Julia Extra Band 0301
ausgesehen: glücklicher, strahlender. Dass sie sein Kind unter dem Herzen tragen sollte, erfüllte ihn mit Begeisterung. Dass sie es ihm verschwiegen hatte, ließ eiskalte Klauen nach ihm greifen.
Das Gefühl, ausgeschlossen zu sein, quälte ihn seit seiner Kindheit. Seit sein Vater, der Graf, den unehelichen Sohn nicht im Bild hatte haben wollen, geschweige denn, dass dieses Kind die Geliebte von ihrer vorrangigen Pflicht ablenken sollte – nämlich dem Grafen jederzeit und ausschließlich zu Gefallen zu sein. Jetzt wiederholte sich die Geschichte. Nur dieses Mal war es Tara, die ihm Möglichkeit raubte, sein eigenes Kind zu lieben.
„Wieso hast du es mir nicht gesagt?“
„Mh?“ Nur langsam wachte Tara auf und hob die Lider. Eine Stimme war an ihr Ohr gedrungen, und durch den schlaftrunkenen Nebel hatte sie diese als Luciens Stimme erkannt. Eine Stimme, die jetzt schärfer wurde, als er seine Frage wiederholte.
Plötzlich war sie hellwach. Lucien lag auf dem Bett, auf einen Ellbogen gestützt, und sah sie wütend an.
Er wusste es! Ihr Magen verkrampfte sich, während sie versuchte, in seiner harten Miene zu lesen.
„Warum hast du mir nichts von dem Baby gesagt, Tara? Ich dachte, du vertraust mir.“
„Das tue ich auch.“
„Du schläfst mit mir, aber du vertraust mir nicht genug, um mir von der wichtigsten Änderung in deinem Leben zu erzählen?“
„Ich weiß es doch selbst erst seit heute …“
„Und wann wolltest du es mir sagen?“ Er ließ sie nicht zu Wort kommen. „Oh, schon klar. Erst wolltest du noch einmal mit mir schlafen.“
„Bitte, sag das nicht so. Das hört sich so schrecklich an, so …“
„Billig?“
„Lucien, bitte …“ Als sie ihn berühren wollte, schüttelte er ihre Hand ab. „Ich werde dich nicht kompromittieren. Ich reise aus Ferranbeaux ab.“
„Was redest du da, Tara? Und was wird aus Poppy?“
Sie erbebte, als ihr klar wurde, welchen Unsinn sie da redete. „Ich werde Poppy niemals allein lassen. Ich bin noch nicht richtig wach, kann noch gar nicht klar denken …“
Er fasste sie hart bei den Handgelenken. „Wenn du glaubst, ich lasse zu, dass du Ferranbeaux mit meinem Kind verlässt, dann denkst du wirklich nicht klar.“
„Lucien, du kannst unmöglich glauben, dass ich so etwas tun würde.“Vor Verzweiflung wurde ihr fast übel.
„Warum hast du mir dann die Schwangerschaft verschwiegen?“ Seine Stimme wurde lauter. „Glaubtest du, ich würde dann nicht mit dir schlafen? Oder ich würde nichts mehr mit dir zu tun haben wollen?“
Tara schluckte. Wie sollte sie Lucien erklären, dass sie ihn so sehr liebte, dass sie alles tun würde, um ihm den Schmerz zu ersparen, den er als kleiner Junge erfahren hatte, nur dieses Mal unter umgekehrten Vorzeichen?
„Wenn du dich billig fühlst, weil du mit mir schläfst“, spie er verächtlich aus, „sollte ich wohl besser gehen.“ Er schwang die Beine aus dem Bett und griff nach seinen Sachen.
„Geh nicht.“ Hastig wickelte sie sich in das Laken ein, um ihm nacheilen zu können. „Nicht so. Ich werde keine Probleme für dich machen. Ich gehe zu einem Anwalt … ich bringe das wieder in Ordnung.“
„Was willst du in Ordnung bringen?“ Schon an der Tür, drehte er sich langsam zu ihr um.
„Meine Rechte … deine Rechte … das Baby …“
„Dein Rechte auf mein Vermögen?“
„Nein!“, rief sie entsetzt aus.
„Dann lass uns eines von vornherein klarstellen, Tara. Weder Poppy noch du werden Ferranbeaux verlassen.“
Das alles war zu viel für sie. Einer Ohnmacht nahe, begann sie zu schwanken. Lucien griff nach ihr und zog sie zu sich heran, um sie zu stützen. Doch da ging keine Wärme von seinem Körper aus. Er hielt sich steif und starr.
„Tut es dir leid, dass du schwanger bist?“
„Nein, natürlich nicht.“
„Sondern?“
„Ich komme mir so dumm vor“, gestand sie leise. „Das ganze Gerede von Unabhängigkeit und davon, dass ich auf eigenen Beinen stehen will …“
Erstaunt stellte sie fest, dass er nachgiebiger wurde. „Vielleicht bin ich ein wenig erfahrener als du“, meinte er geradezu bescheiden, „aber soweit ich weiß, braucht man immer zwei, um ein Baby zu zeugen.“
„Du bist nicht wütend auf mich?“
„Ich bin wütend, dass du mir nichts gesagt hast, aber wütend, weil du schwanger bist? Nein, warum sollte ich? Das sind die besten Neuigkeiten, die ich je gehört habe!“
„Und es ist dir auch nicht unangenehm?“
„Dass ich ein Kind gezeugt habe?“
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