Julia Extra Band 0300
machen. „Ich freue mich schon darauf, deinem Bruder Kopfschmerzen zu bereiten. Außerdem frage ich mich gerade, ob es außer ihm noch andere Männer im Palast gibt, denen ich schöne Augen machen könnte.“
Khalid sah sie erschrocken an. „Sieh mal, Bea, ich weiß, dass du das alles für einen großen Spaß hältst, aber mit Tariq treibt man keine Scherze.“
„Ich weiß wirklich nicht, warum du so viel Angst vor dem Kerl hast.“
„Ich habe keine Angst vor ihm. Eigentlich ist er ein großartiger Mensch, und ich kann dir gar nicht sagen, wie oft er mich schon aus brenzligen Situationen gerettet hat. Nur, wenn er einmal eine Entscheidung getroffen hat …“ Khalid zuckte die Schultern. „Na ja, du hast ja auch einen eisernen Willen.“
„Willst du damit sagen, ich sei wie dein Bruder?“ Beatrice war entsetzt darüber, dass sie Ähnlichkeiten mit diesem Tariq haben sollte.
Khalid grinste. „Nein, du bist viel hübscher.“
Sie überflogen bergiges Gebiet, und Khalid machte sie auf die berühmten in Stein gehauene Höhlen von Zarhat aufmerksam und erzählte, dass sie aus demselben roten Sandstein bestanden wie der Palast. Die Höhlen wirkten wie eine Filmkulisse und schienen überhaupt nicht verfallen.
„Bis in die sechziger Jahre waren sie sogar noch bewohnt“, erklärte Khalid auf ihre Frage, und Beatrice, die sich eigentlich vorgenommen hatte, sich nicht beeindruckt zu zeigen, war es jetzt doch.
„Heutzutage“, fuhr Khalid fort, „werden sie erhalten – wie eine Art Freilichtmuseum.“
„Für die Touristen?“
„Nicht unbedingt. Tariq ist der Meinung, dass wir uns immer vor Augen halten sollen, woher wir kommen.“
„Hm“, machte Beatrice und dachte, dass es bestimmt schön war, einen Ort zu haben und Menschen zu kennen, die einem das Gefühl vermittelten, Wurzeln zu besitzen. Doch dann schob sie den Gedanken beiseite. Vielleicht besaß sie keine Wurzeln, dafür blieb ihr aber auch ein Bruder erspart, der ihr vorschrieb, wie sie ihr Leben leben sollte.
Eine klimatisierte Großraumlimousine inklusive Fahrer stand bereit, um sie zum nahe gelegenen Palastkomplex zu fahren, und Beatrice genoss es, sich für wenige Momente von der Hitze erholen zu können.
„Euer Gnaden …“
Die ehrerbietige Anrede bei ihrer Ankunft im Palast machte Beatrice erneut klar, was für einen Stand Khalid in seinem Heimatland hatte. Geduldig wartete sie darauf, dass das Gespräch zwischen dem Bediensteten und ihrem Freund endete. Natürlich verstand sie kein Wort, doch das Verhalten der beiden ließ darauf schließen, dass es sich um etwas Dringendes handelte.
„Stimmt irgendetwas nicht?“, fragte sie vorsichtig, als sich der ältere Mann tief vor Khalid verbeugte und in dem langen Korridor verschwand, der den anderen Fluren, die sie bereits beschritten hatten, zum Verwechseln ähnlich sah.
„Ich fürchte, ja.“ Khalid schnitt ein Gesicht. „Es gibt ein Problem mit der Morgentauwasser-Gewinnungsanlage in der Südwüste. Tariq wartet bereits auf mich.“
Beatrice legte ihm verständnisvoll eine Hand auf die Schulter. „Geh nur, Khalid, ich finde mich hier schon zurecht“, sagte sie tapfer, hoffte jedoch mit Blick auf den scheinbar endlosen Flur, dass sie sich nicht verlaufen würde.
„Wirklich?“ Khalid lächelte dankbar, doch er zögerte noch. „Ich finde es furchtbar, dich hier einfach so allein zurückzulassen.“
„Gehst du jetzt wohl endlich?“ Beatrice gab ihm gerade spielerisch einen Schubs, als eine junge Frau erschien. Wie die anderen weiblichen Wesen, die Beatrice bisher innerhalb der Palastmauern gesehen hatte, trug sie ihr Haar verhüllt, aber keinen Gesichtsschleier; und wie die anderen Frauen auch, starrte sie fasziniert auf Beatrices feuerrotes Haar.
„Azil wird dich zu deinen Räumlichkeiten begleiten. Ich komme so schnell wie möglich zurück.“
Die hübsche junge Frau, deren große Rehaugen perfekt mit Kajal betont waren, lächelte Beatrice schüchtern an und begann den Korridor entlangzugehen. Beatrice hatte in den ungewohnten Stöckelschuhen Mühe, ihr zu folgen. Doch in Jeans, T-Shirt und Turnschuhen hätte sie diesen schrecklichen Tariq wohl niemals davon überzeugt, dass es sich bei ihr um eine „Femme fatale“ handelte, die sogar in der Lage war, einem Mitglied der Königsfamilie den Kopf zu verdrehen.
„Könnten Sie bitte einen Augenblick warten, Azil? Diese Dinger bringen mich um.“
„Wie bitte?“
Beatrice deutete auf ihre Füße. „Die Schuhe … ich
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