Julia Extra Band 0301
beschreiben.
Irgendwann unterbrach er sie. „Tara, du kannst nicht hier wohnen.“
„Und warum nicht?“
„Weil das ganze Gebäude eigentlich abgerissen werden müsste.“
Sein Blick wurde hart, ihrer auch.
„Wenn mein Geschäft erst läuft …“
„Dein Geschäft?“ Er hielt sich zurück. Wie konnte er ihr die Visionen nehmen, wenn ihr Gesicht allein beim Aufzählen ihrer Pläne wie die Sonne aufleuchtete?
„Die KITA“, erinnerte sie ihn. „Dafür brauche ich scheinbar auch deine Unterschrift. Wann wirst du diese verstaubten Gesetze endlich ändern, Lucien?“
„Sobald du mir etwas Zeit dazu lässt.“ Er zupfte an der abblätternden Farbe, ein Stück Putz brach direkt mit heraus.
„He, mach hier nichts kaputt …!“
Er hatte Schwierigkeiten, sich ein Grinsen zu verkneifen. „Ich könnte es für dich abreißen lassen, wenn du möchtest.“
„Nein, möchte ich nicht!“ Als sie sein vielsagendes Lächeln sah, zog ein Hauch Rot auf ihre Wangen. „Bis Poppy ein bisschen älter ist“, kehrte sie hastig zum eigentlichen Thema zurück, „werde ich hoffentlich die gesamte untere Etage in eine Art Kindergarten umgewandelt haben. Und hier oben ist dann alles Wohnraum für uns. Wir können spielen und Kekse backen und …“
„Etwa in dem Herd?“
„Lass dich überraschen. Und sieh nur, hier …“ Mit einem „Tada!“ breitete sie die Arme aus und zeigte auf einen düsteren kleinen Alkoven.
„Ja?“ Seine Vorstellungskraft konnte damit beim besten Willen nichts anfangen.
„Das ist der perfekte Platz für meinen Schreibtisch. Dann kann ich Poppy beim Spielen im Auge behalten, während ich arbeite.“
„Aber Poppy lebt doch bei mir“, erinnerte er sie.
„Und sie kommt ihre Tante besuchen und übernachtet auch manchmal hier.“
„Du hast vor, mit einem Kleinkind im Raum zu arbeiten?“
„Jede alleinerziehende Mutter muss das machen, also schaffe ich das auch.“
„Hast du auch an die Kosten gedacht, um dieses Gebäude in eine funktionsfähige KITA und ein Heim umzubauen?“
„Ich habe etwas gespart, ich bin schließlich nicht komplett naiv.“
„Das wollte ich damit nicht sagen, aber …“
„Aber was, Lucien? Oh, ich verstehe. Die Nichte des Grafen von Ferranbeaux kann natürlich unmöglich in einem bescheidenen Haus im Schatten des Schlosses übernachten, ist es das?“
„Auch das habe ich nicht gesagt.“
„Das brauchtest du gar nicht. Aber ich halte es für wichtig, dass Poppy ebenso die andere Seite des Lebens kennenlernt.“
„Die armselige?“
„Die wirkliche“, korrigierte sie. „Die Seite des Lebens, wo Menschen für sich selbst geradestehen müssen und auf niemanden zurückgreifen können, der es dann schon wieder richtet, wenn sie eine Dummheit begangen haben. Die Seite, wo man lernen muss, innerhalb seiner Möglichkeiten zu leben.“
„Das kannst du ihr genauso gut im Pförtnerhaus beibringen.“
„Andere Leute ziehen in diese Gegend, und viele Familien leben hier schon seit Generationen. Sollen sie zugenagelte Fenster in der Nachbarschaft sehen, nur weil niemand sich traut, den Anfang zu machen, um die Gegend wieder zum Erblühen zu bringen?“
Klugerweise hielt er sich mit einem Kommentar zurück.
„Oder vielleicht willst du ja nur nicht eingestehen müssen, dass ich es schaffen kann.“
„Du hast eine mögliche Lösung gefunden, aber es ist alles andere als ideal.“
„Fällt dir eine bessere ein?“
Er grinste. „Das Pförtnerhaus?“
„Lucien, du selbst hast mit nichts angefangen. Willst du mir jetzt die Möglichkeit nehmen, mich zu beweisen?“
Er schaute abwägend zu ihr hin und steckte die Daumen in die Gürtelschlaufen seiner Jeans. Die Bewegung zog ihren Blick magisch an, ihre Augen wanderten zu seinem Schritt, und sie wurde rot. Ihm fiel auch auf, dass sie sich absichtlich vor das Fenster stellte, um den gesprungenen Holzrahmen zu verdecken.
Vermutlich war es das, was den Ausschlag gab. „Gib mir eine Liste mit den Dingen, die nötig sind.“
„Eine Liste?“
„Ja, man schreibt verschiedene Dinge auf ein Blatt Papier … eine Liste eben.“
Ein strahlendes Lächeln zog auf ihre Miene. „Du unterstützt mich also in meinem Plan.“
„Ich gebe dir eine Woche Zeit.“
13. KAPITEL
Die Woche verging in hektischer Betriebsamkeit und hielt auch eine wunderbare Überraschung für Tara bereit.
„Marian Digby!“, rief sie freudig, als sie die Tür öffnete und eine alte Freundin aus Universitätstagen auf der Schwelle
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