Julia Extra Band 0299
sich auf die Couch setzte und sich gegen das Kissen lehnte, unter dem das Lätzchen verborgen war. „Kommen Sie, Abby, setzen Sie sich zu mir. Ich würde mich gern mit Ihnen unterhalten. Sie waren oft im Palast zum Tee oder zum Dinner eingeladen, nicht wahr? Daher kenne ich Sie.“
Abby nickte und setzte sich.
„Ich mochte Sie und Ihre Schwester immer gern. Übrigens mein herzliches Beileid. Das ist wirklich eine tragische Geschichte.“ Mitfühlend drückte Nadia ihre Hand. „Sie müssen ja völlig am Boden zerstört sein.“
Schweigend nickte Abby und versuchte, die Tränen zurückzuhalten.
Nadia ließ ihre Hand wieder los. „Aber Ihrem Onkel traue ich nicht über den Weg. Wissen Sie, was er tut?“
„Ich habe seit Tagen nicht mehr mit ihm gesprochen.“ Sie wusste nur, dass er Brianna als das Kind von Fürst Dane ausgeben wollte. „Und hier oben sind wir mehr oder weniger von der Außenwelt abgeschnitten. Ich habe also wirklich keine Ahnung.“
Nadia verzog das Gesicht. „Er behauptet, dass Fürst Dane ein Kind gezeugt hat, als er bei Kriegsende verwundet und nicht ganz Herr seiner Sinne war. Aber irgendetwas ist an der Geschichte faul.“ Fragend sah sie Abby an. „Hat es je ein Baby gegeben? Bisher scheint es noch niemand gesehen zu haben.“
„Na ja …“ Abby wich dem Blick aus. Erneut machte sich Panik in ihr breit. „Ich werde versuchen, der Sache auf den Grund zu gehen, wenn ich wieder zu Hause bin“, antwortete sie ausweichend.
Nadia schien zufrieden. „Okay. Wenn Sie Hilfe benötigen, können Sie mich jederzeit anrufen. Sie müssen nicht bei Ihrem Onkel wohnen, wenn Sie sich bei ihm nicht wohlfühlen.“
Es klang so verlockend, sich von Nadia helfen zu lassen. Allerdings würde sie ihre Unterstützung ganz sicher verweigern, wenn sie erst einmal die ganze Wahrheit erfahren hatte.
Es half nichts, sie musste so schnell wie möglich von hier fort. Aber wie sollte sie sich unbemerkt von Nadia und Mychale mit Brianna aus dem Haus schleichen?
„Sie sind sicher erschöpft von der Fahrt“, bemerkte Abby. „Möchten Sie …“
„Ich hätte gern ein Glas Wasser.“
„Gern. Kommen Sie doch bitte mit in die Küche.“
Dankbar nahm Nadia das Glas entgegen.
„Ich bin so froh, dass Sie Mychale jetzt Gesellschaft leisten“, sagte Abby auf dem Weg ins Frühstückszimmer. „Ich muss nämlich langsam wirklich aufbrechen.“
„Dann lassen Sie sich nicht aufhalten.“ Nadia lächelte ihr herzlich zu. „Mychale und ich sind schon immer eng befreundet gewesen. Ich bleibe bei ihm, solange er mich braucht.“
Abby nickte dankbar und sah aus dem Fenster. Mychale war dabei, das Tor zur Auffahrt zu reparieren. Damit würde er noch eine Weile beschäftigt sein. Also ergriff Abby die Gelegenheit, Nadia über seine Krankheit zu informieren.
„Mychale war sehr krank.“
„Wie bitte?“ Nadia musterte sie entsetzt.
„Er litt unter dieser Erbkrankheit, die den Gleichgewichtssinn stört.“
„Damit kenne ich mich gar nicht aus. War er beim Arzt?“
„Ja, ich habe einen Arzt geholt, als es ihm sehr schlecht ging. Ich hatte wirklich Angst um ihn.“ Abby fröstelte bei der Erinnerung. „Jetzt geht es ihm schon wieder viel besser. Und Sie können sich ja nun um ihn kümmern.“
„Selbstverständlich. Ich bin froh, dass Sie bei ihm waren, als er Hilfe brauchte. Zuerst dachte ich, er hätte Depressionen. Das wäre kein Wunder, so wie er im Moment drauf ist. Na ja, Sie wissen bestimmt Bescheid.“
„Nein. Ich habe keine Ahnung, wovon Sie sprechen, Nadia.“
„Ach, es ist dieser verflixte Krieg. Ich weiß nur nicht, ob ich es Ihnen sagen darf. Immerhin hat Mychale mich zum Stillschweigen verdonnert. Aber ich finde, Sie sollten wissen, worum es geht.“ Nadia wandte sich ihr zu. „Er verdient Anerkennung. Finden Sie nicht auch? Und ich werde dafür sorgen, dass er sie bekommt.“
„Entschuldigen Sie, Nadia, aber ich weiß immer noch nicht, was Sie eigentlich sagen wollen.“
„Ich rede mit Dane. Er schüchtert mich zwar ein bisschen ein, aber dieses Mal werde ich stark sein.“
„Worüber wollen Sie mit Dane reden?“
Energisch schob Nadia das Kinn vor. „Darüber, dass Mychale eine Tapferkeitsmedaille verdient.“
„Wofür?“, fragte Abby erstaunt.
„Er hat vieles geleistet, wofür er bis heute keine Anerkennung erfahren hat.“ Sie umfasste Abbys Hände. „Jeder weiß, wie heldenhaft Dane und Nico sich während des Krieges verhalten haben, wie sehr sie sich für ihr Land
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