Julia Extra Band 0299
verzichten. So ein Pech!
Entschlossen griff sie nach der mit Kaffee gefüllten Thermoskanne, legte die Zeitung ins Spülbecken und goss heißen Kaffee darüber.
„Wie dumm von mir“, flüsterte sie vor sich hin und fügte noch leiser hinzu: „Bitte vergib mir, Mychale.“
Zerknirscht lächelnd betrat sie dann das Frühstückszimmer. „Tut mir schrecklich leid, aber mir ist ein kleines Missgeschick passiert. Ich habe versehentlich Kaffee über die Zeitung gegossen. Sie war leider nicht mehr zu retten.“
Er sah auf. „Halb so wild“, sagte er beruhigend. „Ich schaue sowieso lieber dich an als so eine langweilige Zeitung.“
Schuldbewusst sah sie zu Boden. Es fiel ihr sehr schwer, diesen wunderbaren Mann zu hintergehen. Gesund und strahlend saß er am Tisch und trank seinen Kaffee. Ja, Mychale hatte Klasse. Und er war ein Mann von Ehre. Abby kam sich schrecklich vor. Am liebsten hätte sie ihm die Wahrheit erzählt. Das wäre immer noch besser als diese ständigen Lügen.
Bevor sie allerdings Gelegenheit hatte, ihr Herz zu erleichtern, hörten sie einen Wagen die Auffahrt hochkommen. Mychale und sie traten ans Fenster, um zu sehen, wer der Besucher war.
„Gregor“, stellte Mychale fest. „Prima. Er kann mir bestätigen, dass mit mir wieder alles in Ordnung ist und du dich nicht mehr um mich zu kümmern brauchst.“
Mychale sollte recht behalten. Gregor untersuchte ihn gründlich und verkündete zufrieden, dass die Gesundheit des Prinzen wiederhergestellt sei.
Sehr gut, dann war sie ja endlich frei. Zeit zu gehen.
Doch zuerst musste sie Gregor loswerden! Das gestaltete sich als schwierig. Zunächst wies er darauf hin, dass das Tor zur Auffahrt defekt wäre und dringend repariert werden müsste. Dann unterhielt er sich mit Mychale über Neuigkeiten aus der Umgebung.
Es erstaunte Abby, wie gut der Prinz über die Probleme der Bergseenlandschaft Bescheid wusste, und wie sehr er sich für die Belange der Bevölkerung interessierte. Schließlich konnte Gregor sich doch losreißen. Er musste die beiden Arbeiter im Krankenhaus besuchen, die bei der Explosion auf der Fischfarm verletzt wurden. Allerdings versprach er, am Abend noch einmal vorbeizuschauen.
Abby sah Mychale an. Er würde ihr schrecklich fehlen.
Sie war drauf und dran, ihm zu erzählen, dass sie sich jetzt mit Brianna auf den Weg machen wollte. Hatte er nicht anfangs sogar darum gebeten, dass sie so schnell wie möglich aus seinem Haus verschwand? Seitdem hatte sich jedoch einiges geändert. Mychale wollte nicht mehr, dass sie ging. Also musste sie sich heimlich aus dem Staub machen.
Sie ließ den Kopf hängen. Diese ständigen Heimlichkeiten gingen ihr langsam an die Nieren.
Niedergeschlagen betrat sie die Küche, um die Reste des Frühstücks wegzuräumen und das Geschirr zu spülen. Mychale leistete ihr Gesellschaft und las ihr einen Artikel aus einer der von Gregor besorgten Zeitschriften vor. Es ging um die Schönheit der Seenlandschaft mit ihrer vielseitigen Flora und Fauna. Spontan schlug er vor, Abby und das Baby zu einem Picknick an seinen Lieblingsplatz einzuladen.
Doch Abby hörte gar nicht richtig zu. Sie war viel zu sehr mit ihren eigenen Plänen beschäftigt. An ein Picknick war nicht zu denken.
Inzwischen hatte sie sich überlegt, wohin sie mit Brianna gehen würde: Nach Dharma. Die Kleinstadt, in der die Fürstenfamilie ihr Exil verbracht hatte, lag in erreichbarer Nähe. Abby kannte sich dort gut aus, weil sie die vergangenen drei oder vier Jahre dort überwintert hatte. Sie musste nur darauf achten, dass sie von niemandem erkannt wurde.
Ihr alter Französischlehrer lebte in der Stadt. Er und seine Frau waren enge Freunde gewesen, bis der Onkel sich über zu hohe Honorare für den Unterricht beschwert hatte.
Vielleicht konnte sie bei ihnen unterschlüpfen, bis sie auf eigenen Füßen stand. Immerhin böte sich dem Ehepaar so die Gelegenheit, sich an Dr. Zaire zu rächen.
„Du hörst mir ja gar nicht zu, Abby.“ Mychale beschwerte sich. Er hatte sich von hinten angeschlichen und zog sie an sich. „Wer nicht hören will, muss fühlen“, wisperte er an ihr Ohr, bevor er begann, sein Gesicht in ihrem Haar zu bergen und Küsse auf ihrem Nacken zu verteilen.
Genüsslich schloss sie die Augen und gab sich dem köstlichen Gefühl hin.
Als er von hinten ihre Brüste umfasste, bog sie sich ihm entgegen. Wie sehr sie sich danach sehnte, mit ihm zu schlafen! Das war natürlich völlig verrückt. Aber das heiße Verlangen,
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