Julia Extra Band 0300
recht hatte. Doch die Zeit hatte ihre Wunden nicht geheilt. Er hatte ihr Vertrauen in die Menschen zerstört, und fast hätte er ihr Leben ruiniert. Bei ihrer Heirat mit Gerard hatte sie gehofft, Cade vergessen zu können – ein folgenschwerer Irrtum, wie sich schnell herausstellte.
Wenn ihr Leben doch nur nicht so scheußlich kompliziert wäre.
Natürlich wäre jetzt, wo sie schon einmal dabei waren, reinen Tisch zu machen, eine gute Gelegenheit, ihm von dem Kind zu erzählen. Aber sie wagte es nicht. Aus Angst vor weiteren Komplikationen. Sein Eingeständnis, ihr Unrecht getan zu haben, war nur zögernd gekommen. Wenn sie ihm jetzt erzählte, dass er Vater wurde, erwachte sein Misstrauen womöglich sofort wieder.
Oder er würde verlangen, dass sie dem Kind zuliebe zusammenblieben. Aber wie könnte sie das, wo sie doch ganz genau wusste, dass er sie nicht liebte?
„Ich glaube nicht, dass mein Vater in dieser Sache der einzige Schuldige ist“, erklärte sie schließlich. „Wenn du hier geblieben wärst, hätten wir uns das ganze Durcheinander ersparen können. Aber jetzt ist es sowieso egal. Tut mir leid, Cade, ich möchte diese Unterhaltung nicht länger fortsetzen. Ich bin müde und gehe ins Bett.“
„Was, jetzt schon?“, fragte er mit einem erstaunten Blick auf seine Armbanduhr. „Ich war fast eine ganze Woche unterwegs und möchte, dass wir uns wie zivilisierte Menschen unterhalten.“
„Vielleicht bist du ja auf etwas ganz anderes aus?“, konterte sie in ihrer Verzweiflung, weil eine Unterhaltung mit ihm das letzte war, was sie jetzt brauchte. „Kann es nicht vielleicht sein, dass du nur mit mir ins Bett willst?“
„Na ja, jetzt, wo du es ansprichst … völlig aus der Luft gegriffen ist es nicht. Ich habe während des Flugs an nichts anderes gedacht. Du hast mir gefehlt, Simone. Mehr als ich mir je hätte vorstellen können, ehrlich gesagt.“
„Ist das alles, was du von mir willst?“ Nach einer Kunstpause fügte sie entschlossen hinzu: „Hör zu, Cade, ich habe die Zeit genutzt, um nachzudenken, und ich finde, dass ich meine Schulden inzwischen abbezahlt habe. Soll heißen, ich will nicht mehr, Cade. Es reicht.“
„Es reicht? Meinst du wirklich?“ Dunkle Brauen hoben sich, er fixierte sie mit einem kalten Blick, dem ein entschiedenes Kopfschütteln folgte. „Vergiss es. Wir haben eine Abmachung“, beschied er sie knapp. „Und ich erwarte, dass du dich daran hältst.“
Simone sprang auf, aber da packte er sie auch schon und zog sie an sich. Dabei spürte sie überrascht, dass er trotz seiner Wut sexuell erregt war.
Ihr ging es verrückterweise nicht anders. Alles fühlte sich plötzlich irrsinnig intensiv an, sie wollte seinen Kopf zu sich herunterziehen, sie sehnte sich so sehr nach ihm. Sie wollte, sie brauchte ihn, jetzt sofort, auf der Stelle …
Rigoros rief sie sich zur Ordnung. Wenn sie jetzt mit Cade schlief, würde sich an ihrer Situation nie etwas ändern. Sie wäre ihm weiterhin auf Gedeih und Verderb ausgeliefert – so lange, bis er ihrer überdrüssig war. Deshalb ignorierte sie ihr heftiges Verlangen und stieß ihn verzweifelt weg. Und dann ging plötzlich alles ganz schnell, als ob sich die Ereignisse überschlügen. Sie wusste nur, dass sie handeln musste, und zwar sofort.
„Nein! Unsere Situation ist unhaltbar geworden“, erklärte sie, ohne lange zu überlegen, wobei ihr das Herz bis zum Hals klopfte. „Ich finde, wir sollten unsere Partnerschaft beenden … falls man das so nennen kann. Ich weiß es zu schätzen, was du für MM Charters getan hast. Du hast weit mehr Geld in die Firma investiert, als ich je erwartet hatte, darum gehört sie jetzt dir. Ich werde morgen meinen Anwalt bitten, einen entsprechenden Vertrag aufzusetzen.“
13. KAPITEL
Cade war wie vom Donner gerührt. Was sollte das denn jetzt? Das hörte sich ja fast so an, als ob sie es nicht mit ihrem Gewissen vereinbaren könnte, etwas von ihm anzunehmen – obwohl sie dafür bezahlte. Und zwar so gewissenhaft, dass es sich manchmal anfühlte, als ob sie eine richtige Beziehung hätten. In diesen Momenten hatte er seinen Rachefeldzug komplett vergessen.
Und jetzt wies sie ihn zurück!
Sein Herz schlug schnell, nein, es raste, während er erkannte, dass er nicht bereit war, sie gehen zu lassen. Zum Teufel mit ihrer Firma, es gab Wichtigeres im Leben. Recht bedacht musste er ihr jetzt entgegenkommen … zuallererst indem er sich entschuldigte.
Obwohl er in gutem Glauben gehandelt hatte.
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