenn sie sich dem alten Freund doch nur anvertrauen könnte! „Aha.“
„Er kennt die Krankengeschichte des Prinzen. Vielleicht weiß er etwas, was für die Behandlung wichtig ist.“
Jetzt saß sie richtig in der Klemme! Einerseits musste ihr Onkel über Mychales Zustand unterrichtet werden, andererseits würde er
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