Julia Extra Band 0301
darin ließ nicht darauf schließen, dass sie sich trotz der intensiven Momente dieser Nacht gefühlsmäßig nähergekommen wären. „Hier im Hotel.“
Das war das Signal für Eileen, tatsächlich aufzustehen. Hastig verschwand sie im Badezimmer der Suite, und als sie wieder herauskam trug sie bereits ihr rosa Kleid und machte sich daran, in ihre Stilettos zu schlüpfen.
„Gianluca …“ Sie sah auf.
„Sì, cara?“
„Meinst du auch, was du gestern gesagt hast?“
Er zog die dunklen Brauen hoch. „Die Nacht war lang, da habe ich viel gesagt. Worauf spielst du an?“
„Darauf, dass … dass wir auch weiterhin zusammenarbeiten werden, trotz der vergangenen Nacht.“
Merkwürdigerweise war er enttäuscht. Doch wo blieb sein Sinn für die Realität? Wieso sollte sie ihren besten Kunden aufgeben, nur weil er ihr eine leidenschaftliche Nacht beschert hatte? Wusste er nicht längst, dass Eileen eine knallharte Geschäftsfrau war?
„Mach dir keine Sorgen. Die letzte Nacht ist schon vergessen und wird auch nie wieder erwähnt. Wir beide machen von nun an wie gewohnt nur Geschäfte miteinander.“
Irgendwie war es das Schlimmste, was er hatte sagen können, und während Eileen im Aufzug zur Rezeption hinunterfuhr und sich vor dem Hotel ein Taxi nahm, spürte sie so etwas wie Panik in sich aufsteigen.
Glücklicherweise hatte sie immer Kleidung zum Wechseln im Büro und kam auch als Erste dort an. Sie konnte ihr Makeup erneuern, das Seidenkleid und die Abendschuhe ablegen, ohne irgendwelchen neugierigen Blicken zu begegnen. Danach flüchtete sie sich in eine gestärkte weiße Bluse, einen schmalen, knielangen Rock und ein Paar flache Wildlederschuhe, die wohltuend bequem waren.
Vor dem Spiegel überprüfte sie noch einmal ihre Erscheinung. Die Nacht mit Gianluca war eine wunderbare Erfahrung gewesen und ein ganz besonderes Erlebnis für all ihre Sinne, aber jetzt – genau wie Gianluca gesagt hatte – musste sie das Geschehene sozusagen zu den Akten legen.
Wenn das bloß so einfach gewesen wäre … Eileen hatte das merkwürdige Gefühl, dass in ihrem Leben nichts mehr so sein würde wie zuvor. Hatte sie sich womöglich zu billig verkauft? Gianluca war ein Mann, der nur das schnelle Vergnügen suchte. Wäre es klüger gewesen, es ihm schwerer zu machen?
Wenn sie bloß das ständige quälende Abwägen all dessen, was er in dieser langen, herrlichen Nacht gesagt und getan hatte, loswerden könnte … und diesen Schmerz im Herzen. Sie hatte sich doch nicht in ihn verliebt, oder? Selbst wenn … Seine Abwesenheit würde bald dazu führen, dass er den Platz in ihrer Erinnerung einnahm, der ihm gebührte.
Eileen stürzte sich wieder in die Arbeit und ging einmal sogar mit einem Bekannten aus dem Fitnessstudio ins Theater. Doch sie mochte ihn nicht genug, um ihn wiederzusehen. Irgendwie machte ihr das Angst. Würde es überhaupt jemals einen Mann geben, der es mit Gianluca aufnehmen konnte?
Aber das war nicht ihre größte Sorge, die ereilte sie erst einige Wochen später.
Zunächst fühlte sie sich nur sehr müde, und wenn sie zu schnell aufstand, sah sie Sternchen vor den Augen. Waren das nicht die ersten Anzeichen von Migräne? Vielleicht arbeitete sie einfach nur zu viel und sollte einmal zum Arzt gehen.
Doch erst als die morgendliche Übelkeit begann, begriff Eileen, dass sie eine ganz einfache Möglichkeit für ihr Unwohlsein außer Acht gelassen hatte. Sobald ihr das klar wurde, bekam sie es mit der Angst zu tun und fühlte sich so allein wie nie zuvor in ihrem Leben – selbst nicht, als sie als Kind zitternd im Bett gelegen und auf die Rückkehr der Mutter gewartet hatte.
Eines Abends im Büro fühlte sich Eileen so erschöpft, dass sie überlegte, ein Taxi nach Hause zu nehmen. Eigentlich war sie davon ausgegangen, die Letzte zu sein, doch da kam Suzy stirnrunzelnd herein.
„Hast du einen Moment für mich?“, fragte sie und schloss die Tür hinter sich.
Eileen an ihrem Schreibtisch sah erstaunt zu ihr auf. „Kann das nicht warten?“
Suzy schüttelte den Kopf. „Wie lange glaubst du, kannst du es noch geheim halten?“, fragte sie dann sanft.
„Was denn?“
„Deine Schwangerschaft.“
Eileen brach in Tränen aus, und das war das erste Mal überhaupt, dass sie ihren Gefühlen bei der Arbeit freien Lauf ließ.
„Das ist doch nicht das Ende der Welt“, versuchte Suzy sie zu trösten. „Heutzutage bekommen Frauen problemlos allein ihre Kinder.“
Das mochte ja für andere gelten, aber
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